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Xavier Naidoo? Näi du! Er wandelt auf Donald Trumps Weg

V.l.: Xavier Naidoo, Gregor Meyle, Sandra Nasic, Sasha, Roger Cicero, Sarah Connor, Andreas Gabalier
Das grosse Kuscheln: Naidoo mit seinen BFFs aus «Sing meinen Song».bild: vox

Xavier Naidoo? Näi, du! Er wandelt mal wieder auf dem (zu) rechten Weg

03.05.2017, 14:0004.05.2017, 05:37
Simone Meier
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Manchmal kann man auch einfach aufhören, sich den Kopf zu zerbrechen. Manchmal stellen die Tatsachen alles klar. Im Fall des deutschen Sängers Xavier Naidoo sind es die Fans. Die lautstarken jedenfalls. Sie kommen von rechtsaussen, extrem rechts und von einem russisch finanzierten Nachrichtenportal namens RT Deutsch. Die finden den neuen Song «Marionetten» von Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims alle super.

Hier eine Fan-Gruppe, die Deutschland den Deutschen zurück geben will

Bild
bild: verfassungsgebende versammlung

Und so weiter. Danke, hätten wir das endlich geklärt. Auf der andern Seite: Die «Mainstream-Medien». Auch bekannt als «Lügenpresse». Und der gibt Xavier in «Marionetten» so richtig eins in die Fresse. Das ZDF wird sogar namentlich erwähnt («mit dem Zweiten sieht man besser»).

Und das ist «Marionetten»

In Trumpscher Manie(r) geht es hier um das Volk aus «Bauern» mit «Forken», also Mistgabeln – er zitiert dabei eine Aussage von Pegida-Führerin Tatjana Festerling. Das Volk zieht gegen eine nicht näher definierte, volldekadente Elite, die aus dem Bundestags-WC Schwanz-Selfies twittert und «Tatsachen verdreht». Es ist pures Verschwörungspathos, ein durcheinandergeschwurbeltes «Das wird man ja noch sagen dürfen».

«Xavier Naidoos neuer Song zeigt, dass er vollkommen durchgedreht ist.»

«Volksvertreter» sind «Volksverräter», und plötzlich spielt auch noch «Pizzagate» eine Rolle, diese längst entkräftete Verschwörungstheorie aus dem amerikanischen Wahlkampf, die Hillary Clinton als Betreiberin eines Kinderschänderrings sehen wollte. Und was schliesst Naidoo aus alledem? Das hier:

Bei näherer Betrachtung steigert sich doch das Entsetzen.
Wenn ich so ein' in die Finger krieg', Dann reiss ich ihn in Fetzen.
Und da hilft auch kein Verstecken hinter Paragraphen und Gesetzen.

Zerfetzen also. Inklusive Gesetzen. Schön. Nett. Aber wir sind uns das ja aus mehreren Jahrezehnten Naidoo gewöhnt: Dass er gegen Ausländer, Tiere, Schwule rantet. Aber für Gott und Deutschland. Für das Deutschland der Abgehängten, wie er es in «Marionetten» beschwört. Das Deutschland, von dem die AfD, die Reichsbürger, die Identitären behaupten, dass es ihres sei. Vor den Reichsbürgern ist Naidoo schon 2014 aufgetreten. Unter anderem deshalb durfte er dann 2015 nicht zum ESC. Die ARD hatte sich den Protesten gebeugt. 

«Liebe Pop-Elite Deutschlands: Warum lasst Ihr so einen Typen machen?»

Wer Naidoo liebt, schreit jetzt Zensur. Logisch.

Andere machen lieber eine nüchterne Textanalyse von «Marionetten». Und kommen  zum Schluss, dass sich da auch noch antisemitische Wortspielereien finden. Das medienkritische Portal Meedia etwa schreibt: «Der ‹Marionettenspieler›, der Politik und Gesellschaft zu seinem Vorteil manipuliert, ist ein gängiges Bild des klassischen Antisemitismus», und verknüpft dies mit älteren Naidoo-Texten. Es ist beelendend.

«Widerliches Wutbürger-Gehetze!»
Huffington Post

Vielleicht kann das öffentlich-rechtliche und das private deutsche Fernsehen jetzt endlich damit aufhören, Xavier Naidoo in Sendungen wie «Sing meinen Song» oder «Voice of Germany» oder als «Echo»-Moderator als supersensiblen und ungemein verantwortungsvollen Vorzeigekünstler und Erziehungsberechtigten in Sachen Musik darzustellen? Ihm die grössten Plattformen zu geben? Mit den Böhsen Onkelz macht man das schliesslich auch nicht. Vielleicht können sich zur Abwechslung einfach alle mal so verhalten, wie Naidoo ihnen dies in «Marionetten» vorwirft.

Die aktuelle Konzerttournee der Söhne Mannheims (am 10. Mai spielen sie in Zürich) ist weitgehend ausverkauft. Bisher haben sie darauf verzichtet, «Marionetten» live zu singen. Die Stadt Mannheim distanziert sich deutlich von der Band, die einst ihr Aushängeschild war.

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135 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TheDan
03.05.2017 17:23registriert Oktober 2016
Das Bild mit dem angedeuteten Hitlergruss nenne ich mal Propaganda und geht gar nicht. Soll dem Leser zeigen dass Naidoo ein Nazi ist und wurde wohl völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Oder stammt das Bild von einem Auftritt vor Nazis?

Da braucht Ihr euch ja nicht wundern dass es Leute gibt die euch mit Lügenpresse betiteln...
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Rasta281
03.05.2017 18:53registriert Februar 2014
Ich bin ja mit der Kritik gegen Naidoo grundsätzlich einverstanden, auch wenn ich sie nicht vollends teile. Das ewig dumme Vergleichen mit den Onkelz kotzt mich jedoch nur noch an. Im Gegensatz zu allen tollen Anti-Nazi Bands à la Jennifer Rostock kämpfen die Onkelz auch abseits des Mainstreams gegen Nationalismus und Rassismus, wahrhaben wollen es leider die wenigsten. Sich gegen rechts zu positionieren ist nie falsch, aber offensichtlich antirassistischen Bands wie den Onkelz die Nazi-Plakette umzuhängen ist nur noch daneben. Selber bin ich übrigens SP Wähler und links.. und Onkelz-Fan.
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plapperi
03.05.2017 15:59registriert Februar 2017
Ziemlich krudes Geplapper. Ich weiss gar nicht, weshalb er so erfolgleich ist. Sound und Texte klingen seit Jahrzehnten immer gleich. Für mich ist er als Künstler völlig überbewertet. Wer sein Interview mit dem ME aus dem Jahre 1999 liest erkennt, dass sich bei ihm auch inhaltlich nix neues getan hat.
Mit seinen Auftritten bei den Montagsdemos hat er wohl eindeutig Position bezogen, was ja auch sein gutes Recht ist. Dass er sich damit der öffentlichen Kritik aussetzt, damit müssen er und seine Fans leben.
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