In der Welt des Donald J. Trump ticken die Uhren anders. Während seiner ersten Auslandsreise bestätigte der US-Präsident seinen Ruf als unberechenbarer Irrläufer, der aus dem Bauch heraus entscheidet und sich einen Deut um diplomatische Regeln schert. Damit stiess er insbesondere die Europäer vor den Kopf. Trump selber zeigte sich unbeeindruckt. Sein Trip sei «ein grossartiger Erfolg» für Amerika gewesen und habe «grosse Resultate» geliefert, teilte er via Twitter mit.
Just returned from Europe. Trip was a great success for America. Hard work but big results!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 28. Mai 2017
Nun hat ihn der Alltag in Washington wieder. Dort hat man die «Atempause» genossen, gleichzeitig wurden neue, für Trump unangenehme Enthüllungen publik. Der Präsident reagierte darauf wie gewohnt. Die angeblichen Indiskretionen aus dem Weissen Haus seien «von den Fake-News-Medien fabrizierte Lügen», schimpfte er. Dabei häufen sich die Probleme für Trump, es brennt an allen Ecken und Enden. Ein Überblick:
It is my opinion that many of the leaks coming out of the White House are fabricated lies made up by the #FakeNews media.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 28. Mai 2017
Der Ehemann von Ivanka Trump gilt als wichtigster Berater des Präsidenten. Während er diesen in den Nahen Osten und nach Europa begleitete, wurde publik, dass in der Russland-Affäre gegen ihn ermittelt wird. Kushner soll wiederholt mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak gesprochen und die Einrichtung eines geheimen Kommunikationskanals zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angeregt haben.
Solche «Back Channels» zwischen Regierungen sind nicht ungewöhnlich. Jared Kushner aber machte den Vorschlag gemäss der «Washington Post» in der Übergangsphase zwischen Wahl und Vereidigung von Donald Trump. Kisljak soll darüber selber verwundert gewesen sein. Für das FBI ist Trumps Schwiegersohn deswegen nicht zwingend verdächtig, aber zumindest eine «Person von Interesse».
Der frühere Direktor des FBI wurde vom stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein als Sonderermittler in der Russland-Affäre eingesetzt. Seine Ernennung wurde von republikanischen Politikern im Kongress begrüsst. In seiner Funktion besitzt Mueller weitreichende Kompetenzen. Er soll unter anderem die Umstände der Entlassung von FBI-Chef James Comey untersuchen.
Im Weissen Haus rechnet man mit Ungemach. Deshalb soll ein «War Room» eingerichtet werden, um schneller auf negative Berichte und Enthüllungen reagieren zu können. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Trump-Berater Jared Kusher und Steve Bannon. Auch Anwälte sollen engagiert werden. Spekuliert wird in den US-Medien auch über ein Comeback von Corey Lewandowski, den Trump im letzten Sommer nach einigen Fehltritten als Wahlkampfmanager gefeuert hatte.
Trumps undiplomatische, von «America first»-Rhetorik geprägten Auftritte am NATO-Gipfel in Brüssel und am G7-Gipfel in Taormina haben in Europa Ratlosigkeit und Konsternation erzeugt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte am Sonntag in einer stark beachteten Rede mit der Feststellung, Europa müsse sein Schicksal in die eigene Hand nehmen.
We have a MASSIVE trade deficit with Germany, plus they pay FAR LESS than they should on NATO & military. Very bad for U.S. This will change
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 30. Mai 2017
Merkel propagierte damit nicht etwa einen Bruch mit den USA. Dennoch stiess ihre Rede in einem Münchner Bierzelt auf grosse Resonanz, zumindest in jenen Medien, die eine starke Partnerschaft zwischen Amerika und Europa befürworten. Sie halten es für einen verhängnisvollen Fehler, dass Trump ausgerechnet seine verlässlichsten Verbündeten brüskiert hat. Der Präsident aber regierte auf seine Art, mit einer neuen Twitter-Attacke an die Adresse von Deutschland.
Zu Trumps wichtigsten Wahlversprechen gehörte die Rücknahme der ungeliebten Obamacare-Gesundheitsreform. Nachdem ein erster Versuch jämmerlich gescheitert war, verabschiedete das Repräsentantenhaus Anfang Mai eine neue Vorlage, allerdings nur sehr knapp. Nun liegt das Gesetz beim Senat, wo es auf grosse Vorbehalte stösst, auch unter Republikanern.
Erhärtet werden sie durch einen letzte Woche veröffentlichten Bericht des überparteilichen Haushaltsbüros des Kongresses. Demnach könnten mit «Trumpcare» in den nächsten zehn Jahren bis zu 23 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren. Zahlreiche Menschen müssten mit wesentlich höheren Prämien rechnen. Die Vorlage gilt deshalb als so gut wie chancenlos.
Donald Trumps Dekret, das Menschen aus sechs überwiegend islamischen Ländern die Einreise in die USA vorübergehend verweigern will, erlitt letzte Woche einen erneuten Rückschlag. Ein Berufungsgericht im Staat Virginia bestätigte die Aufhebung des Dekrets durch eine vorherige Instanz, und das mit deutlichen Worten. Der Erlass zeuge von «religiöser Intoleranz, Feindseligkeit und Diskriminierung». Die Regierung will das Verdikt an den Obersten Gerichtshof weiterziehen.
Während Trumps Auslandsreise hat seine Regierung einen Budgetentwurf vorgelegt, der sogar vielen Republikanern zu weit geht. Er sieht deutlich höhere Ausgaben für Militär und Grenzschutz und massive Kürzungen bei den Sozialausgaben vor. Allein bei Medicaid, der staatlichen Krankenkasse für Bedürftige, sollen mehr als 800 Milliarden Dollar gespart werden. Auf die Lebensmittelmarken, ohne die viele Familien hungern müssten, entfallen gut 192 Milliarden Dollar.
Solche Kürzungen träfen die Armen massiv. Unter diesen befinden sich viele Trump-Wähler. Die Regierung will damit nicht zuletzt die geplanten Steuersenkungen ausgleichen, doch der Vorschlag dürfte es im Kongress sehr schwer haben. Selbst finanzpolitische Hardliner sind skeptisch, sie fürchten Mehrausgaben für die Bundesstaaten.