In den USA geschieht Historisches: Noch nie kam es vor, dass ein ehemaliger Präsident angeklagt worden ist, noch dazu einer, der, wie Donald Trump, erneut Präsident werden will.
Der Vorgang stellt die USA möglicherweise vor einen Stresstest für die Demokratie. Anderswo sind Strafverfahren gegen amtierende Präsidenten weniger neu, auch wenn sie durchaus das politische System dort oder anderswo auf den Prüfstand stellen. Drei Fälle, wovon einer frappierend an Trumps Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels erinnert.
Höchst aktuell ist der Fall um Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Mitte März hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl für Putin erlassen. Ihm und einer ebenfalls zur Verhaftung ausgeschriebenen Helferin wird die Verschleppung von Kindern aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine vorgeworfen.
Es ist das erste Verfahren des Tribunals für Kriegsverbrechen, das in einem Haftbefehl für Putin im Zusammenhang mit dessen Angriffskrieg in der Ukraine mündete. Weitere könnten folgen. Putin riskiert damit bei Auslandreisen, verhaftet zu werden. Jedes Mitgliedsland des Haager Strafgerichtshofs ist dazu verpflichtet, darunter auch die Schweiz.
Allerdings zeigt das Beispiel Südafrika - Putin könnte in wenigen Monaten dorthin reisen - wie unzuverlässig die verpflichteten Staaten sind, wenn es um die Verhaftung von ausgeschriebenen Kriegsverbrechern geht. Ob Putin in Südafrika wirklich eine Verhaftung befürchten müsste, ist angesichts eines vor ein paar Jahren folgenlosen Besuchs des damaligen sudanesischen Diktators Umar al-Baschir mehr als fraglich.
Nicht weniger aktuell und in Israel und Nahost mit viel Sprengkraft verbunden: die Justizreform, gegen die seit Wochen Tausende wütende Israeli mobil machen und die Israels Premier Benjamin Netanjahu zuletzt aussetzen musste. Sie hat direkt mit einer Klage gegen den Premier zu tun.
Die Kritiker fürchten mit der Zurückbindung des Obersten Gerichtshofs eine Beschädigung der Demokratie. Gar von einer autokratisch geführten Theokratie, in der die Rechte von Minderheiten wie etwa Homosexuellen geschleift würden, wird gewarnt.
Netanjahu galt bisher eigentlich als Verfechter des Rechtsstaats. Dass er diesen nun beschädigen will, weil er seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Zugeständnisse machen muss, hat weniger mit einem Sinneswandel als mit einem ganz persönlichen Problem zu tun. Netanjahu ist mit einer Korruptionsklage konfrontiert. Im Amt als Premier hat er wenig zu fürchten, doch unter geltendem Recht droht ein Amtsenthebungsverfahren. Mit der Justizreform werden solche Verfahren arg erschwert.
Gezwungen von den massiven Protesten und Kapitalabflüssen aus dem Land, legte Netanjahu die Reform zwar auf Eis. Gleichzeitig machte er deutlich, die Justizreform will er durchboxen, Proteste hin oder her.
Er steht gerne im Rampenlicht, lässt sich umgarnen von jungen Schönheiten und ist Gastgeber ausschweifender Partys, um nicht zu sagen Sex-Orgien (Stichwort «Bunga-Bunga»): In der Geschichte der Politiker, die in den letzten Jahren von sich reden machten, erinnert keiner so sehr an Donald Trump wie der italienische Medienunternehmer, Fussball-Boss und Ex-Premier Silvio Berlusconi.
Das hat auch mit seinen Sex-Affären zu tun, insbesondere der Rubygate-Skandal erinnert an die Beziehung von Trump mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels in den USA. Zur Erinnerung: Wegen seiner Beziehung zur damals noch minderjährigen Ruby Rubacuore (zu deutsch Ruby Herzensbrecherin) wurde Berlusconi 2013 in Italien erstinstanzlich wegen Amtsmissbrauch und Förderung der Prostitution Minderjähriger verurteilt. Später wurde das Urteil revidiert, Berlusconi wurde freigesprochen.
Die Verfahren um die «Bunga-Bunga»-Partys, also Sex auch mit Minderjährigen, sind für Berlusconi zwar noch nicht ausgestanden, doch vor kurzem gab es einen weiteren Freispruch.
Im Unterschied zu den oben genannten Politikern wurde Berlusconi aber auch rechtskräftig verurteilt. Dabei ging es um Wirtschaftsdelikte, etwa um Betrug im Zusammenhang mit einer Besserstellung seines Mediaset-Konzerns.
Berlusconis Widerstandskraft ist legendär, von so manchem Skandal richtete er sich wieder auf. Doch die vielen Klagen und die Verurteilung waren selbst den Italienern, die ihrem politischen Führungspersonal sehr viel durchgehen lassen, zu viel. Nach einem mehrjährigen Amtsverbot ist der inzwischen bereits 86 Jahre alte Berlusconi zwar wieder zurück im Polit-Betrieb, jedoch nur noch als Juniorpartner in der Regierung der 46-jährigen Giorgia Meloni. Ganz nach oben schafft es der mehrfach verurteilte Straftäter nicht mehr, doch ganz ohne ihn geht es eben auch nicht. (aargauerzeitung.ch)