Soll man mit Nordkorea verhandeln? Für Donald Trump ist dies durchaus eine Möglichkeit. Im letztjährigen Wahlkampf gab sich der heutige US-Präsident offen dafür. Er würde für Machthaber Kim Jong Un nicht gerade ein Staatsbankett ausrichten, sagte er im Mai 2016: «Aber wir sollten zusammen einen Hamburger an einem Konferenztisch essen.»
Ob sich der jugendliche Diktator mit «Burger-Diplomatie» besänftigen lässt, scheint fraglich. Am Dienstag zündete Kim im wahrsten Sinn des Wortes eine neue Eskalationsstufe. Erstmals hat Nordkorea erfolgreich eine Interkontinentalrakete getestet, die Alaska und damit das Territorium der USA erreichen könnte.
Der Test fand nicht zufällig am 4. Juli statt, dem Nationalfeiertag der USA. Kim Jong Un nannte die Rakete ein «Geschenk» für die «amerikanischen Bastarde». Damit steigt die Furcht vor einer weiteren Eskalation, etwa durch die Entwicklung von Atomsprengköpfen. Ausgeschlossen ist dies nicht, auch wenn es bei Nordkoreas Atomprogramm immer wieder Rückschläge gab.
Was aber machte Donald Trump? Er reagierte auffallend verhalten. «Hat dieser Typ nichts besseres zu tun?» liess er via Twitter mit Verweis auf Kim Jong Un verlauten. Es sei schwer zu glauben, dass sich Südkorea und Japan das noch sehr viel länger bieten lassen. Vielleicht werde China einen «erheblichen Schritt» unternehmen, «und diesen Unsinn ein für allemal beenden».
Trumps Tweets zeigen, dass die USA bei aller verbaler Kraftmeierei kaum Optionen haben, um das kommunistische Regime in Pjöngjang zu stoppen:
Einen Waffengang mit Nordkorea würden die USA sehr wahrscheinlich gewinnen. Aber der Preis wäre hoch, man rechnet mit bis zu einer Million Todesopfer. Besonders gefährdet ist Südkorea, dessen Hauptstadt Seoul sich in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie befindet.
Auch niederschwelligere Massnahmen wie eine Seeblockade könnten eine heftige Gegenreaktion auslösen. Deshalb halten sich selbst notorische Falken wie die Senatoren John McCain und Lindsey Graham mit Forderungen nach einem Militärschlag zurück. US-Verteidigungsminister James Mattis warnte, ein Krieg mit Nordkorea hätte «katastrophale Folgen».
China solle «diesen Unsinn ein für allemal beenden», meint Donald Trump. Tatsächlich sind die Chinesen als wichtigste Verbündete wohl die einzigen, die Nordkorea in die Knie zwingen könnten. Und Peking ist selber nicht glücklich über Pjöngjangs Provokationen mit Atom- und Raketentests. Im April verhängte China deswegen einen Einfuhrstopp für Kohle aus Nordkorea.
Bewirkt hat es nichts, denn Kim Jong Un weiss, dass seine kommunistischen «Brüder» einen Sturz seines Regimes nicht riskieren. China müsste in diesem Fall mit einer Flüchtlingswelle aus dem völlig verarmten Nordkorea rechnen. Vor allem aber fürchtet Peking, dass im Fall einer Wiedervereinigung beider koreanischer Staaten bald US-Soldaten an der Grenze stehen werden.
Der UNO-Sicherheitsrat hat zahlreiche Massnahmen gegen Nordkorea verhängt. Er kommt am Mittwochabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Europäische Union erwägt als Reaktion auf den Raketentest neue Sanktionen.
Bewirkt haben sie bislang nichts. Das totalitäre Regime lässt lieber seine Bevölkerung verhungern, als bei seinem Streben nach Atomwaffen nachzugeben. Und wirklich schmerzhafte Massnahmen wie ein Ölembargo dürften am Widerstand Chinas scheitern, aus den erwähnten Gründen.
Mit einem Hamburger wird sich Kim Jong Un kaum abspeisen lassen. Dennoch sind direkte Verhandlungen mit den USA das Hauptziel seiner Provokationen. Bislang weigerte sich Washington, dieses Kalkül zu honorieren. Trotzdem gab es immer wieder Kontakte auf diplomatischer Ebene, etwa im Fall des verstorbenen Studenten Otto Warmbier.
Experten schlagen vor, eine hochrangige Persönlichkeit als Vermittler einzuschalten. In der Vergangenheit hat dies funktioniert, zumindest zeitweise. Ex-Präsident Jimmy Carter besuchte 1994 Kims Grossvater Kim Il Sung und entschärfte die erste Krise um Nordkoreas Atomprogramm. 2010 reiste er erneut nach Pjöngjang und erreichte die Freilassung eines inhaftierten US-Bürgers. Im Jahr davor hatte Bill Clinton zwei Amerikanerinnen frei bekommen.
Eine solche Visite könnte Kim Jong Uns Ego schmeicheln. Auf die Besuche des Basketballstars Dennis Rodman reagierte er äusserst wohlwollend. Eines allerdings stellte der Diktator klar: Nordkorea wird nie auf Atomwaffen verzichten. Ein abschreckendes Beispiel sind für ihn Saddam Hussein und Muammar Gaddafi. Beide waren zur Vernichtung ihrer Waffenarsenale bereit. Sie «bezahlten» dies mit dem Verlust ihrer Macht und am Ende ihres Lebens.