Ron Johnson, republikanischer Senator aus dem Bundesstaat Wisconsin, galt bis vor kurzem als Konservativer, aber auch als Politiker, mit dem man halbwegs vernünftig zusammenarbeiten konnte. Nun ist er zur Witzfigur geworden: Er trat zunächst aufgeregt vor die TV-Kameras und erklärte, er habe soeben von einem Informanten erfahren, an der Spitze des FBI gebe es eine «Geheimgesellschaft», deren Ziel es sei, die Regierung zu stürzen.
Wenig später trat Senator Johnson erneut vor die Kameras, diesmal nicht so so aufgeregt, aber sichtlich betreten. Von einer «Geheimgesellschaft» könne man nicht wirklich sprechen, erklärte er nun. Was den angeblich top seriösen Informanten betrifft, gab er kleinlaut zu: Es würden sich halt merkwürdige Menschen bei ihm melden. Was war geschehen?
Die «Geheimgesellschaft», von der Johnson sprach, wird in einem SMS zwischen Peter Strzok und Lisa Page erwähnt. Strzok war Mitglied des Mueller-Teams, wurde aber ausgeschlossen, als diese SMS entdeckt wurden. Page ist Anwältin, die ebenfalls zeitweilig für das FBI tätig war.
Die beiden hatten ein Verhältnis miteinander und tauschten tausende von Liebesbotschaften aus. Einmal ist darin auch scherzhaft von einem Treffen einer «Geheimgesellschaft» die Rede. Gemeint war natürlich ein Rendez-vous.
Das Liebespaar ist seit Wochen die Basis für eine Schmutzkampagne gegen den Sonderermittler Robert Mueller, denn sie bringen in ihren SMS deutlich ihre Abscheu vor Trump zum Ausdruck. Doch auch Polizisten und Anwälte dürfen politische Ansichten haben. Verstösse gegen ihre Dienstpflicht haben beide nicht begangen, und wie erwähnt: Strzok wurde sofort aus dem Muller-Team entfernt, als die SMS-Botschaften bekannt wurden.
Aus diesen SMS und anderen nicht bekannten Quellen hat ein Team von republikanischen Abgeordneten unter der Leitung von Devin Nunes ein Memorandum verfasst. Nunes ist der ehemalige Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der in den Ausstand treten musste, weil er sich zunächst im Weissen Haus angebliche Geheimdokumente übergeben liess, die er danach als grosse Enthüllung in eben dieses Weisse Haus zurücktrug.
Der Inhalt des Memos wird geheim gehalten, es gibt jedoch gezielte Indiskretionen an Trump-hörige Medien. Sie berichten Schlimmes: Es handle sich um eine «vom Staat gesponserte Sabotage», viel, viel schlimmer als Watergate, berichtet etwa Sean Hannity auf Fox News.
Immer dringlicher wird daher die Veröffentlichung dieses Memos gefordert, das weder vom FBI verfasst noch von ihm autorisiert worden ist. Es scheint so dubios zu sein, dass selbst das von den Republikanern beherrschte Abgeordnetenhaus bisher seine Veröffentlichung verweigert hat.
Hannity ist mittlerweile eine Art informeller Anführer der Hetze gegen Robert Mueller geworden, einem hochdekorierten Ex-Marine und eingeschriebenen Republikaner, wohlgemerkt. So lächerlich die Kampagne gegen ihn erscheinen mag, so gefährlich ist sie mittlerweile geworden.
Hannity & Co. gehen weiter als alles, was man sich selbst von Fox News gewohnt ist. Es lässt sich mit der Hysterie der McCarthy-Ära vergleichen. Joseph McCarthy war ein glühender Anti-Kommunist, der auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges mit falschen Anschuldigungen und Show-Prozessen das Leben von Zehntausenden anständiger Bürgerinnen und Bürgern zerstörte.
Übriges: Einer von McCarthys Schergen war der Anwalt Roy Cohn, ein früher Mentor von Donald Trump.
Die Tatsache, dass die Anti-Mueller-Kampagne aus dem Ruder läuft, ist ein deutliches Indiz dafür, dass der Sonderermittler nahe an den inneren Machtzirkel gekommen ist. Es hat wahrscheinlich eine orchestrierte Aktion gegeben, Mueller in die Irre zu leiten. Seit der ehemalige Berater George Papadopoulos, der ehemalige Sicherheitsberater Michael Flynn und wahrscheinlich auch der ehemalige Chefstratege Steve Bannon die Seiten gewechselt haben, droht dieses Komplott aufzufliegen.
Das Trump-Lager hat Grund zur Panik. Der Präsident selbst gibt sich nach derweil wie vor gelassen. Vor seinem Abflug nach Davos erklärte er, er sei jederzeit bereit, mit dem Sonderermittler zu sprechen, auch unter Eid. Allerdings fügte er hinzu, selbstverständlich nur, wenn ihm dies seine Anwälte erlauben würden. Diesen Film allerdings, den kennen wir bereits.