EU-Ratspräsident Donald Tusk hat bei einem Treffen mit den Fraktionen im EU-Parlament laut einem Anwesenden seine Pläne für die Verteilung der Top-Jobs detailliert. Demnach wird Tusk auf dem Gipfel später vorschlagen, den Vorsitz der EU-Kommission an die Fraktion Sozialdemokraten (S&D) zu vergeben.
Das sagte Tobias Teuscher, stellvertretender Geschäftsführer der Rechtsfraktion Identität und Demokratie (ID) am Sonntag in Brüssel nach dem Treffen. Für die Europäische Volkspartei (EVP) sei demnach der Hohe Beauftragte für Aussenpolitik und der Parlamentspräsident vorgesehen, für die Liberalen die Positionen des Chefs des Rates. Konkrete Namen wurden nicht genannt.
Chancen auf die Nachfolge des EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker hat damit der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans, auch wenn Tusk im Kreis der Fraktionschefs keine Namen nannte.
Gegen Timmermans gibt es aber Widerstand einiger östlicher EU-Länder. Ein ungarischer Regierungssprecher hatte am Samstag erklärt, weder Timmermans noch Weber seien für die vier Visegrad-Staaten Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen akzeptabel. Den ganzen Sonntag über sollte noch verhandelt werden, bevor um 18.00 Uhr der Sondergipfel beginnt.
Timmermans, derzeit Vizepräsident der EU-Kommission, war Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl. Ursprünglich hatte Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), Anspruch auf die Juncker-Nachfolge erhoben, zumal die EVP stärkste Fraktion im EU-Parlament wurde.
Doch gab es gegen Weber noch grössere Widerstände im Kreis der 28 EU-Länder. Deshalb könnte nun der Kandidat der zweitstärksten Kraft an die Spitze rücken. Weber ist für einen anderen Spitzenposten im Gespräch.
Der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs hat das Vorschlagsrecht für den Posten des EU-Kommissionschefs, der in etwa einem Brüsseler Regierungschef der EU entspricht. Das EU-Parlament will nur einen der Spitzenkandidaten zum Kommissionschef wählen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und andere Regierungschefs sind eigentlich gegen das Spitzenkandidaten-Prinzip. Sie wollen freie Hand bei der Auswahl. Vor allem aber wollte Macron Weber verhindern.
Neben dem Amt des Kommissionspräsidenten sind noch weitere Spitzenposten zu besetzen: Gesucht werden Präsidenten des Europäischen Rats, des EU-Parlaments und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie ein neuer Aussenbeauftragter. Der Gipfel soll ein Personalpaket schnüren aus Männern und Frauen, verschiedenen Parteien und unterschiedlichen EU-Regionen. (viw/sda/reu/dpa)