International
Fall Khashoggi

Saudischer Kronprinz sprach über «Kugel» für Khashoggi

Saudischer Kronprinz sprach schon 2017 über eine «Kugel» für Khashoggi

08.02.2019, 15:2608.02.2019, 15:33
Mehr «International»

Im Fall der brutalen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi sind neue Hinweise auf eine Verstrickung des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman aufgetaucht. Einem Bericht der «New York Times» zufolge erwog der Thronfolger im September 2017, den Regierungskritiker töten zu lassen.

In einem von US-Geheimdiensten abgehörten Gespräch habe er gedroht, er werde Khashoggi «mit einer Kugel» verfolgen, sollte der Journalist nicht ins Königreich zurückkehren und seine Kritik an der Regierung einstellen, berichtete das Blatt am Donnerstagabend.

Der im Exil in den USA lebende Journalist war im vergangenen Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul von einem aus Riad angereisten Spezialkommando ermordet worden. Schon in den vergangenen Monaten hatten Indizien darauf hingewiesen, dass Personen aus dem engsten Umfeld des Kronprinzen in die Tötung verwickelt sind.

Medienberichten zufolge sieht auch der US-Geheimdienst CIA den Kronprinzen als Drahtzieher hinter der Tötung. Das Königreich streitet hingegen jegliche Verbindung Mohammed bin Salmans zu dem Verbrechen ab.

Khashoggis Leiche bleibt auch mehr als vier Monate nach seinem Tod spurlos verschwunden. «Es ist wichtig für uns, dass die Leiche gefunden wird – dass wir einen Ort haben, an dem seine Lieben ihre Gebete sagen können», sagte seine Verlobte Hatice Cengiz am Freitag in Istanbul bei der Vorstellung eines Buches über den Journalisten.

Stellungnahme von US-Regierung erwartet

Die «New York Times» beruft sich in ihrem Bericht auf Offizielle, die mit den Geheimdienstberichten vertraut seien. Demnach führte der Kronprinz das Gespräch mit einem Vertrauten im September 2017. Damals begann Khashoggi, Kolumnen für die «Washington Post» zu schreiben, in denen er scharfe Kritik an der saudischen Regierung übte.

Die Chronologie des Falls Khashoggi

1 / 14
Die Chronologie des Falls Khashoggi
2. Oktober: Der saudische Journalist Jamal Khashoggi besucht das saudische Konsulat in Istanbul. Er benötigt Papiere, um seine türkische Verlobte heiraten zu können. Seitdem fehlt von ihm jede Spur.
quelle: ap/trt world
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Weiter heisst es, US-Geheimdienste gingen in den vergangenen Jahren abgefangene Konversationen des Thronfolgers durch, um die Hintergründe der Tat zu ermitteln. Mohammed bin Salman ist ein enger Verbündeter von US-Präsident Donald Trump, der Massnahmen gegen den Prinzen ablehnt.

An diesem Freitag läuft eine Frist ab, bis zu der die US-Regierung erklären muss, ob sie den 33-Jährigen für verantwortlich hält und Sanktionen gegen ihn erlässt. US-Senatoren hatten im vergangenen Jahr eine entsprechende Stellungnahme verlangt.

Ein Sprecher des Aussenministeriums erklärte am Donnerstag, die US-Regierung werde weiter daran arbeiten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Er liess auch auf Nachfrage offen, ob sie die Frist einhält.

Prozess in Saudi-Arabien

In dem Königreich läuft derzeit ein Prozess gegen insgesamt elf Angeklagte, deren Namen die saudische Justiz bislang jedoch nicht veröffentlichte. Mohammed bin Salman gilt als starker Mann und künftiger Herrscher des islamisch-konservativen Landes.

Die in dem Fall ermittelnde Uno-Menschenrechtsexpertin Agnes Callamard hatte Saudi-Arabien zuvor vorgeworfen, die Aufklärung des Mordes zu behindern.

Der türkische Justizminister Abdülhamit Gül sagte am Freitag, dass Saudi-Arabien sich den Ermittlungen verschliesse, mache es schwer, den Fall aufzuklären. Die Türkei sei weiter bereit, die Tonaufnahmen zur Ermordung aus dem Konsulat zur Verfügung zu stellen. (sda/dpa)

Fall Khashoggi: Ein Mord mit politischen Konsequenzen

Video: watson
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
6 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Beobachter
08.02.2019 16:03registriert November 2014
Donald Trump hat Massnahmen gegen die Urheber dieses Mordes mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Interessen abgelehnt. Diese scheinbar unbedeutende Randnotiz steht in Tat und Wahrheit sinnbildlich für den Gesamtzustand - nicht nur der USA - sondern der ganzen Welt. Wirtschaftliche Interessen stehen über allem, und zwar überall. Die Frage ist: Wie lange wird es noch dauern bis wir aufwachen? Und will überhaupt jemand aufwachen?
881
Melden
Zum Kommentar
avatar
N. Y. P.
08.02.2019 15:52registriert August 2018
"Ach, Herr Aussenminister,
ich muss mich für meine Landsleute entschuldigen. Weil jetzt ein Journalist zerstückelt wurde, flennen die alle herum. Ihr habt ja alles sauber aufgeräumt.
Also, ich hoffe, dass euer Geld weiterhin bei uns in der Schweiz bleibt.
Ja, Herr Minister, auch die Kommentare auf diversen Portalen sind peinlich. Wissen Sie, ich werde als Bundesrat auch immer mit "kä Luscht" aufgezogen, da sind ich und der Prinz ja im gleichen Boot.
Also, nächstes Mal ein wenig vorsichtiger sein, Herr Minister."
323
Melden
Zum Kommentar
6
Brigitte Macron soll ein Mann sein: Politische Desinformation kennt keine Grenzen mehr
Frankreichs First Lady ein Mann? Emmanuel Macron schwul? Und dazu im Griff der Rothschilds? Nach der Häufung wildester Fake News geht der französische Präsident erstmals in den Gegenangriff.

Emmanuel Macron zieht die Verschwörungstheoretiker seit langem an. Vor seiner ersten Wahl im Jahr 2017 zirkulierte die Falschmeldung, der Ex-Rothschild-Banker bleibe der jüdischen Bankerfamilie verpflichtet: Als Präsident verdiene er zu wenig Geld, um die hohen Steuern seiner lukrativen Rothschild-Jahre bezahlen zu können.

Zur Story