International
Franken

In Frankreich eröffnet bald eine Islamisten-Rehab (und alle so: no, no, no)

In Frankreich eröffnet bald eine Islamisten-Rehab (und alle so: no, no, no)

20.09.2016, 18:4121.09.2016, 09:27
Mehr «International»
And it's not just my pride / It's just 'til these tears have dried / They tried to make me go to rehab / I said no, no, no
Amy Winehouse in dem Song «Rehab»

«Ferienlager für Islamisten» oder «Dschihad-Akademie» – so nennen Kritiker abfällig eine Einrichtung, die bis Ende September in Frankreich ihre Tore öffnet. Auf dem ländlich gelegenen Château Pontourny nahe von Tours sollen junge Islamisten untergebracht und «deradikalisiert» werden.

Es ist das erste Zentrum dieser Art im Land und ein Modellprojekt. Das «Zentrum für Prävention, Wiedereingliederung und Staatsbürgerschaft», wie es offiziell heisst, soll in den kommenden Wochen die ersten jungen Leute willkommen heissen.

Fitnesstudio und Klassenzimmer

Sie sind zwischen 18 und 30 Jahre alt, haben den Kontakt zu ihren Freunden und ihrer Familie in der Regel abgebrochen und wollen nach Darstellung der Anstaltsleitung freiwillig einziehen. «Es geht um junge Leute, die radikalisiert sind und davon loskommen wollen», sagt Präfekt Louis Lefranc. Eine Art Entzugsheim für Islamisten also.

Das Château Pontourny.
Das Château Pontourny.bild via pontourny.com/

Die jungen Leute werden in grossen, hellen Zimmern untergebracht, die an ein Studentenwohnheim erinnern. Die Fenster sind allerdings vergittert, um zu verhindern, das Bewohner sich hinausstürzen. Zudem gibt es einen Schlosspark mit hundert Jahre alten Bäumen, ein kleines Fitnesstudio, Aufenthaltsräume und Klassenzimmer.

Fighters of the Syrian Islamist rebel group Jabhat Fateh al-Sham cheer on a pickup truck after a Russian helicopter was shot down in the north of Syria's rebel-held Idlib province, Syria, August  ...
Lass uns reden: Islamisten (in Syrien).Bild: AMMAR ABDULLAH/REUTERS

Kritikfähigkeit lernen

Dort sollen die Insassen unter anderem Unterricht in Religion, Geschichte und Philosophie erhalten. Das Regiment ist strikt: Die jungen Leute werden um 6.45 Uhr geweckt und müssen die Anstaltsuniform tragen. Einmal in der Woche gibt es einen Fahnenappell.

«Wir wollen mit den Symbolen der Republik arbeiten, und die Fahne ist eines davon», erklärt Pierre Pibarot, der für die Wiedereingliederung der jungen Islamisten zuständig ist. «Zudem wollen wir sie kritikfähig machen.» Alle «Freiwilligen» werden von Sozialarbeitern, Psychologen und Ärzten betreut.

Anwohner (huch!) nicht so begeistert

Eine Reihe von Anwohnern der Gemeinde Beaumont-en-Véron sind vom Projekt wenig begeistert. Sie fürchten, dass von den Insassen eine Gefahr ausgehen könnte. Dabei sollen die Bewohner die Einrichtung nur verlassen können, wenn dies von Experten für unbedenklich erklärt wurde.

Paris nach den Anschlägen

1 / 15
Paris nach den Anschlägen
Knapp eine Woche nach den Anschlägen versucht Paris, zurück in den Alltag zu finden.
quelle: ap/ap / daniel ochoa de olza
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Zudem versichert die Anstaltsleitung, dass niemand aufgenommen wird, der den Behörden als sogenannter Gefährder bekannt ist oder gegen den im Zusammenhang mit den jüngsten Anschlägen in Frankreich ermittelt wird. Auch straffällig gewordene Gewalttäter oder Islamisten, die in Syrien waren, dürfen nicht in das Zentrum.

Einige Bürger sind besorgt, dass die Einrichtung zu einem Ziel für die Terrormiliz Islamischer Staat werden könnte. «Die Sicherheitsvorkehrungen sind völlig unzureichend», empört sich ein Anwohner. «Das gilt sowohl für Leute, die in das Zentrum hinein wollen als auch für solche, die heraus wollen.»

Frankreich
AbonnierenAbonnieren

Für Sicherheit sollen 18 Kameras und ein Infrarot-System sorgen, mit denen das Schlossgelände rund um die Uhr überwacht wird. Im Fall eines Alarms könne die Polizei innerhalb weniger Minuten vor Ort sein, versichert die Anstaltsleitung.

(sda/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Qwertz
20.09.2016 21:16registriert September 2014
Gute Idee! Die verlorenen Jungen wieder in die Gesellschaft aufzunehmen versuchen. Das ist der erste Schritt dazu. Bildung, ein strukturierter Alltag, ein Schloss auf dem Land statt die hässlichen Banlieues als Umgebung. So kann man die Radikalisierten auf andere Gedanken bringen, sich neu sammeln lassen und ihnen anschließend eine Perspektive innerhalb der Gesellschaft aufzeigen.

Auch wenn man das Kuscheljustiz nennt. Das sind Jungs, die zu wenig kuscheln konnten und darum so verroht sind. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.
244
Melden
Zum Kommentar
avatar
Guugi
20.09.2016 19:12registriert Februar 2016
Endlich mal etwas nützliches!
203
Melden
Zum Kommentar
3
Skyguide führt Pannen auf technische Innovationen zurück
Der Chef der Flugsicherungsfirma Skyguide, Alex Bristol, hat die jüngste Häufung von Pannen auf neue technische Innovationen zurückgeführt. Bei deren Lancierung liessen sich solche Vorfälle nie ausschliessen, wie Bristol in einem Interview sagte.

Bristol betonte mehrfach, dass die Sicherheit immer gewährleistet war und ist. Die Häufung der Vorfälle lasse sich nicht leugnen, sagte der Skyguide-Chef im am Donnerstag publizierten Interview mit CH Media. Er kündigte eine externe Untersuchung an.

Zur Story