Die Partei der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen sieht sich vor dem finanziellen Aus: Nach Le Pens Angaben hält die Justiz wegen einer Scheinbeschäftigungs-Affäre zwei Millionen Euro aus der öffentlichen Parteienfinanzierung zurück.
Damit wäre die Partei «bis Ende August tot», sagte Le Pen am Montag. Das EU-Parlament wirft ihr und anderen Abgeordneten vor, sich insgesamt sieben Millionen Euro erschlichen zu haben.
Le Pen empörte sich im Sender BFM-TV, das Zurückhalten der Gelder komme einem «Staatsstreich der Richter gleich». Diese hätten die «Todesstrafe» über ihre Partei verhängt, die sich kürzlich von Front National (FN) in «Rassemblement National» (RN, Nationale Sammlungsbewegung) umbenannt hat.
Eigentlich sollte der finanziell klamme RN zu Wochenbeginn 4,5 Millionen Euro aus öffentlichen Geldern erhalten. Davon wird wegen laufender Ermittlungen nun aber nur gut die Hälfte ausgezahlt, um mögliche Strafzahlungen abzusichern, wie es aus verschiedenen Quellen hiess. Denn die französischen Banken geben der Partei schon seit längerem keine Kredite mehr.
Das EU-Parlament wirft Marine Le Pen und 16 weiteren Parteimitgliedern vor, Mitarbeiter als parlamentarische Assistenten bezahlt zu haben, obwohl diese in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernahmen – unter anderem Marine Le Pens Leibwächter, als sie von 2009 bis 2017 im EU-Parlament sass.
Die Volksvertretung beziffert den Schaden für diesen Zeitraum auf sieben Millionen Euro. Le Pen selbst muss 300'000 Euro zahlen. Erst Mitte Juni unterlag sie vor dem EU-Gericht in Luxemburg mit einer Klage gegen diese Forderung.
Zudem verdonnerte das EU-Parlament die Fraktion der französischen Rechtspopulisten vor einer Woche zur Rückzahlung regelwidrig abgerechneter Spesen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro.
Davon sollen unter anderem Champagner und Schlemmergelage bezahlt worden sein. Marine Le Pen soll den heutigen italienischen Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega laut einem Pressebericht zu einem Menü von rund 400 Euro pro Person eingeladen haben.
Die französische Justiz hat gegen Le Pen ein Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder eingeleitet. Gegen den EU-Abgeordneten Nicolas Bay und weitere Mitglieder wurden ebenfalls Verfahren eingeleitet, wie es nun aus mehreren Quellen hiess. Bay galt bisher als ein möglicher Spitzenkandidat der Nationalen Sammlungsbewegung bei der Europawahl im kommenden Jahr.
Die französischen Rechtspopulisten sind in finanziellen Nöten, seit sie bei der Parlamentswahl im Juni 2017 deutlich schlechter abschnitten als von ihnen erhofft und damit weniger Anspruch auf öffentliche Unterstützung haben. Bei der Wahl hatte der Front National rund 8,8 Prozent der Stimmen errungen. Er ist damit zweitgrösste Oppositionspartei hinter den konservativen Republikanern, die auf 22,2 Prozent kamen.
Einige Oppositionspolitiker mahnten trotz der Affären der Rechtspopulisten ein faires Vorgehen gegen sie an. Der Vorsitzende der früher regierenden Sozialistischen Partei (PS), Olivier Faure, betonte, die Beschlagnahme von Geldern dürfe in einem demokratischen Land nicht dazu führen, dass eine Partei in Existenznöte gerate.
Faure betonte aber zugleich: «Es steht Marine Le Pen nicht zu, sich als Opfer darzustellen. Sie muss erst einmal anerkennen, dass es Betrug gegeben hat.» Ähnlich äusserten sich auch Abgeordnete des Mitte-Rechts-Lagers. (sda/afp)