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Gerechtigkeit siegt

Moderne Leibeigenschaft: In Deutschland leben rund 10'500 Menschen wie Sklaven

Moderne Leibeigenschaft: In Deutschland leben rund 10'500 Menschen wie Sklaven

17.12.2015, 08:0217.12.2015, 08:33
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Sklaverei bedeutet juristisch, dass Menschen unter Missachtung ihrer Grundrechte und Wünsche von anderen Menschen wie deren Eigentum behandelt werden. 1948 nahm die UNO-Generalversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte an, die «Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen» ausdrücklich verbietet.

Moderne Sklaverei gibt es bis heute als Zwangsarbeit von Erwachsenen und Kindern im Bergbau, in der Landwirtschaft oder im Haushalt und ist oft verbunden mit sexueller Ausbeutung. Viele Opfer leben in Schuldknechtschaft oder wurden zur Heirat gezwungen. Zur modernen Sklaverei gehören «verkaufte» Kinder in Westafrika und Indien ebenso wie Zwangsprostituierte in Europa.

Eine Frau in einem Camp bei Erbil im Irak: Sie gehört zu den Jesiden, deren weibliche Mitglieder vom sogenannten «IS» als Sexsklavinnen gehalten werden.
Eine Frau in einem Camp bei Erbil im Irak: Sie gehört zu den Jesiden, deren weibliche Mitglieder vom sogenannten «IS» als Sexsklavinnen gehalten werden.
Bild: Alice Martins/AP/KEYSTONE

Bis zu 35,8 Millionen moderne Sklaven

Die geschätzten Zahlen der weltweit in Sklaverei lebenden Menschen gehen weit auseinander. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind 21 Millionen Menschen betroffen, Menschenrechtsorganisation geht von bis zu 35,8 Millionen aus.

Eine Garnelen-Farm in Thailand.
Eine Garnelen-Farm in Thailand.
Bild: Dita Alangkara/AP/KEYSTONE

In absoluten Zahlen leben nach dem Global Slavery Index mit 14,3 Millionen Betroffenen die meisten Sklaven in Indien. Es folgen China mit 3,2 Millionen, Pakistan mit 2,1 Millionen, Usbekistan mit 1,2 Millionen und Russland mit 1,0 Millionen.

In Mauretanien ist die Lage gemessen an der Bevölkerung am schlimmsten. Obwohl das Land 1981 als weltweit letzter Staat die Sklaverei offiziell verbot, gibt es dort 155'600 Sklaven unter vier Millionen Einwohnern.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden knapp 99'000 Arbeiter aus Ländern wie Indonesien, Nepal oder Äthiopien oft wie Sklaven gehalten, im Golfstaat Katar fast 30'000. In Deutschland leben rund 10'500 Menschen wie Sklaven.

Der lange Weg zur rechtlichen Abschaffung der Sklaverei

In der Antike war Sklaverei Alltag. In den vergangenen gut 200 Jahren wurde der Handel mit Menschen in immer mehr Ländern verboten. Auch heute noch gibt es Formen von Sklaverei, doch sind sie in der Regel illegal. Der lange Weg zur rechtlichen Sklavenbefreiung:

US-Präsident Obama hält eine Rede anlässlich der Abschaffung der Sklaverei vor 150 Jahren.
US-Präsident Obama hält eine Rede anlässlich der Abschaffung der Sklaverei vor 150 Jahren.
Bild: MICHAEL REYNOLDS/EPA/KEYSTONE
  • 1803: Die Union Dänemark-Norwegen verbietet als erstes Land Europas den Handel mit afrikanischen Sklaven.
  • 1807: Das Parlament in London untersagt britischen Schiffen, Sklaven zu transportieren, und britischen Kolonien, sie zu importieren.
  • 1820: Die spanische Regierung verbietet den Handel mit Sklaven in ihren amerikanischen Kolonien südlich des Äquators, auf Kuba endet der Sklavenhandel erst 1888.
  • 1834: Das britische Parlament schafft Sklaverei im ganzen Empire ab.
  • 1848: Paris untersagt Sklaverei in allen französischen Kolonien.
  • 1850: Die Regierung Brasiliens verbietet jede Form von Sklavenhandel.
  • 1863: US-Präsident Abraham Lincoln erklärt in seiner «Emanzipations-Proklamation» die Befreiung der Sklaven in den Südstaaten;
  • 1865 erklärt der US-Kongress die Sklaverei für abgeschafft.
  • 1863: Die Niederlande schaffen in ihren Kolonien die Sklaverei ab.
  • 1869: Portugal untersagt Sklaverei in seinen afrikanischen Kolonien.
  • 1882: Das Osmanische Reich verbietet jede Form von Sklaverei.
  • 1888: Mit der Freilassung der letzten Sklaven in Brasilien endet die Sklaverei in Südamerika.
  • 1906: Das Kaiserreich China schafft die Sklaverei ab.
  • 1926: In einem Übereinkommen des UNO-Vorläufers Völkerbund erklären rund 30 Staaten «sobald als möglich auf die vollständige Abschaffung der Sklaverei in all ihren Formen hinzuarbeiten».
  • 1936: König Ibn Saud verbietet die Einfuhr neuer Sklaven nach Saudi- Arabien; erst 1962 wird Sklaverei im Königreich offiziell abgeschafft.
  • 1948: Die UNO-Generalversammlung erlässt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Artikel 4 verbietet «Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen».
  • 1981: Das westafrikanische Mauretanien verbietet als letzter Staat offiziell die Sklaverei.

(sda/dpa)

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