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Nach Referendum: Dänemark muss mit der EU neu verhandeln

Ziel erreicht: DF-Chef Thulesen Dahl feiert das Nein an der Urne. 
Ziel erreicht: DF-Chef Thulesen Dahl feiert das Nein an der Urne. 
Bild: EPA/Scanpix Denmark

Die Dänen sagen bei ihrem Referendum Nein zu mehr Europa – und müssen jetzt neu verhandeln

Dänemark rückt weiter weg von der EU. Bei einem Referendum haben die Dänen am Donnerstag gegen die Abschaffung ihrer Sonderregeln in der europäischen Rechtspolitik gestimmt. Regierungschef Lars Lökke Rasmussen sagte, das Nein-Lager habe eine «klare» Mehrheit errungen.
03.12.2015, 23:2904.12.2015, 08:03
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Nach Auszählung fast aller Stimmen votierten rund 53 Prozent der Wähler dafür, im Bereich Justiz und Inneres auch in Zukunft aussen vor zu bleiben. Rund 47 Prozent stimmten dagegen. Damit schert das Land im kommenden Jahr aus der europäischen Polizei-Zusammenarbeit in Europol aus und muss sich um ein Parallelabkommen bemühen.

Für dieses Vorgehen hatten unter anderem die Rechtspopulisten geworben. Das Resultat feierte die Dansk Folkeparti (DF) am Abend denn auch als Triumph.

Johanne Schmidt-Nielsen, Chefin der dänischen Links-Partei Enhedslisten, feiert das Nein zum EU-Referendum in Kopenhagen.
Johanne Schmidt-Nielsen, Chefin der dänischen Links-Partei Enhedslisten, feiert das Nein zum EU-Referendum in Kopenhagen.
Bild: EPA/Scanpix Denmark

«Das Ergebnis steht im Kontrast zu der Idee, dass wir näher an den Kern der EU rücken und mehr und mehr Souveränität abgeben sollen», sagte der DF-Vorsitzende Kristian Thulesen Dahl nach Bekanntwerden des Ergebnisses am Abend.

Die liberale Regierung hatte dagegen gemeinsam mit Sozialdemokraten, Linksliberalen, Sozialisten und Konservativen dafür plädiert, die grundsätzliche Ausnahme vom EU-Recht aufzugeben. Regierungschef Lars Løkke Rasmussen sprach von einem deutlichen Votum der Bevölkerung.

«Teil von Europa»: Mette Frederiksen, Chefin der dänischen Sozialdemokraten.
«Teil von Europa»: Mette Frederiksen, Chefin der dänischen Sozialdemokraten.
Bild: SCANPIX DENMARK/REUTERS

«Die Dänen haben gesprochen, und sie haben Nein gesagt. Das werden wir respektieren», sagte die Chefin der dänischen Sozialdemokraten, Mette Frederiksen. Zugleich stellte sie klar: «Dänemark ist ein Teil von Europa.»

Dänemark hat Sonderrechte

Anders als beispielsweise Deutschland beteiligt sich Dänemark nicht voll an der Währungs-, Sicherheits-, Justiz- und Innenpolitik der EU. Die Sonderrechte hatte das Land ausgehandelt, nachdem die Bevölkerung 1992 Nein zum Maastricht-Vertrag zur Gründung der EU gesagt hatte. Auch den Euro hatte das Land in einer Volksabstimmung 2000 abgelehnt. Dänemark ist aber Teil des Währungskursmechanismus.

Seinen grundsätzlichen Vorbehalt im Bereich Justiz und Inneres hätte Dänemark abschaffen müssen, wenn es auch in Zukunft sicher Teil der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit in Europa hätte bleiben wollen. Denn die Polizeibehörde Europol soll 2016 überstaatlich werden.

Dänemark braucht Parallelabkommen

Der drohende Ausschluss war Anlass für das Referendum. Um auch künftig an der Kooperation beteiligt zu sein, muss Dänemark sich nun um ein Parallelabkommen bemühen. Einer solchen Vereinbarung müssen EU-Kommission, Europa-Parlament und alle EU-Staaten zustimmen.

Ministerpräsident Løkke Rasmussen wollte am Montag alle Parlamentsparteien zu einem Treffen einberufen, um eine Lösung zu finden. Ziel sei, dass Dänemark bei Europol bleibe, sagte er.

Bei Europol bleiben: Premier Rasmussen.
Bei Europol bleiben: Premier Rasmussen.
Bild: AP/POLFOTO

Die Asylpolitik war nicht Gegenstand des Referendums. Sie sollte in dänischer Zuständigkeit verbleiben, solange die Dänen es nicht in einem neuen Volksentscheid anders bestimmen, hatte Løkke Rasmussen versprochen.

Die Angst davor, dass dieser Bereich doch irgendwann in die Zuständigkeit der EU übergehe, habe zum Nein der Dänen beim Referendum beigetragen, sagte Thulesen Dahl (DF). Neben der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti hatten sich auch die linke Einheitsliste und die liberale Allianz gegen eine engere Anknüpfung an die EU ausgesprochen.

Die Abstimmung wird auch in Grossbritannien aufmerksam verfolgt, wo ein Referendum über einen Verbleib in der EU ansteht. Dänemark, Grossbritannien und Irland hatten Anfang der 90er Jahre das Zugeständnis erhalten, zumindest im Bereich der Justiz- und Innenpolitik bei der europäischen Integration aussen vor zu bleiben. (kad/sda/dpa/reu)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wilhelm Dingo
04.12.2015 06:34registriert Dezember 2014
Wer es immer noch nicht gecheckt hat ist selber Schuld: Die meisten Gesellschaften in Europa wollen weniger von der aktuellen EU. Die Schweiz ist daher absolut kein Sonderfall.
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