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Die Story des «El Chapo» ist filmreif

Die Geschichte des «El Chapo» ist filmreif – und genau das wurde ihm zum Verhängnis 

10.01.2016, 20:50
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Er begann als Jugendlicher mit kleinen Drogengeschäften und stieg zum meistgesuchten Drogenboss der Welt auf: Joaquín «El Chapo» Guzmán war ein schillernder Verbrecher und einer der reichsten Männer der Welt. Immer wieder entkam er seinen Verfolgern.

Sein Leben bietet Stoff für einen Hollywood-Film - davon war auch Guzmán selbst überzeugt. Die Planung eines autobiografischen Films wurde ihm schliesslich zum Verhängnis. Guzmáns 13-jährige Flucht endete am vergangenen Freitag mit einer erneuten Festnahme.

Er wurde zurück in das Hochsicherheitsgefängnis in Altiplano gebracht, aus dem er ein halbes Jahr zuvor durch einen 1.5 Kilometer langen Tunnel entkommen war. Die mexikanische Regierung will ihn nun an die USA ausliefern, wo er wegen Drogenhandels angeklagt werden soll.

Seinen Spitznamen «El Chapo», abgeleitet vom spanischen chaparro (untersetzt), verdankt Guzmán seiner geringen Körpergrösse von 1.55 Metern.

Früher Einstieg

Drei Monate vor seiner Festnahme hatte sich «El Chapo» in seinem Versteck mit dem US-Schauspieler Sean Penn getroffen und dabei auch mit seinen Verbrechen geprahlt: «Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgend jemand sonst in der Welt», erinnerte sich Penn an das Gespräch. «Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen.»

Guzmán wollte nach Angaben der Ermittler einen Film über sein Leben drehen. Die Kontakte zu Produzenten und Schauspielern halfen den Fahndern schliesslich, Guzmán zu orten.

Ins Drogengeschäft stieg er bereits als Jugendlicher ein. Guzmán, der aus einer Landarbeiterfamilie stammt, brach die Schule ab und arbeitete auf den Marihuana-Feldern in seinem Heimatbundesstaat Sinaloa im Nordwesten Mexikos.

«Leider gab es dort, wo ich aufgewachsen bin, keine andere Möglichkeit zu überleben - und es gibt sie noch immer nicht», sagte Guzmán in einer Videobotschaft, die das Magazin «Rolling Stone» nun veröffentlichte.

Verhandlungsgeschick und Kaltblütigkeit 

Seine Karriere im organisierten Verbrechen begann «El Chapo» in den 80ern. Der Drogenbaron Miguel Ángel Félix Gallardo warb ihn an, um Kontakte zu kolumbianischen Kartellen herzustellen und den Kokainexport in die USA, nach Europa und nach Asien zu organisieren.

Nach der Verhaftung Gallardos 1989 gründete Guzmán sein eigenes Drogenimperium. Das Sinaloa-Kartell baute er in den kommenden Jahren dank seines Verhandlungsgeschicks und seiner Kaltblütigkeit gegenüber Rivalen zur mächtigsten Mafiaorganisation Mexikos aus.

Durch diesen Tunnel brach Drogenboss El Chapo aus dem Gefängnis aus

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Durch diesen Tunnel brach Drogenboss «El Chapo» aus dem Gefängnis aus
Der spektakuläre Ausbruch des Drogenbarons «El Chapo» beschäftigt Mexiko: In diesem unscheinbaren Haus ausserhalb von Mexico City endete der Fluchttunnel, der Joaquin «El Chapo» Guzman die Freiheit brachte.
quelle: x90175 / tomas bravo
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Sein Aufstieg wurde im Juni 1993 aber zunächst unterbrochen, als er in Guatemala verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis in Mexiko verlegt wurde. Anfang 2001 gelang ihm jedoch die Flucht, versteckt in einem Wäschewagen.

«El Chapo» wurde zum meistgesuchten Mann Mexikos und zum Hauptziel des Anti-Drogen-Kriegs, den der damalige Präsident Felipe Calderón ausgerufen hatte. Die USA setzten für Hinweise auf Guzmán eine Belohnung von fünf Millionen Dollar aus.

Tunnelbau als Markenzeichen

Im Untergrund häufte der Drogenboss ein riesiges Vermögen an. 2011 nahm ihn das US-Magazin «Forbes» in seine Liste der reichsten Menschen der Welt auf. In seiner Heimatregion genoss er gleichzeitig den Ruf eines modernen Robin Hood.

Der Bau von Tunneln wurde zu seinem Markenzeichen: Durch unterirdische Gänge schmuggelte er Drogen in die USA und entzog sich dem Zugriff der Polizei. Auch in seinem Anwesen in Culiacán hatte er unter einer beweglichen Badewanne einen Fluchttunnel anlegen lassen.

Um Guzmáns Person ranken sich zahlreiche Mythen. So soll er sich einer Gesichtsoperation unterzogen haben, um sein Aussehen zu verändern. Um in Ruhe in Restaurants speisen zu können, liess er der Legende nach die Mobiltelefone der anderen Gäste beschlagnahmen - dafür übernahm er dann die Rechnung aller Restaurantbesucher.

Über sein Privatleben ist weniger bekannt. Ihm werden drei Ehefrauen sowie zehn Kinder zugeschrieben. Zuletzt heiratete er 2007 eine damals 18-jährige Schönheitskönigin. Einer seiner Söhne wurde 2007 bei einer Schiesserei in einem Einkaufszentrum getötet. (feb/sda/afp)

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3 Kommentare
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Sapere Aude
10.01.2016 21:17registriert April 2015
Da hat wohl einer zuviel Narcos geschaut.
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