Mindestens 21 Häftlinge sind im Südwesten Venezuelas bei einer Protestaktion gegen ihre Haftbedingungen gestorben. Nach Angaben der Polizei und einer Nichtregierungsorganisation waren Dutzende Gefangene zunächst in einen Hungerstreik getreten und hatten dann am Mittwoch einen giftigen Medikamentencocktail geschluckt.
Mindestens 21 Häftlinge starben, 145 weitere mussten mit schwerer Arzneimittelvergiftung behandelt werden. Wie die Beobachtungsstelle für Venezuelas Haftanstalten berichtete, protestierten die Gefangenen im Gefängnis Uribana im Bundesstaat Lara gegen die unmenschliche Behandlung durch die Wärter.
Sie begannen zunächst am Dienstag ihren Hungerstreik, dann kam es zu einer Meuterei, bei der sie in die Krankenstation eindrangen und sich mit Medikamenten vergifteten. Nach Angaben des für den Strafvollzug zuständigen Ministeriums schluckten sie unter anderem Antibiotika, Tabletten gegen Epilepsie und Bluthochdruck sowie reinen Alkohol.
Die Menschenrechtsgruppe OVP widersprach der Darstellung der Regierung. Sie erklärte, sie habe im Leichenschauhaus etwa 25 Leichen gezählt. Familienmitglieder hätten berichtet, die Gefangenen seien erkrankt, nachdem sie Wasser getrunken hätten, das ihnen die Wärter gebracht hatten.
«Gefangene sind nicht so dumm, Medikamente zu nehmen, ohne das Etikett zu lesen», sagte OVP-Direktor Humberto Prado der Nachrichtenagentur AFP. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein.
Ein Angehöriger eines Insassen sagte AFP, die Gefangenen seien regelmässig geschlagen worden, hätten vergammeltes Essen bekommen, nur ein Mal im Monat Besuch empfangen dürfen und seien gezwungen worden, in überfüllten Zellen zu leben, wo Krätze und andere Krankheiten grassierten.
Nach dem Vorfall am Mittwoch sei der Rest der Häftlinge nackt im Hof aufgereiht worden. In der Strafanstalt waren 3700 Gefangene untergebracht - vier Mal so viele wie vorgesehen.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle waren Ende Juni mehr als 55'000 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes untergebracht, die eigentlich nur für 19'000 Häftlinge ausgelegt sind. Zwei Drittel von ihnen warten noch auf ihren Prozess. In der ersten Hälfte des Jahres wurden demnach in den Gefängnissen 150 Insassen getötet. (sda/afp/tat)