Tausende demonstrieren am Freitagabend für ein Nein vor dem Parlament in Athen. Bild: watson/rafaela roth
Morgen stimmen die Griechen für oder gegen die Bedingungen eines neuen EU-Hilfspakets. Sollten die Befürworter gewinnen, könnten weite Teile der Bevölkerung die Hoffnung verlieren.
OXI! OXI! OXI! «Oochi»! Dieses entschiedene «Nein» kommt den Griechen an diesem Freitagabend auf dem Syntagma-Platz von ganz tief unten aus der Brust.
Es ist nicht unbedingt ein Nein zum neuen EU-Hilfspaket, das, nachdem die Rückzahlungsfrist an den Internationalen Währungsfonds am Dienstag ungenutzt verstrichen ist, ohnehin hinfällig ist. Es ist auch nicht per se ein Nein zur Europäischen Union. Diese Griechen sagen viel mehr laut «Nein» zu den letzten fünf Jahren.
«Nein, so kann es nicht weiter gehen», meint dieses «Oochi». «Nein, ich kann nicht noch mehr Steuern zahlen.» «Nein, ich kann nicht noch weniger verdienen.» «Nein, ich kann mir nicht noch eine weitere Existenz ausdenken.» «Nein, ich kann so einer Zukunft nicht entgegen gehen.» Das heisst dieses Nein.
Diese Griechen, die an diesem Abend auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament stehen, diese alten und jungen Männer und Frauen mit ihren Töchtern und Grossvätern, die haben genug. Sie haben so genug, dass sie sich sogar an den irrsinnigen Gedanken an eine Rückkehr zum Drachmen gewöhnt haben. Ja, so dringlich sind ihre Sorgen, dass sie sogar einen Bruch mit der Europäischen Union in Kauf nehmen würden.
Dazu passt die dringliche Strategie von Premier Alexis Tsipras. Eine gefährliche, fast erpresserische Strategie. Doch diese Griechen fühlen sich selber von der EU erpresst – und ausgepresst.
Sollten die Referendumsbefürworter am Sonntag gewinnen, müssen Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis zurücktreten. Eine neu zu bildende Regierung würde weiter mit der EU verhandeln. Doch ihre weit wichtigere Aufgabe wäre es, Hoffnung zu schaffen. Denn diese Referendums-Abstimmung zwischen «NAI» und «OXI» reisst einen Graben zwischen arm und reich auf, zwischen Arbeitern und Mittelschicht. Und die Hoffnung der Arbeiter liegt im Moment einzig und allein auf diesem «OXI».