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Genfer Spähskandal weitet sich aus: Spione hackten Schweizer Hotelkameras für ihre Zwecke

Besuchte Zürich unter strengsten Sicherheitsbedinungen: Die US-Justizministerin Loretta Lynch.
Besuchte Zürich unter strengsten Sicherheitsbedinungen: Die US-Justizministerin Loretta Lynch.
Bild: freshfocus

Genfer Spähskandal weitet sich aus: Spione hackten Schweizer Hotelkameras für ihre Zwecke

22.09.2015, 05:5122.09.2015, 07:32
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Als US-Justizministerin Loretta Lynch vergangenen Montag die Staatsanwältekonferenz in Zürich besuchte, war das Sicherheitsaufgebot immens. Doch die eigentliche Gefahr lauerte nicht im Kreis 5, sondern im Netz. Und dagegen hat sich die Schweiz lange weit weniger gewappnet, wie der «Tages-Anzeiger» am Dienstag berichtet. 

Zwar konnten die schweizerischen Sicherheitsbehörden im Frühjahr einen Cyber-Grossangriff auf die internationalen Atomverhandlungen in der Westschweiz abwehren, an denen Lynchs Regierungskollege, Aussenminister John Kerry, teilnahm. Doch nun zeigen Recherchen des «Tages-Anzeigers», dass die Attacken in der Schweiz intensiver ausfielen, als damals berichtet wurde.

Die Cyberangreifer waren in Computer von Hotels eingedrungen, die alle bei den hochgeheimen 5+1-Gesprächen eine Rolle spielten. In München, Wien und am Genfersee hatte der Iran mit den fünf UNO-Vetomächten sowie Deutschland über sein Atomprogramm verhandelt.

John Kerry am Genfersee mit Bodyguards.
John Kerry am Genfersee mit Bodyguards.
Bild: EPA/KEYSTONE

Hausdurchsuchung im «Président Wilson»

Spezialisten des Nachrichtendienstes begannen, den Angriff zu untersuchen, bis irgendwann genug belastendes Material beisammen war, um bei der Bundesanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Ausnahmsweise erteilte der Bund (der in solchen Fällen oft zögert, weil er ausländische Regierungen nicht vor den Kopf stossen will) der Bundesanwaltschaft die Erlaubnis zu ermitteln.

Anfang Mai kam es zu einer Polizeiaktion, in die über zwei Dutzend Informatikspezialisten der Bundeskriminalpolizei und der Genfer Kantonspolizei involviert waren. Die Bundesanwaltschaft führte eine Hausdurchsuchung im Luxushotel «Président Wilson» durch.

Schweizer Polizisten vor dem «Président Wilson» Hotel in Genf. 
Schweizer Polizisten vor dem «Président Wilson» Hotel in Genf. 
Bild: KEYSTONE

Beschlagnahmtes Material zeigt, dass das Hotelsystem vom Trojaner Duqu 2.0 infiziert worden ist. Damit bemächtigen sich Cyberangreifer aus der Ferne unter anderem der Überwachungskameras und -mikrofone. Gemäss Informationen des «Tages-Anzeigers» geschah dies im «Président Wilson», aber auch im «Beau-Rivage Palace» in Lausanne, das im Sommer ebenfalls Schauplatz der Atomgespräche war. Ausgespäht wurde auch ein Hotel in Wien, während München, ein weiterer Verhandlungsort, verschont blieb.

Betroffen könnten aber auch Hotels in Montreux sein, wo US-Aussenminister John Kerry und sein iranischer Amtskollege Mohammed Jawad Sarif ebenfalls konferierten. Für die Bundesanwaltschaft dürfte es trotzdem nicht einfach sein, die Täter hinter der Cyberattacke zu finden. Vor allem, weil es nur elektronische Spuren gibt, die wenig zielführend sind. Als wichtiger erachten schweizerische Experten die abschreckende Wirkung. (dwi)

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