Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten versammelte Richard Spencer die Seinen in Washington und hielt eine feurige Rede. Sie endete mit dem Ausruf «Heil Trump». Verschiedene seiner Anhänger hoben dazu ihre Hände zum Hitler-Gruss.
Ein Video dieses Anlasses ging viral und machte Spencer kurzfristig zu einer nationalen Figur. Zuvor hatte er sich schon als Chefideologe der Alt-right-Bewegung profiliert. Diese Bewegung kann man auch als Hipster-Nazis bezeichnen. Sie treten nicht kahl geschoren in Lederjacken und Kampfstiefeln auf, sondern im Stil eines Schwiegersohns, den sich jede Mutter wünscht: adrett und nett.
Inhaltlich jedoch ist die Alt-right-Bewegung tief braun: Sie vertritt die Ansicht, dass verschiedene Rassen unterschiedliche Intelligenzquotienten aufweisen – die Schwarzen natürlich den tiefsten – und will den Weissen eine christliche Heimat sichern.
Die Alt-right-Bewegung gibt sich gerne auch international. So gibt es enge Kontakte zur Bewegung der Identitären und deren Gründer, dem Österreicher Martin Sellner. Spencer rühmte sich auch, mit Alexander Dugin in Verbindung zu sein, dem Vordenker der Rechtsextremen in Russland. Spencers Frau ist Russin und hat Dugins Schriften ins Englische übersetzt. Auf dem Höhepunkt der Alt-right-Bewegung wurde Spencer oft von rechtsextremen Studenten zu Auftritten an Universitäten eingeladen.
Von der Alt-right-Bewegung spricht heute keiner mehr – und Richard Spencer geht es dreckig, sehr dreckig sogar. Und das kam so:
Am 12. August 2017 fand in Charlottesville (Bundesstaat Virginia) eine Demonstration von Neo-Nazis und Rechtsextremen statt. Dabei wurde Heather Heyer, eine junge Frau, von einem Amok-Autofahrer getötet. Die Demonstration löste landesweit Abscheu aus, zumal der damalige Präsident Trump die Rechtsextremen indirekt in Schutz nahm.
Einer der Organisatoren der Demonstration war Richard Spencer. Deswegen hat ein Bundesrichter in Ohio Spencers National Policy Institute zu einem Schmerzensgeld in der Höhe von 2,4 Millionen Dollar verurteilt. Das Geld geht an einen Mann, der bei der Demonstration in Charlottesville schwer verletzt wurde.
Es sollte noch schlimmer kommen. Am 25. Oktober beginnt ein Prozess, den die Opfer von Charlottesville angestrebt haben. Zu den Angeklagten gehört auch Spencer. Er hat dabei schlechte Karten. Sein Anwalt hat sich zurückgezogen, weil er nicht bezahlt wurde. Spencer ist pleite. Auf Facebook und Twitter wird er geblockt. «Deshalb kann ich auch keine Spenden mehr sammeln», klagt er.
Nicht besser ergeht es ihm in seinem Heimatort. Spencer lebt in Whitefish, einer liberalen Stadt im konservativen Bundesstaat Montana. Dort besitzt seine Mutter Sherry Spencer ein Drei-Millionen-Dollar-Sommerhaus. Ursprünglich wollte ihr Sohn in diesem Haus das Hauptquartier seines National Policy Institute einrichten und es zu einem Wallfahrtsort der Rechtsextremen machen.
Das ist gründlich in die Hosen gegangen, wie die «New York Times» berichtet.
Mutter Spencer war nicht glücklich über die politischen Tätigkeiten, mehr noch, sie schämte sich. Deshalb wandte sie sich an die Immobilienmaklerin Tanya Gersh. Diese riet ihr, das Haus zu verkaufen und den Erlös wohltätigen Organisationen zukommen zu lassen.
Ursprünglich wollte Mutter Spencer diesem Rat folgen, doch dann änderte sie ihre Pläne. Anstatt das Haus zu verhökern, veröffentlichte sie auf einer lokalen Plattform einen Artikel, in dem sie Gersh beschuldigte, sie erpressen zu wollen. Dieser Artikel wurde von der rechtsextremen Szene rasch aufgegriffen.
Andrew Anglin, Gründer der rechtsradikalen Website «Daily Stormer», wollte die Gelegenheit beim Schopf packen. Weil Gersh Jüdin ist, startete er eine Hetzkampagne. Gersh wurde mit Hassmails zugemüllt. Auch der örtliche Rabbiner, der ihr zu Hilfe geeilte war, wurde bedroht. Anglin stellt gar eine Demonstration in Aussicht und verschickte Flyer, in denen die Köpfe von Gersh und dem Rabbi in ein Bild mit dem Tor von Auschwitz kopiert worden waren.
Das war definitiv zu viel für das liberale Städtchen Whitefish. Die jüdische Gemeinde und besorgte Bürger begannen sich zur Wehr zu setzen. Mit Erfolg: Am Tag der Demonstration der Neo-Nazis erschien kein Mensch.
Gersh klagte Anglin wegen Verletzung der Privatsphäre und Bedrohung an – und bekam Recht. Ein Richter verurteilte den Neo-Nazi zu einem Schmerzensgeld in der Höhe von 14 Millionen Dollar.
Richard Spencer ist derweil in Whitefish zum Paria geworden. Er kann in keinem Restaurant mehr einen Tisch reservieren. Seine Organisation hat sich aufgelöst – und seine Frau hat sich scheiden lassen.