International
Gesellschaft & Politik

Wahlen in Slowenien: Grünliberale gewinnen

Auch in Slowenien verlieren die Rechtsnationalisten – Grünliberale gewinnen

25.04.2022, 00:47
Mehr «International»

Die neue liberale Partei des Energie-Managers Robert Golob hat die Parlamentswahl in Slowenien gewonnen - und das klarer als erwartet. Der rechtsnationale Ministerpräsident Janez Jansa verliert damit nach nur etwas mehr als zwei Jahren sein Amt. Golobs Freiheitsbewegung (GS) kam am Sonntag nach Auszählung von 98 Prozent der abgegebenen Stimmen auf 34 Prozent und 40 der 90 Parlamentsmandate, wie die Staatliche Wahlkommission mitteilte. Jansas Partei SDS brachte 24 Prozent der Wähler hinter sich und errang damit 28 Mandate.

Nur drei weitere Parteien, die konservative Neues Slowenien (NSi, 7 Prozent, 8 Mandate), die Sozialdemokraten (SD, 7 Prozent, 8 Mandate) und die Linkspartei Levica (4 Prozent, 5 Mandate) übersprangen ebenfalls die Vier-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins Parlament massgeblich ist. Je ein Parlamentssitz ist Vertretern der italienischen und der ungarischen Minderheit vorbehalten.

Pedestrians walk past electoral poster of Robert Golob, a liberal candidate, in Ljubljana, Slovenia, Thursday, April 21, 2022. The vote on Sunday April 24 in Slovenia will be held amid heightened poli ...
Passantinnen vor einem Wahlplakat von Robert Golob in Ljubljana, Slowenien. Bild: keystone

Mit dieser Mandatsverteilung kann Golob mit den Sozialdemokraten eine Mehrheit bilden. Jansa dagegen hat zusammen mit der NSi, seinem traditionellen Koalitionspartner, derweil keine Mehrheit auf seiner Seite. Die Wahlbeteiligung lag bei 68 Prozent - sie war damit höher als bei jeder anderen Wahl in Slowenien seit 22 Jahren.

Golob verbrachte den Wahltag aufgrund einer Corona-Ansteckung in häuslicher Isolation in seiner Heimatstadt Nova Gorica. Per Videoschalte wandte sich der 55-Jährige am Abend an seine Anhänger, die in einem Club in der Hauptstadt Ljubljana den Wahlsieg feierten. «Die Menschen vertrauen wirklich darauf, dass wir die einzigen sind, die in der Lage sind, die Hoffnung auf Veränderungen zu erfüllen», sagte Golob. Zunächst werde getanzt, doch am Montag beginne ein neuer Tag und damit die harte Arbeit.

Jansa akzeptierte die Wahlniederlage und erklärte, mit seiner Partei als «staatstragende Opposition» auftreten zu wollen. Dem 63 Jahre alten Veteran der slowenischen Politik wird vorgeworfen, die Freiheit der Medien zu unterdrücken und die unabhängige Justiz zu beschädigen.

Er war bereits von 2004 bis 2008 und von 2012 bis 2013 Ministerpräsident. Die Ressourcen der Regierung nutzte er für den Wahlkampf der SDS. Politische Gegner und Journalisten greift er immer wieder über den Kurznachrichtendienst Twitter unflätig an. Die von seinen Leuten kontrollierte Polizei überzog friedliche Demonstranten häufig mit juristisch fragwürdigen, empfindlichen Geldstrafen.

Jansa, während des kurzen slowenischen Unabhängigkeitskrieg im Sommer 1991 Verteidigungsminister, ist ein enger Verbündeter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Ungarische Geschäftsleute, die von Orban abhängen, finanzieren seit Jahren Fernsehstationen, Zeitungen und Onlineportale der SDS. Unter Jansa näherte sich das EU-Land Slowenien der «illiberalen» Achse an, die die EU-skeptischen Regierungen in Budapest und Warschau bilden.

Jansa wurde Anfang 2020 durch den Zerfall der 2018 gebildeten Mitte-Links-Koalition wieder Regierungschef. Abgeordnete zweier Kleinparteien waren zu Jansa übergelaufen, er konnte so mit einer Rechts-Koalition eine hauchdünne Mehrheit hinter sich vereinen.

Sein Herausforderer Golob studierte Elektrotechnik und stieg mit einem eigenen Start-up in den Stromhandel ein. Seit 2006 und bis vor kurzem war er Generaldirektor des staatlichen Stromhandelsunternehmens Gen-I. Jansa veranlasste Ende vergangenen Jahres, dass sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Daraufhin übernahm Golob eine kleine Grünpartei und formte sie zur nun siegreichen Freiheitsbewegung um. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Kältezeit für Flüchtlinge: Das Flüchtlingscamp Brezice, Slowenien
1 / 15
Kältezeit für Flüchtlinge: Das Flüchtlingscamp Brezice, Slowenien
Freiwillige des slowenischen Roten Kreuzes werfen den Flüchtlingen im Flüchtlingslager Brezice Wasser über den Zaun.
quelle: epa/epa / antonio bat
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nutella-Gate: Schlechtere Qualität in Osteuropa?
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
stormcloud
24.04.2022 21:42registriert Juni 2021
Das wäre zu hoffen. Von den Rechts-Nationalen haben wir schon viel zu viele...
642
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lil-Lil
24.04.2022 23:03registriert Februar 2021
Ist das endlich eine Trendwende gegen den aufkeimenden Nationalismus in Europa? Es wäre so zu hoffen.
621
Melden
Zum Kommentar
5
Hochrechnungen: Regierungspartei in Kroatien bei Parlamentswahl vorne

Bei der Parlamentswahl in Kroatien am Mittwoch ist die bürgerliche Partei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenkovic nach Hochrechnungen auf Basis von vorläufigen Teilergebnissen stärkste Kraft geworden, hat aber die absolute Mehrheit für eine Regierungsbildung verfehlt.

Zur Story