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Kontakt mit «unbekannter Substanz»: Terrorabwehr ermittelt in England

Kontakt mit «unbekannter Substanz»: Terrorabwehr ermittelt in England

04.07.2018, 08:4804.07.2018, 15:47
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Wenige Monate nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal sorgt ein ähnlich mysteriöser Fall in Grossbritannien für Aufregung: In einem Haus in Südengland wurden zwei Menschen, die einer «unbekannten Substanz» ausgesetzt waren, bewusstlos in lebensbedrohlichem Zustand gefunden.

Der Ort des Geschehens liegt nur etwa zwölf Kilometer von Salisbury entfernt, wo Skripal und seine Tochter im März mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden waren. Die britische Terrorabwehr wurde nun eingeschaltet.

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Polizisten schirmten im März die Strasse zum Haus der Skripals ab.Bild: AP/AP

Die Ermittler blieben in dem aktuellen Fall im Dorf Amesbury, wo ein Mann und eine Frau bereits am Samstag bewusstlos in einem Haus gefunden worden waren, vorsichtig. Die Polizei der Grafschaft Wiltshire bewertete den Vorfall am Mittwoch zwar als «schwerwiegend» und die Orte, an denen sich die beiden etwa 40-Jährigen aufgehalten hatten, wurden abgesperrt.

Die Polizei traf zunächst aber keine Aussagen darüber, ob es sich um einen üblichen Kriminalfall oder um einen zweiten Fall Skripal handeln könnte. Angus Macpherson von der Polizei Wiltshire sagte, es gebe «keinen Grund zu denken», dass es eine Verbindung zum Fall Skripal gebe.

Mehrere Orte abgeriegelt

Vieles erinnerte aber an die Tage nach der Vergiftung des russischen Ex-Geheimagenten Skripal und seiner Tochter, wofür London später die russische Regierung verantwortlich machte. Der 66-jährige Skripal und seine 33-jährige Tochter Julia wurden ebenfalls bewusstlos gefunden - auf einer Bank mitten in Salisbury.

Mehrere Orte, an denen sich beide aufgehalten hatten, wurden abgeriegelt. Wie damals wurden auch nun Proben zur Untersuchung an das Chemie-Labor des britischen Militärs in Porton Down geschickt, wie britische Medien berichteten.

Beamte der britischen Terrorabwehr untersuchten den Fall in Amesbury gemeinsam mit der Polizei von Wiltshire, wie die Polizei am Mittwoch weiter mitteilte. Ein Sprecher fügte hinzu, da die aufgetretene Substanz unbekannt sei, sei die Zusammenarbeit mit der Terrorabwehr eine «arbeitstechnische» Massnahme.

Der Mann und die Frau würden wegen «mutmasslichen Kontakts mit einer unbekannten Substanz» im Spital in Salisbury behandelt. Das Paar schwebt demnach in Lebensgefahr. Es ist dasselbe Spital, in dem auch die Skripals behandelt worden waren.

In Amesbury und Salisbury wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Auch die Baptisten-Kirche von Amesbury, wo das Paar am Samstag bei einer Feier gewesen war, wurde abgesperrt. Kirchensekretär Roy Collins sagte vor Journalisten, an der Veranstaltung hätten rund 200 Leute teilgenommen, aber «niemand sonst hat irgendwelche Krankheitsanzeichen».

Wohl keine Gefahr für breite Öffentlichkeit

Auch die britischen Gesundheitsbehörden gehen nach Angaben eines Sprechers nicht davon aus, dass eine «erhebliche Gesundheitsgefahr für die breite Öffentlichkeit» besteht. Diese Einschätzung werde im Falle neuer Erkenntnisse jedoch angepasst.

Die Polizeibeamten waren nach eigenen Angaben zunächst davon ausgegangen, dass der Mann und die Frau verunreinigte Drogen wie Heroin oder Crack genommen hatten. Das bewusstlose Paar wurde in einem ruhigen Neubau-Viertel in Amesbury entdeckt, das in der Nähe der prähistorischen Stätte Stonehenge liegt.

Skripal und seine Tochter waren am 4. März bewusstlos in Salisbury gefunden worden und lagen danach wochenlang im Spital. Die britische Regierung macht Russland für den Giftanschlag mit dem Nervengift der Nowitschok-Gruppe verantwortlich. Moskau weist die Vorwürfe vehement zurück. Der Fall führte zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Russland und Grossbritannien. (sda/afp)

Russland ist «höchstwahrscheinlich» verantwortlich

Video: srf
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2 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wilhelm Dingo
04.07.2018 15:36registriert Dezember 2014
Der Ablauf prognostizeire ich wie folgt:

1. Nach einigen Tagen verkündet GB die Schuld der Russen.
2. Russland dementiert.
3. Es werden weitere Sanktionen gegen Russland ergriffen und die antirussiche Stimmung weiter aufgeheizt.
4. Nach einigen Wochen erscheit ein Bericht in welchem eine Beteiligung Russlands nicht vorkommt.
5. Die Sanktionen bleiben und das Feindbild Russland wurde weiter gestärkt.
6. Nach weiteren ähnlichen Vorkommnissen ist die Situation derart aufgeheizt, dass militärische Optionen nächer rücken.
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