Weil es die amtierende Premierministerin Theresa May so will. Sie kündigte am 18. April vorgezogene Neuwahlen an. Die Legislaturperiode des jetzigen Parlaments würde eigentlich noch bis zum Sommer 2020 dauern. Da Mays Konservative im Parlament über die absolute Mehrheit verfügen, war die Premierministerin zu diesem Schritt in keiner Weise gezwungen.
Sie wollte mit dem Entscheid allerdings die Gunst der Stunde nutzen: Ihre Umfragewerte waren im April ausgesprochen günstig.
May möchte ihre Position als Premierministerin stärken und sich mit einer deutlichen Mehrheit – derzeit beträgt sie nur vier Sitze – für die schwierigen Austrittsverhandlungen mit der EU absichern. Je grösser die Mehrheit der Tories, desto geringer der Einfluss von parteiinternen Hardlinern, so Mays Kalkül.
Bei den letzten Wahlen waren die Tories – so werden die britischen Konservativen genannt – noch mit Mays Vorgänger David Cameron angetreten. Cameron, der sich wie May für einen Verbleib in der EU ausgeprochen hatte, war nach dem Ja zum Brexit zurückgetreten.
Von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr stehen die Wahlurnen allen volljährigen britischen Staatsbürgern offen sowie in Grossbritannien wohnhaften Bürgern Irlands und der Commonwealth-Staaten, sofern sie sich für die Wahl haben registrieren lassen. Gewählt werden alle 650 Mitglieder des House of Commons, des Unterhauses des Parlaments in Westminster. Die Wahl wird in 650 Wahlkreisen in England, Schottland, Wales und Nordirland entschieden.
In jedem Wahlkreis ist derjenige Kandidat gewählt, der am meisten Stimmen erzielt. Bei diesem «first past the post» genannten System entspricht die Anzahl Parlamentssitze einer Partei nicht deren Stimmenanteil. So eroberten die Tories 2015 mit einem Stimmenanteil von 36,9 Prozent eine absolute Mehrheit der Sitze. Die Anti-EU-Partei UKIP hingegen gewann mit 12,7 Prozent der Stimmen bloss einen einzigen Sitz.
Amtsinhaberin Theresa May ist die Favoritin. Obwohl sie sich vor der Brexit-Kampagne gegen einen EU-Austritt ausgesprochen hatte, ist sie seither zumindest in der Öffentlichkeit auf eine kompromisslose Verhandlungslinie eingeschwenkt und propagiert einen «harten Brexit». Im Wahlprogramm der Tories heisst es dazu: «No deal is better than a bad deal». Bevor sie Premierministerin wurde, war Theresa May während sechs Jahren als Innenministerin für die Sicherheitsbehörden zuständig.
Ihr Herausforderer ist Oppositionsführer Jeremy Corbyn, der Chef der Labour Party. Er wurde nach der Wahlniederlage seiner Partei 2015 mit breiter Unterstützung insbesondere von Jungen und Gewerkschaftsmitgliedern zum Labour-Chef gewählt.
Die meisten Labour-Parlamentarier halten Corbyns pointiert linke Positionen allerdings für zu extrem. Nach der Brexit-Abstimmung warfen sie Corbyn vor, der die Politik der EU während Jahren scharf kritisiert hatte, zu wenig engagiert für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU gekämpft zu haben. Bei einer erneuten Abstimmung über den Parteivorsitz wurde Corbyn letztes Jahr mit 62 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.
Als Theresa May Mitte April Neuwahlen ausrief, lagen ihre Konservativen in sämtlichen Umfragen mit deutlichem Vorsprung von 15 und mehr Prozentpunkten vorne. Im Laufe des Wahkampfs schmolz dieser Vorsprung und Labour konnte aufholen. Ende letzter Woche sagten einzelne ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Labour und Tories voraus. Die meisten Umfrageinistitute sehen die Konservativen indes weiterhin in Führung, wie diese aus mehreren Umfragen aggregierte Übersicht der Website Britain Elects zeigt:
Weil sie weder den in seiner Deulichkeit überraschenden Wahlsieg der Konservativen 2015 noch das Ja zum Brexit vorausgesagt haben, hat der Ruf der britischen Umfrageinstitute gelitten. Ausserdem macht es das Wahlsystem schwierig, Prognosen über die Sitzverteilung zu treffen.
Ein Blick auf die Quoten der Buchmacher zeigt, dass die wettverrückten Briten auf eine absolute Mehrheit für die Tories setzen. Mehr Geld gewinnt, wer auf ein «Hung Parliament», also ein Parlament ohne absolute Mehrheit für eine einzelne Partei setzt. Wer gar auf einen Labour-Sieg mit absoluter Mehrheit setzt, erhält das 16-fache seines Einsatzes zurück.
Der Queen obliegen als Staatsoberhaupt wichtige Aufgaben bei der Neubestellung von Parlament und Regierung. Sie hat nimmt allerdings keinen politischen Einfluss, sondern beschränkt sich auf eine zeremonielle Rolle. Elizabeth II war es, die auf Antrag von Theresa May hin das Parlament offiziell auflöste. Die Monarchin wird auch nach den Wahlen diejenige Person darum bitten, in ihrem Namen («Her Majesty’s Government») eine neue Regierung zu bilden, welche im Parlament über das grösste Vertrauen verfügt.
Im Normalfall fällt diese Aufgabe dem Chef der wählerstärksten Partei zu. Auch bei einem «Hung Parliament» ohne klare Regierungsmehrheit wäre es nicht die Queen, welche eine Koalitionsregierung zusammenstellt. Sie würde auf Ratschlag der amtierenden Regierungschefin Theresa May einem Parlamentsmitglied den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen.