Vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag hat am Mittwoch der Angeklagte Slobodan Praljak Gift getrunken, als die Richter die 20-jährige Haftstrafe gegen ihn bestätigten. Praljak starb später im Spital.
Der 72-Jährige Praljak sei gestorben, berichtete das kroatische Staatsfernsehen. Das UNO-Kriegsverbrechertribunal hatte zuvor die im Mai 2013 verhängte Haftstrafe von 20 Jahren gegen ihn bestätigt.
Praljak hatte nach seiner Verurteilung gerufen: «Slobodan Praljak ist kein Kriegsverbrecher. Ich weise Ihr Urteil zurück.» Dann hatte er im Gerichtssaal aus einer kleinen Flasche oder einem Glas getrunken, in dem sich nach seinen Worten Gift befand. Richter und Anwälte reagierten bestürzt.
Während des Bosnienkrieges (1992-1995) war Praljak Militärchef der bosnischen Kroaten. In dem Berufungsverfahren am Mittwoch vor dem UNO-Tribunal erfolgte die Urteilsverkündung gegen fünf weitere ehemalige politische und militärische Führer der bosnischen Kroaten während des Bosnienkriegs.
Ausser Praljak handelt es sich um den ehemaligen «Regierungschef» der selbstproklamierten bosnisch-kroatischen Republik Herceg-Bosna, Jadranko Prlic, den ehemaligen Verteidigungsminister Bruno Stojic sowie drei Militärs.
Gegen den 58-jährigen Hauptangeklagten Prlic wurde die 25-jährige Haftstrafe aufrecht erhalten. Es sollte das letzte Urteil des Tribunals sein, das nach 24 Jahren zum Jahresende seine Arbeit abschliesst. Es setzte am Nachmittag die wegen Praljak unterbrochene Sitzung fort.
Das UNO-Tribunal war das erste internationale Gericht für Urteile wegen Kriegsverbrechen in Europa nach 1945. Ex-Serbenführer Radovan Karadzic wurde 2008 an Den Haag ausgeliefert. 2016 wurde er unter anderem für den Völkermord von Srebrenica zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Der militärische Chef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, war 2011 gefasst worden. Gegen den Ex-General verhängten die Richter erst in der vergangenen Woche eine lebenslange Haftstrafe.
Heute steht niemand mehr auf der Fahndungsliste des UNO-Gerichts. Zu den 84 Verurteilten gehören die militärisch und politisch Verantwortlichen der schlimmsten Verbrechen. (sda/afp/dpa/reu)