Nach den mutmasslichen Angriffen auf zwei Tanker im Golf von Oman halten sich Experten mit schnellen Schuldzuweisungen zurück. Die Darstellung der US-Regierung, der Iran stecke hinter den Attacken, müsse möglichst unabhängig überprüft werden, erklärten mehrere Fachleute der Nachrichtenagentur DPA.
Dass nun mehrfach zivile Schiffe in Zwischenfälle verwickelt worden seien, erschwere dabei die Untersuchung. «Es gibt auf Handelsschiffen für so gut wie jede Art von Zwischenfällen Regeln, wie die Crews an Bord damit umgehen sollen - zum Beispiel bei einem Feuer», sagte ein Fachmann aus der Seeschifffahrt in Hamburg.
«Zivile Schiffe sind im Normalfall aber nicht für solche Angriffe gerüstet, wie wir sie jetzt im Golf von Oman erleben. Angriff und Verteidigung sind Kategorien des Militärs, nicht der Handelsschifffahrt.»
Das vom US-Militär veröffentlichte Video, das iranische Kräfte beim Abbau einer nicht explodierten Haftmine von der Bordwand eines attackierten und dann von der Mannschaft verlassenen Schiffes zeigen soll, müsse erst durch weitere Details belegt werden, sagte ein anderer Experte. «Sind das Iraner, ist es das Schiff? Das kann ich nicht sagen.»
Die frühere Untersuchung der Angriffe auf Handelsschiffe in dem Seegebiet vor vier Wochen sei insgesamt unbefriedigend geblieben, weil keine klare Schuldzuweisung möglich gewesen sei, hiess es aus Sicherheitskreisen. «Man ist nicht schlauer zurückgekommen.»
Aussagen von Seeleuten der Handelsschiffe seien grundsätzlich nur bedingt zur Aufklärung geeignet, sagte ein Spezialist. «400 Meter Stahl und 20 Mann Besatzung. Wenn es knallt, laufen alle durcheinander oder bringen sich in Sicherheit. Auf einem Schiff der Marine würde es sofort eine Schadensanalyse geben.»
Die Uno-Schifffahrtsorganisation Imo kündigte an, die Aufklärung der jüngsten Zwischenfälle zu begleiten. «Ich werde die Ergebnisse der Untersuchung sorgfältig überprüfen, sobald sie fertig sind, und in Betracht ziehen, ob weitere Schritte der Imo angezeigt sind», erklärte Imo-Generalsekretär Kitack Lim.
Das sei der richtige Ansatz, sagte ein Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder in Hamburg. «Wenn die Staaten jetzt in der Strasse von Hormus den Schutz der Handelsschiffe nicht mit diplomatischen oder auch militärischen Mitteln gewährleisten können, dann würde das möglicherweise nicht nur für deutsche Reeder Konsequenzen bis hin zu einer Umleitung des Schiffsverkehrs haben.» (aeg/sda/dpa)