Jetzt gilt es wieder Ernst: Die USA wollen die Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft setzen. Ab heute Mitternacht (6 Uhr Schweizer Zeit) sollen die Strafmassnahmen wieder gelten. Sie sind ein Folge der Aufkündigung des internationalen Atomdeals, die US-Präsident Donald Trump im Mai einseitig ausgerufen hatte.
Was du dazu wissen musst:
Trump hatte den Vertrag mit dem Iran als «desaströs» bezeichnet. Durch den von Obama ausgehandelten Deal waren einige Sanktionen gegen das Land ausgesetzt worden. Aus Trumps Sicht hätte das nie passieren dürfen, weil so die Nahost-Politik des Irans nicht beeinflusst werden könne. Trump sprach zudem vor wenigen Tagen von einem «brutalen Regime» im Iran – dem «niemals erlaubt werden darf, eine Atomwaffe zu besitzen». Das hätte der Atomdeal nicht verhindern können.
Nun, genau mit diesem Ziel war das Atomabkommen ja geschlossen worden. Und es funktionierte. Jedenfalls bescheinigte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) dem Iran immer wieder, die Auflagen einzuhalten. Und auch Experten kritisieren Trumps Umgang mit dem Iran-Abkommen. Der Autor des Buches «The Art of Sanctions» («Die Kunst der Sanktionen»), Professor Richard Nephew von der Columbia-Universität in New York, hält die erneuten Strafmassnahmen nicht für sinnvoll. «Der Iran hielt sich an das Abkommen», sagt er der Nachrichtenagentur DPA. Es sei überhaupt nicht im Interesse der USA, das Abkommen mit Sanktionen zu untergraben.
Nein, im Fokus der USA ist längst nicht nur um das iranische Nuklearprogramm. Sie wollen den aus Trumps Sicht destabilisierenden Einfluss Teherans im Nahen Osten zurückdrängen, wo die iranische Regierung in zahlreichen blutigen Konflikten mitmischt: Sie unterstützt Syriens Präsidenten Baschar Al-Assad, die Hisbollah im Libanon, die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas im Gaza-Streifen, militante Schiiten-Gruppen im Irak und die Huthi-Rebellen im Bürgerkrieg im Jemen.
Professor Nephew meint weiter, die Trump-Regierung beabsichtige, so viel Unzufriedenheit im iranischen Volk zu schüren, dass die Regierung in Teheran zu Zugeständnissen gezwungen werde, sagt Nephew. Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Sanktionen den Menschen im Iran «echten Schaden» zufügten. «Inflation, Arbeitslosigkeit, auf diesen Wegen wird die iranische Bevölkerung am meisten geschädigt werden.»
Schlecht. Der Iran steckt bereits jetzt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Die Landeswährung Rial hat dramatisch an Wert verloren, die Inflation steigt. Die wirtschaftliche Lage sorgt – ganz im Sinne der USA – schon jetzt für wachsende Kritik im iranischen Volk an der Nahostpolitik der Führung des Landes.
Die politische Unterstützung der EU – die das Atomabkommen retten möchte – nützt dem Iran wenig. Europäische Firmen und Banken haben keine Interesse daran, ihre US-Geschäfte aufs Spiel zu setzen. Lieber ziehen sie aus dem Iran ab.
Zunächst wollen die USA erreichen, dass der Iran keine US-Dollar erwerben und nicht mehr mit Gold und Edelmetallen handeln kann. Auch der Handel mit bestimmten Metallen, Rohstoffen und Industriesoftware soll unterbunden werden. Zudem werden der Import iranischer Lebensmittel und Teppiche in die USA untersagt.
Im November – in 90 Tagen – sollen dann besonders schmerzhafte Sanktionen wieder eingesetzt werden, mit deren Hilfe die Ölimporte anderer Länder aus dem Iran auf Null reduziert werden sollen. Gleichzeitig soll der internationale Zahlungsverkehr mit dem Land lahmgelegt werden.
Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat mehrfach damit gedroht, bei einem US-Ölembargo die Strasse von Hormus zu schliessen und damit den internationalen Ölexport am Persischen Golf zu blockieren. Dann wäre womöglich auch ein militärischer Konflikt am Golf nicht mehr ausgeschlossen. Die Amerikaner sollten wissen, «dass Frieden mit dem Iran die Mutter aller Frieden ist», sagte Ruhani kürzlich. «Genauso wie ein Krieg die Mutter aller Kriege wäre.»
Zwar sind Unternehmen aus der Schweiz im Prinzip nicht dazu verpflichtet, sich an US-Sanktionen zu halten. Aber: Die USA würden diese Firmen dann aber von Geschäften in Amerika ausschliessen, dem weitaus wichtigeren Markt.
Im Iran dürften von der Krise erst einmal die Hardliner und die Revolutionsgarden profitieren. Sie waren von Anfang an gegen Ruhanis Reformpolitik und besonders gegen das Atomabkommen. Obwohl die Hardliner in den letzten fünf Jahren Niederlagen bei vier Wahlen hinnehmen mussten, wittern sie jetzt ihre Chance, an die Macht zurückzukehren. (sda/dpa/mlu)