Am Ende blieb nur noch einer übrig: Ashton Carter, 60 Jahre, Demokrat, ein Mann der Pentagon-Bürokratie. US-Präsident Barack Obama wird Carter in den nächsten Tagen für den Posten des Verteidigungsministers nominieren, so berichten es diverse US-Medien – wenn nicht noch «Komplikationen in letzter Minute» dazwischen kämen, so CNN. Die US-Regierung will die Berichte bisher nicht bestätigen. Carter galt auch im Jahr 2012 schon einmal als Anwärter aufs Pentagon.
Der Posten ist vakant, seitdem der Präsident den Republikaner Chuck Hagel in der letzten Woche gewissermassen rauswarf, der ihm knapp zwei Jahre als Wehrminister gedient hatte. Der Hintergrund: Hagel hatte Obamas Strategie gegen die Terrormilizen des «Islamischen Staats» (IS) kritisiert, forderte klarere Linien und auch einen Plan im Umgang mit Syriens Diktator Baschar al-Assad. Indirekt beklagte Hagel damit die Allmacht des Weissen Hauses.
Denn dort wird seit Jahren die Aussen- und Sicherheitspolitik im kleinsten Kreis konzipiert, Stichwort «Mikromanagement». Obama vertraut dabei auf eine Gruppe um seine nationale Sicherheitsberatern Susan Rice, nicht aber auf Hagel oder Aussenminister John Kerry. Die beiden sind und waren meist aussen vor.
Wird sich das durch Ashton Carter ändern? Damit ist nicht zu rechnen, denn Carter ist kein neues Gesicht. Vielmehr setzt Obama mit ihm auf den Typus Manager, einen sehr fähigen Technokraten mit einem Doktortitel in Physik. Ein Mann, der sich in der Riesen-Bürokratie des Pentagons exzellent auskennt.
Von 2011 bis 2013 diente er als stellvertretender Verteidigungsminister sowohl unter Hagel als auch unter dessen Vorgänger Leon Panetta. Zuvor war er als Staatssekretär für Technologie und Materialbeschaffung zuständig, also der Top-Waffenkäufer des Pentagon. Carter gilt ausserdem als Nuklearexperte, arbeitete schon unter Ex-Präsident Bill Clinton zu diesem Thema im Pentagon.
Seine Hauptaufgaben werden der Kampf gegen den IS sein, das Management der Ukraine-Krise, der Truppenabzug aus Afghanistan – und vor allem der Umgang mit den andauernden Budget-Einschnitten, die der Kongress beschlossen hat.
Obama hat sich einen Minister gesucht, der seine Politik exekutiert und sie nicht hinterfragt. Schon vorher waren zwei Kandidaten abgesprungen, die hoch gehandelt wurden und bei Obama entsprechend im Kurs standen: Michèle Flournoy, einst Pentagon-Staatssekretärin und enge Mitarbeiterin des Ministers Panetta, sowie Jack Reed, Demokraten-Senator aus dem kleinen Ostküstenstaat Rhode Island.
Denn klar ist: Wer diesen Job jetzt antritt, der hält ihn wohl nur für die nächsten zwei Jahre, bis zum Ende der Präsidentschaft Obamas. Das ist nicht gerade ein Karrieresprungbrett. Hinzu kommt die schwierige Mehrheitslage im Kongress: Obama nominiert zwar den Ministerkandidaten, der US-Senat aber muss die Personalie bestätigen.
Schon im Falle Hagels zogen sich die Anhörungen auf dem Kapitolshügel über Wochen, die Republikaner trieben ihren Parteifreund wieder und wieder in die Enge. Und damals hatten noch die Demokraten die Mehrheit in der oberen Kongresskammer. Das ist im Januar passé, wenn das neue Parlament zusammentritt.
Auch deshalb erscheint Carter, der selbst nie als Soldat diente, als geeigneter Kandidat. Er steht sowohl bei Demokraten als auch Republikanern in gutem Ansehen, fachlich ist ihm kaum etwas vorzuhalten. Obamas anderer verbliebener Kandidat für den Posten, der gegenwärtige Heimatschutzminister Jeh Johnson, hätte es da weit schwieriger gehabt. Schliesslich war es Johnson, der Obama juristisch bei den jüngsten Exekutivanordnungen zur Immigration zugearbeitet hatte, die die Republikaner mit allen Mitteln bekämpfen wollen.
Zudem hätte Obama bei der Variante Johnson wiederum einen Nachfolger fürs Heimatschutzministerium finden und durch den Senat bringen müssen.