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Die Erschiessung eines am Boden liegenden palästinensischen Angreifers durch einen Soldaten wühlt Israel noch immer auf. Am Montag entschied ein Militärgericht, den 19-jährigen Armeeangehörigen wegen Totschlags anzuklagen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist aufgeheizt, viele empfinden es als ungerecht, dass ein Soldat für die Liquidierung eines «Terroristen»* belangt werden kann.
Am Dienstag fand in Tel Aviv auf dem Rabin-Platz eine Kundgebung für den angeklagten Soldaten statt. Dabei entstand ein Bild, das seither in den Sozialen Medien die Runde macht.
Eine Demonstrantin hält ein Plakat in die Höhe, auf dem «KILL THEM ALL» (Tötet sie alle!) steht. Auf Twitter gehen einige davon aus, dass damit Araber im Allgemeinen gemeint sind – was einem Aufruf zum Genozid gleichkäme.
UK: Silent about protest in Tel Aviv calling for the death of all Arabs-"Kill them all" literally-but outraged about a leftie NUS president.
— Zainab (@ZaiNoted) 20. April 2016
Supporters of a soldier who murdered a wounded Palestinian demonstrate in tel aviv carrying "kill them all" signs. Talk about incitement!
— Amb Maen Areikat (@Amb_Areikat) 20. April 2016
Over 3000 Israelis in liberal TelAviv rally for a common cause. "Kill them all" sign referring to Arabs and leftists https://t.co/aDyWcDCziy
— Hosam (@hosamindeed) 19. April 2016
Trita Parsi, Vorsitzender des National Iranian American Council in Washington D.C. erinnerte das Foto an eine Unterhaltung mit einem israelischen General:
An Israeli general once told me his greatest fear: The occupation would cause Israeli society to lose its morality pic.twitter.com/GzIaa9Hxdx
— Trita Parsi (@tparsi) 20. April 2016
Wie so oft erzählt ein Bild nicht die ganze Geschichte. Das Schild, das besagte Demonstrantin in die Höhe hielt, war beidseitig beschrieben:
«Zuviele Terroristen im Gefängnis», hiess es auf der Vorderseite. Die Aufforderung «Tötet sie alle!» richtet sich demnach nicht an alle Araber, sondern an jene, die israelische Soldaten und Zivilisten angreifen. Eine solche Haltung ist keineswegs mit einem Rechtsstaat vereinbar, aber sie entspricht auch keiner Aufforderung zum Genozid. Laut der Zeitung «Times of Israel» sei das Plakat «innert Minuten entfernt» worden.
Sollte dadurch der Eindruck entstehen, dass diese Frau sich komplett ausserhalb des israelischen Mainstreams bewegt, wäre das allerdings auch falsch. Bei einer Veranstaltung für den angeklagten Soldaten in dessen Heimatort Anfang April erhielt er Unterstützung von einem Abgeordneten der regierenden Likud-Partei.
Nicht dass es in Israel keine Leute gäbe, welche die Erschiessung aller Araber fordern und sich auch nicht scheuen, dies in die Kamera zu sagen: «Jeder Araber verdient eine Kugel in den Kopf», sagte ein jüdischer Extremist im Anschluss an die Veranstaltung im Heimatort des Angeklagten.
Der Hass dieser Leute richtet sich allerdings nicht nur gegen Araber und arabische Angreifer und Terroristen, sondern zunehmend auch gegen die Regierung Netanjahu. Diese war von der Unterstützung für den Soldaten aus der Bevölkerung auf dem falschen Fuss erwischt worden. In einer Umfrage eines israelischen TV-Senders sprachen sich 57 Prozent gegen eine Verhaftung des Soldaten aus – geschweige denn eine Verurteilung oder Anklage. Netanjahu betont seither unablässig, dass er ein faires Verfahren erhalten werde und alle Faktoren berücksichtigt würden.
Besondere Verachtung schlägt Verteidigungsminister Moshe Ya’alon entgegen. Er macht sich Sorgen um das Image der israelischen Armee, wenn breite Bevölkerungsschichten das Verhalten des besagten Soldaten gutheissen. Diese verglich er indirekt mit dem «IS», der für seine Exekutionen bekannt ist. Der Vergleich erscheint im Widerspruch zu früheren Aussagen Ya'alons. Nach einer Messerattacke 2014 hatte er etwas kryptisch gesagt, dass «alle Terroristen getötet werden müssen», «abhängig von den Umständen».
* Der Autor verzichtet in diesem konkreten Zusammenhang auf die Bezeichnung «Terrorist», wie sie in Israel üblich ist. Der besagte Vorfall ereignete sich in Hebron, also im besetzten Westjordanland. Der Angriff galt nicht Zivilisten, sondern Soldaten, also Angehörigen einer Besatzungsarmee. Das mag den Angriff nicht rechtfertigen, gleichzeitig erscheint die Bezeichnung «Terrorist» übertrieben.