In der italienischen Hafenstadt ist am Dienstagvormittag eine vierspurige Autobahnbrücke zusammengebrochen. Nach Angaben der Feuerwehr brach die etwa 50 Meter hohe Brücke an der A10 gegen 11.30 Uhr auf einer Länge von 100 bis 200 Meter zusammen.
Bei der eingestürzten Brücke handelt es sich um den Polcevera-Viadukt auf der Autobahn A1. Der Viadukt, im Volksmund nach dem Architekten Riccardo Morandi auch Ponte Morandi genannt, gehört zur Hauptverkehrsader, die an die Riviera und nach Südfrankreich führt. Er überquert unter anderem Gleisanlagen und ein Gewerbegebiet im Westen von Genua.
#BREAKING: Aerial images of the bridge collepse in #Genua #Italy
— Amichai Stein (@AmichaiStein1) 14. August 2018
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Bis zum frühen Morgen lag die Zahl der offiziell bestätigten Todesopfer laut italienischer Nachrichtenagentur Ansa bei 31. Unter den Opfern seien auch drei Minderjährige im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. Die Einsatzkräfte hatten am Dienstag bereits von mindestens 35 Todesopfern gesprochen. Regierungschef Giuseppe Conte sagte am Abend in Genua, dass die Zahlen steigen dürften.
Über allfällige Schweizer Opfer lagen dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstagnachmittag keine Informationen vor, wie es auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA mitteilte. Das Generalkonsulat der Schweiz in Mailand stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden.
Die Rettungskräfte wollten in der Nacht weiter suchen, sagte am Abend der Einsatzleiter des Zivilschutzes, Luigi D'Angelo. «Wir werden nicht aufhören zu suchen», sagte D'Angelo. Elf Überlebende waren bislang aus den Trümmern geborgen worden, sagte Bürgermeister Marco Bucci gegen Abend dem Fernsehsender SkyTG24.
Mehr als 300 Rettungskräfte waren nach Angaben der Feuerwehr im Einsatz. In der Nähe der Brücke wurden nach dem Einsturz vorsichtshalber Gebäude evakuiert. Es bestehe das Risiko, dass weitere Teile einbrechen, berichtete Ansa unter Berufung auf Rettungskräfte vor Ort. Drei Spitäler in Genua wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Mehr als 400 Menschen seien obdachlos, erklärte der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Edoardo Rixi
Die Ursache des Brückeneinsturzes ist weiterhin unklar. Der Betreiber teilte auf seiner Website mit, auf der Brücke habe es Instandhaltungsarbeiten gegeben. Dazu sei ein Kran zu der Baustelle gebracht worden. Der Zustand der Brücke sowie der Fortgang der Renovierung seien immer wieder kontrolliert worden.
Erst wenn ein gesicherter Zugang zur Unfallstelle möglich sei, könne Näheres über die Ursachen des Einsturzes gesagt werden, teilte das Unternehmen weiter mit.
Zum Zeitpunkt des Zusammensturzes regnete es heftig und es ging ein kräftiger Wind. Deshalb wird darüber spekuliert, welche Rolle das Wetter beim Unglück spielte. «Schon am Morgen tanzte die Brücke», erzählte Maurizio Ruggiero einer Lokalzeitung. Er fahre fast täglich über die Brücke, führte Ruggerio aus, und sei daran gewöhnt, «dass sie häufig schwingt». Doch am Morgen vor der Katastrophe kam ihm das Schwingen besonders heftig vor. Sowohl auf dem Hinweg, als er die Stadt verliess als auch auf dem dem Rückweg, als er von der Baustelle zurückkam. Eine Viertelstunde später brach das Bauwerk zusammen.
Augenzeugen haben zudem berichtet, dass vor dem Einsturz ein Blitz in die Brücke eingeschlagen habe.
Kritik gab es an dem nun eingestürzten Polcevera-Viadukt wegen hoher Baukosten schon seit seiner Erbauung. Doch auch kostspielige Renovierungen sorgten immer wieder für Diskussionen.
Die Brückenteile prallten mit grosser Wucht auf den Erdboden. Das grösste Stück ist in den Polcevera-Fluss gefallen, einige Teile trafen auch Fabrikhallen. Laut Zivilschutz dürfte in den Hallen wegen Ferien so gut wie niemand an der Arbeit gewesen sein.
Die Trümmer begruben mindestens einen Lastwagen und mehrere Gebäude unter sich. Nach Berichten von Zeugen wurden auch Autos in die Tiefe gerissen. Zahlreiche Fahrzeuge wurden unter herabfallenden Trümmern begraben.
Italiens Innenminister Matteo Salvini reagierte betroffen und erbost auf das Unglück in der nordwestitalienischen Hafenstadt. Er selbst sei «hunderte Male» über die Morandi-Brücke gefahren, sagte der Innenminister bei einer Pressekonferenz im sizilianischen Catania.
Nach ihrem Einsturz werde er «alles dafür tun, um die Namen der Verantwortlichen in der Vergangenheit und Gegenwart zu bekommen». Es sei «nicht akzeptabel, auf diese Weise in Italien zu sterben».
Verkehrsminister Danilo Toninelli sprach von einer «entsetzlichen Tragödie». Er schloss in einem Radio-Interview aus, dass Bauarbeiten an der Brücke Grund für den Einsturz seien. Das Unglück belege den maroden Zustand der Infrastruktur in Italien und die Wartungsmängel, sagte er dem staatlichen Fernsehen.
Die Verantwortlichen würden dafür büssen müssen. Sein Ministerium werde Klage gegen den Autobahn-Betreiber Autostrade einreichen, falls ein Gericht eine Untersuchung einleiten werde. Die populistische Regierung Italiens war im Juni angetreten mit dem Versprechen, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen. (sda/dpa/reu/afp/vom)