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7 Punkte zur Brücken-Tragödie in Genua

Autobahnbrücke in Genua eingestürzt

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Autobahnbrücke in Genua eingestürzt
Nach dem verheerenden Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua rückt die Frage nach der Ursache für die Katastrophe in den Fokus.
quelle: epa/ansa / luca zennaro
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7 Fragen zur Brücken-Tragödie in Genua

15.08.2018, 02:5115.08.2018, 10:53
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Was ist passiert?

In der italienischen Hafenstadt ist am Dienstagvormittag eine vierspurige Autobahnbrücke zusammengebrochen. Nach Angaben der Feuerwehr brach die etwa 50 Meter hohe Brücke an der A10 gegen 11.30 Uhr auf einer Länge von 100 bis 200 Meter zusammen.

Das Video vom massiven Brückeneinsturz in Genua

Video: watson

Bei der eingestürzten Brücke handelt es sich um den Polcevera-Viadukt auf der Autobahn A1. Der Viadukt, im Volksmund nach dem Architekten Riccardo Morandi auch Ponte Morandi genannt, gehört zur Hauptverkehrsader, die an die Riviera und nach Südfrankreich führt. Er überquert unter anderem Gleisanlagen und ein Gewerbegebiet im Westen von Genua.

Wie viele Opfer forderte das Unglück?

Bis zum frühen Morgen lag die Zahl der offiziell bestätigten Todesopfer laut italienischer Nachrichtenagentur Ansa bei 31. Unter den Opfern seien auch drei Minderjährige im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. Die Einsatzkräfte hatten am Dienstag bereits von mindestens 35 Todesopfern gesprochen. Regierungschef Giuseppe Conte sagte am Abend in Genua, dass die Zahlen steigen dürften.

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31 Todesopfer sind offiziell bestätigt.Bild: EPA/ANSA

Sind auch Schweizer betroffen?

Über allfällige Schweizer Opfer lagen dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstagnachmittag keine Informationen vor, wie es auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA mitteilte. Das Generalkonsulat der Schweiz in Mailand stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden.

Wie viele Überlebende gab es?

Die Rettungskräfte wollten in der Nacht weiter suchen, sagte am Abend der Einsatzleiter des Zivilschutzes, Luigi D'Angelo. «Wir werden nicht aufhören zu suchen», sagte D'Angelo. Elf Überlebende waren bislang aus den Trümmern geborgen worden, sagte Bürgermeister Marco Bucci gegen Abend dem Fernsehsender SkyTG24.

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Auch Suchhunde kommen zum Einsatz.Bild: EPA/ANSA

Mehr als 300 Rettungskräfte waren nach Angaben der Feuerwehr im Einsatz. In der Nähe der Brücke wurden nach dem Einsturz vorsichtshalber Gebäude evakuiert. Es bestehe das Risiko, dass weitere Teile einbrechen, berichtete Ansa unter Berufung auf Rettungskräfte vor Ort. Drei Spitäler in Genua wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Mehr als 400 Menschen seien obdachlos, erklärte der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Edoardo Rixi

Was könnte die Ursache sein?

Die Ursache des Brückeneinsturzes ist weiterhin unklar. Der Betreiber teilte auf seiner Website mit, auf der Brücke habe es Instandhaltungsarbeiten gegeben. Dazu sei ein Kran zu der Baustelle gebracht worden. Der Zustand der Brücke sowie der Fortgang der Renovierung seien immer wieder kontrolliert worden.

Erst wenn ein gesicherter Zugang zur Unfallstelle möglich sei, könne Näheres über die Ursachen des Einsturzes gesagt werden, teilte das Unternehmen weiter mit.

Zum Zeitpunkt des Zusammensturzes regnete es heftig und es ging ein kräftiger Wind. Deshalb wird darüber spekuliert, welche Rolle das Wetter beim Unglück spielte. «Schon am Morgen tanzte die Brücke», erzählte Maurizio Ruggiero einer Lokalzeitung. Er fahre fast täglich über die Brücke, führte Ruggerio aus, und sei daran gewöhnt, «dass sie häufig schwingt». Doch am Morgen vor der Katastrophe kam ihm das Schwingen besonders heftig vor. Sowohl auf dem Hinweg, als er die Stadt verliess als auch auf dem dem Rückweg, als er von der Baustelle zurückkam. Eine Viertelstunde später brach das Bauwerk zusammen.

Augenzeugen haben zudem berichtet, dass vor dem Einsturz ein Blitz in die Brücke eingeschlagen habe. 

Kritik gab es an dem nun eingestürzten Polcevera-Viadukt wegen hoher Baukosten schon seit seiner Erbauung. Doch auch kostspielige Renovierungen sorgten immer wieder für Diskussionen.

Riesiger Feuerball am Himmel von Bologna

Video: srf

Welche weiteren Schäden wurden verursacht?

Die Brückenteile prallten mit grosser Wucht auf den Erdboden. Das grösste Stück ist in den Polcevera-Fluss gefallen, einige Teile trafen auch Fabrikhallen. Laut Zivilschutz dürfte in den Hallen wegen Ferien so gut wie niemand an der Arbeit gewesen sein.

Die Trümmer begruben mindestens einen Lastwagen und mehrere Gebäude unter sich. Nach Berichten von Zeugen wurden auch Autos in die Tiefe gerissen. Zahlreiche Fahrzeuge wurden unter herabfallenden Trümmern begraben.

Was sagen die Behörden?

Italiens Innenminister Matteo Salvini reagierte betroffen und erbost auf das Unglück in der nordwestitalienischen Hafenstadt. Er selbst sei «hunderte Male» über die Morandi-Brücke gefahren, sagte der Innenminister bei einer Pressekonferenz im sizilianischen Catania.

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Innenminister Matteo Salvini will die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.Bild: EPA/ANSA

Nach ihrem Einsturz werde er «alles dafür tun, um die Namen der Verantwortlichen in der Vergangenheit und Gegenwart zu bekommen». Es sei «nicht akzeptabel, auf diese Weise in Italien zu sterben».

Verkehrsminister Danilo Toninelli sprach von einer «entsetzlichen Tragödie». Er schloss in einem Radio-Interview aus, dass Bauarbeiten an der Brücke Grund für den Einsturz seien. Das Unglück belege den maroden Zustand der Infrastruktur in Italien und die Wartungsmängel, sagte er dem staatlichen Fernsehen.

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Verkehrsminister Danilo Toninelli hat angekündigt, dass sein Ministerium Klage gegen den Autobahn-Betreiber einreichen werde. Bild: EPA/ANSA

Die Verantwortlichen würden dafür büssen müssen. Sein Ministerium werde Klage gegen den Autobahn-Betreiber Autostrade einreichen, falls ein Gericht eine Untersuchung einleiten werde. Die populistische Regierung Italiens war im Juni angetreten mit dem Versprechen, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen. (sda/dpa/reu/afp/vom)

Menschen aus brennenden Fahrzeugen gerettet

Video: srf
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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ferienpraktiker
15.08.2018 08:05registriert Juni 2017
Unglaublich und tragisch, es fehlen die Worte. Mir kommt die Galle hoch, wenn höchste italienische Politiker dann noch sagen, die von der EU auferlegten Sparmassnahmen seien Schuld an solchen Tragödien..
Italien brauchte am besten eine Nicht-italienische Regierung.
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Bündn0r
15.08.2018 08:24registriert Januar 2018
Morandi war zum Glück nicht Architekt, sondern Ingenieur. Die Brücke eines Architekten wäre vermutlich noch während der Bauphase kollabiert und nicht "erst" nach 50 Jahren.
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TheWall_31
15.08.2018 08:13registriert April 2018
Warum ist Frage #3 eigentlich relevant? Macht es irgendeinen unterschied, ob Schweizer betroffen sind oder soll ich toten Schweizern etwas mehr hinterhertrauern als anderen Bürgern?
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