22 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica hat das UNO-Kriegsverbrechertribunal den früheren bosnisch-serbischen General Ratko Mladic zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter sprachen den 74-Jährigen am Mittwoch in Den Haag schuldig für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Völkermord in Srebrenica 1995.
In Srebrenica hatten bosnisch-serbische Truppen etwa 8000 bosnisch-muslimische Jungen und Männer ermordet. Es war das schlimmste Kriegsverbrechen nach 1945 in Europa. Maldic war danach als «Schlächter vom Balkan» bezeichnet worden.
📹 Watch the moment when ICJ judge orders Ratko Mladic be removed from the court https://t.co/x7lCtz8kQc pic.twitter.com/JAi3qNJUoh
— euronews (@euronews) 22. November 2017
Mladic war Oberkommandant der bosnischen Serben während des Krieges von 1992 bis 1995 mit etwa 100'000 Todesopfern und über zwei Millionen Vertriebenen. Die Richter unter Vorsitz des Niederländers Alphons Orie sahen die Schuld des Angeklagten als zweifelsfrei erwiesen an. «Das Gericht verurteilt den Angeklagten daher zu einer lebenslangen Haftstrafe», sagte Orie.
Zuvor hatte der Angeklagte für einen Eklat gesorgt. Der Vorsitzende Richter Orie liess ihn aus dem Gerichtssaal entfernen, nachdem Mladic lautstark protestiert hatte. Die Verteidigung hatte zuvor erfolglos gefordert, die Urteilsverkündung abzukürzen, weil der Blutdruck des Angeklagten gefährlich hoch sei. Das Gericht setzte die Verlesung des Urteils dann ohne Mladic fort.
Im Juli 1995 schliesslich hatten serbische Einheiten unter seinem Kommando die damalige UNO-Schutzzone Srebrenica überrannt und kurz darauf Tausende muslimische Männer und Jungen ermordet. Die niederländischen UNO-Blauhelme hatten sich damals kampflos ergeben.
Der frühere General war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht festgenommen worden. Er selbst hatte stets seine Unschuld beteuert. Er habe sein Volk nur verteidigt, sagte er. Es gilt als sicher, dass er gegen das Urteil Berufung einlegen wird.
Bereits 2016 war sein politischer Chef, der damalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic, für eine fast identische Anklage zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
UNO-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein bezeichnete die Verurteilung Mladics als monumentalen Sieg für Gerechtigkeit. «Mladic ist der Inbegriff des Bösen, und die Verurteilung von Mladic ist der Inbegriff für internationale Gerechtigkeit», sagte Said Raad al-Hussein am Mittwoch in Genf.
Mladic sei für einige der schlimmsten Verbrechen in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich gewesen. Er habe Tausenden Menschen Tod und Zerstörung angetan. Das Trauma der Opfer sei unbeschreiblich.
Umso wichtiger ist nach den Worten des UNO-Menschenrechtskommissars die gerichtliche Aufarbeitung des Falles. «All jene, die heutzutage internationale Verbrechen in so vielen Situationen auf der ganzen Welt begehen, sollten dieses Resultat fürchten», erklärte er. Die Verantwortlichen für Gräueltaten könnten der Justiz nicht entkommen.
Auch die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte begrüsste das Urteil. «Das ist sehr gut, vor allem weil mit Mladic einer der höchsten noch lebenden Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen verurteilt wurde», sagte die Tessinerin gegenüber dem Westschweizer Radio RTS sowie der «Tagesschau» von Fernsehen SRF. Dies sei eine Erleichterung für alle Opfer.
Der Prozess gegen Mladic war der letzte Völkermord-Prozess des UNO-Tribunals. Ende des Jahres wird das Gericht nach 24 Jahren seine Arbeit abschliessen. Wegen des Völkermordes in Srebrenica waren mit Mladic 16 Personen schuldig gesprochen worden. (sda/dpa/afp)
(whr/sda/afp)