Heute Abend sind die sehnlichst erwarteten Hilfsgüter für Tausende vom Hungertod bedrohte Menschen in Madaja eingetroffen.
Wieder Zugang: Hilfsgüter von #UNICEF haben belagertes #Madaya erreicht. https://t.co/N7qeDQwCZC
— UNICEF Deutschland (@UNICEFgermany) 11. Januar 2016
Das Schicksal der von Rebellen kontrollierten und von Regierungtruppen belagerten Stadt im Westen Syriens bewegt die Welt seit Tagen. Am vergangenen Freitag erklärte die UNO, sie habe von der Regierung in Damaskus freies Geleit nach Madaja zugesichert bekommen. Auch watson berichtete über diesen Hoffnungsschimmer und verwendete eines der von den Agenturen zur Verfügung gestellten Bilder:
Es wurde von der Nachrichtenagentur AP mit der folgenden Legende verbreitet:
Wenig später kommentierte watson-User silverback, bei dem Bild handle es sich um eine Fälschung. Die von ihm zitierte Quelle behauptet, dass das Bild aus einem Video stamme, das seit Mai 2015 auf Youtube einsehbar ist. Darin sagt ein Sprecher, die Szene sei in Ost-Ghouta, einem Vorort von Damaskus, aufgenommen worden.
watson entschied daraufhin, AP auf diese Unstimmigkeiten aufmerksam zu machen. Eine Antwort blieb aus, aber am Samstagabend zog die Nachrichtenagentur das Bild mit der Erklärung zurück, der Ort der Aufnahme könne nicht mit Sicherheit bestimmt werden. In der Folge entfernte auch watson das Bild aus seinen Berichten zu Madaja.
Wie es zu dem Fehler kam, ist unklar (eine Anfrage über Facebook an den «Lokalen Revolutionsrat in Madaya» blieb bislang unbeantwortet) und dürfte angesichts der massiven Propaganda im Syrienkonflikt schwer zu eruieren sein. Die Rebellen werfen der Regierung vor, Madaja zu belagern und systematisch auszuhungern. Regierungsfreundliche Medien bezeichnen das als Desinformation. Die Rebellen würden Hilfslieferungen beschlagnahmen, horten und anschliessend der verzweifelten Zivilbevölkerung zu Wucherpreisen verkaufen, schreibt etwa Murad Gazdiev vom staatlich-russischen Auslandsender RT. Russland ist der wichtigste Verbündete des Assad-Regimes.
It's worse than the rumours: #madaya civilians say rebels charged 100,000 SP ($250) for kilogram of rice pic.twitter.com/HhvQ6Inbg4
— Murad Gazdiev (@MuradoRT) 11. Januar 2016
Unbestritten – und von der UNO, Ärzte ohne Grenzen und dem IKRK bestätigt – ist die Tatsache, dass in Madaja und in anderen schwer zugänglichen Orten Hunderttausende Menschen auf Hilfslieferungen angwiesen sind, um zu überleben. Nichts anderes zeigt letztlich das oben erwähnte Video, offenbar nicht in Madaja, aber anderswo in Syrien. Nichtsdestotrotz bedauert watson, dieses Bild verwendet zu haben.
Dass die Weltöffentlichkeit angesichts der aktuellen Flüchtlingsthematik und nach Jahren der Abstumpfung überhaupt noch am Schicksal der syrischen Zivilbevölkerung teilnimmt, ist nicht selbstverständlich. Umso verheerender, wenn Zweifel an der Authentizität solcher Bilder auftauchen. Wird es auch noch Hilfslieferungen
geben , wenn keiner mehr irgendetwas glaubt?