International
Migration

Wie in Australien: Österreichs Aussenminister will Flüchtlinge abfangen und festhalten

Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz möchte «Teile des australischen Modells» bei der Asylpolitik für die EU übernehmen und Bootsflüchtlinge nicht mehr nach Europa lassen.
Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz möchte «Teile des australischen Modells» bei der Asylpolitik für die EU übernehmen und Bootsflüchtlinge nicht mehr nach Europa lassen.
Bild: Ronald Zak/AP/KEYSTONE

Wie in Australien: Österreichs Aussenminister will Flüchtlinge abfangen und festhalten

05.06.2016, 05:3205.06.2016, 20:16
Mehr «International»

Der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz schlägt vor, Flüchtlinge mit dem Ziel Europa im Mittelmeer abzufangen und in ihre Heimat zurückzuschicken oder auf Inseln festzuhalten. Er orientiert sich dabei an der viel kritisierten Asylpolitik Australiens.

Die EU könne sich «Teile des australischen Modells» als Vorbild nehmen, sagte Kurz in einem Interview mit der Zeitung «Presse am Sonntag». Die Hauptaussagen äusserte Kurz auch in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Er verwies dabei auf die umstrittene Praxis Australiens, Flüchtlinge auf abgelegenen Inseln festzuhalten, während ihre Asylanträge geprüft werden.

Sebastian Kurz.
Sebastian Kurz.
Bild: Ronald Zak/AP/KEYSTONE

«Wer auf einer Insel wie Lesbos bleiben muss und keine Chance auf Asyl hat, wird eher bereit sein, freiwillig zurückzukehren, als jemand, der schon eine Wohnung in Wien oder Berlin bezogen hat», sagte der Politiker der konservativen Volkspartei (ÖVP) in dem Interview. «Man sollte sich anschauen, welche Staaten ähnliche Herausforderungen gemeistert haben. Die EU sollte sich Teile des australischen Modells als Vorbild nehmen.»

Die australische Marine weist systematisch Boote mit Flüchtlingen ab. Flüchtlinge, die dennoch an Land gelangen, werden in Internierungslagern auf kleinen Inseln im Indischen oder Pazifischen Ozean untergebracht. Menschenrechtsorganisationen kritisieren dieses Vorgehen scharf.

System der EU führt zu Toten im Mittelmeer

Kurz zog auch einen Vergleich mit der New York vorgelagerten Insel Ellis Island, wo im 20. Jahrhundert die Einwanderer in die USA ankamen und wo entschieden wurde, wer auf das Festland weiterreisen durfte. Ein solches Inselmodell könne auch der Weg für Europa sein, sagte der Aussenminister.

Die Rettung aus Seenot im Mittelmeer, wie es etwa in den vergangenen für hunderte Menschen vor der libyschen Küste der Fall war, dürfe kein «Ticket nach Mitteleuropa» sein.

Australien habe es geschafft, «dass keine illegalen Migranten mehr kommen und auch keiner mehr ertrinkt», sagte Kurz. Er räumte ein, dass das Modell für Europa «nicht eins zu eins kopierbar» sei. «Aber die Grundprinzipien sind auch für Europa anwendbar.»

Das System der EU führe derzeit dazu, «dass tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil sie sich Hoffnungen machen und auf diese gefährliche Reise begeben».

Gerettete auf Inseln unterbringen

Sollte ein konsequentes Abfangen nicht gelingen, sollen die aus dem Mittelmeer geretteten Menschen in «Asylzentren» untergebracht werden, «idealerweise auf einer Insel», schlug Kurz vor. Von dort müsse ihre Rückkehr organisiert und finanziell unterstützt werden.

Kurz hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, Flüchtlingen den Weg nach Europa zu versperren. Österreich hatte eine Tages-Obergrenze für Flüchtlinge eingeführt, nachdem im vergangenen Jahr zehntausende Flüchtlinge die Alpenrepublik in Richtung Deutschland passiert hatten.

Daraufhin führten auch die Staaten der Balkanroute zwischen Griechenland und Österreich Obergrenzen ein, was dazu führte, dass die Flüchtlinge in Griechenland festsassen. (cma/sda/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
18 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
mortiferus
05.06.2016 11:48registriert Dezember 2015
Man liest das Millionen zum Verlassen ihrer Heimat bereit sind. Sie suchen ein besseres Leben. Ob sie das bei uns finden bezweifle ich. Ich denke viele der Einwanderer sind geblendet durch ein falsches Bild über uns und wie wir leben. Solange sie in Europa eine Chance sehen werden sie kommen. Sie nehmen diese abenteuerliche Reise auf sich und es werden viele sinnlos sterben. Entweder wir nehmen alle auf oder wir ziehen klare Grenzen. Alle aufnehmen werden wir nicht. Die Türe einen Spalt offen zu lassen ist mörderisch. Kriegsflüchtlinge die vorübergehend Schutz benötigen meine ich damit nicht.
310
Melden
Zum Kommentar
18
Nach Jahren des Zwists: EU macht Schritt auf Erdogan zu
Nach jahrelangem Stillstand möchte die EU die Beziehungen zur Türkei wieder aufleben lassen.

Die Europäische Union habe ein strategisches Interesse an einem stabilen Umfeld im östlichen Mittelmeer und einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung, heisst es in einer in der Nacht zu Donnerstag in Brüssel verabschiedeten Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Entscheidend sei aber, inwiefern sich Ankara konstruktiv beteilige.

Zur Story