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Naher Osten

Niederländerin in Katar verhaftet, weil sie Vergewaltigung anzeigte

Niederländerin geht in Katar nach Vergewaltigung zur Polizei – seither sitzt sie im Knast

11.06.2016, 22:1612.06.2016, 09:41
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Eine 22-jährige Frau aus Utrecht befindet sich seit Mitte März im Golfstaat Katar in Untersuchungshaft. Laut ihrem Anwalt Brian Lokollo wird ihr ausserehelicher Sex vorgeworfen, was im islamischen Emirat einen Strafbestand darstellt. Das berichten niederländische Medien

Die Niederländerin war nach eigenen Angaben vergewaltigt worden und wollte bei der Polizei Anzeige erstatten. Stattdessen wurde sie selbst verhaftet. Die niederländische Botschaft in Doha, der Hauptstadt des Golf-Emirats, ist laut Angaben des Aussenministeriums in Den Haag über die Angelegenheit informiert und hat wöchentlich Telefonkontakt mit der Frau. 

Unter Drogen gesetzt?

«Je nach Tagesform hat sie grosse Angst oder sie ist sehr wütend oder sie hofft, dass eine Lösung gefunden wird», beschrieb ihr Anwalt am Samstag der Nachrichtenagentur AFP den Gemütszustand seiner Mandantin. Sie habe «Albträume, ist ängstlich und traumatisiert».

Die Frau sagt laut Lokollo aus, dass sie in einem Hotel unter Drogen gesetzt worden sei. Als sie in einer ihr unbekannten Wohnung aufgewacht sei, sei ihr klar geworden, dass sie vergewaltigt worden sei.

Laut Lokollo hatte seine Mandantin im muslimischen Katar in einem Hotel gewohnt, in dem der Konsum von Alkohol erlaubt ist. «Sie ging tanzen, aber als sie zu ihrem Tisch zurückkam, merkte sie, dass jemand nach ihrem ersten Schluck von ihrem Drink ihr etwas ins Glas getan hatte.» Ihr sei daraufhin «sehr unwohl» gewesen. Danach erinnere sie sich erst wieder an den folgenden Morgen.

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Erste Ferien ohne die Mutter

Auch der mutmassliche Vergewaltiger wurde festgenommen. Er behauptet, der Sex sei einvernehmlich gewesen und er habe dafür bezahlen müssen. Lokollo betont, dass seine Klientin dies entschieden in Abrede stelle.

Das niederländische Aussenministerium bestätigte die Festnahme der jungen Frau, deren Namen eine Sprecherin mit Laura angab. Sie sei aber nicht angeklagt worden, die Ermittlungen liefen. Am Montag finde eine Gerichtsanhörung statt, bei der hoffentlich entschieden werde, ob die Frau angeklagt werde, sagte Ministeriumssprecherin Daphne Kerremans.

Lauras Mutter sagte im niederländischen Fernsehsender NOS, das Festhalten ihrer Tochter sei «total unmenschlich». Laura versuche manchmal, sie zu trösten und sage, dass sie bald zurückkomme. Andere Male weine ihre Tochter ohne Unterlass, erzählte die Mutter unter Tränen. Demnach war die Reise nach Katar die ersten Ferien der 22-Jährigen ohne ihre Mutter.

Opfer soll Täter heiraten

Die Angehörigen des Mannes haben sich nun offenbar mit dem Ansinnen an die Mutter der Frau gewandt, die beiden zu verheiraten. Sie werde laufend unter Druck gesetzt, der Eheschliessung zuzustimmen, sagt die Mutter laut Telegraaf.nl. Dies sei die einzige Möglichkeit, beide aus dem Gefängnis zu bekommen. Lokollo hat seiner Klientin davon abgeraten, auf den Vorschlag einzugehen. 

Mittlerweile ist die Angelegenheit auch in der niederländischen Politik zum Thema geworden: In der Zweiten Kammer haben mehrere Abgeordnete von Aussenminister Koenders Auskunft verlangt. Insbesondere soll es dabei um die Frage gehen, ob die Niederländerin ausreichend diplomatische Unterstützung erhalten hat. (dhr/sda)

2013 war im Nachbarland Vereinigte Arabische Emirate eine 24-jährige Norwegerin, die eine Vergewaltigung durch ihren Chef zur Anzeige gebracht hatte, zu 16 Monaten Haft wegen unsittlichen Verhaltens, Meineids und Alkoholkonsums verurteilt worden. Sie wurde später begnadigt.
sda
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62 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Raembe
11.06.2016 23:23registriert April 2014
Hauptsache 2022 ist da ne WM. Das kann ja heiter werden...
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HansDampf_CH
12.06.2016 08:29registriert Juni 2015
Das sieht man es wieder was passiert, wenn Reichtum (Erdöl) ein Volk das eigentlich noch im Mittelalter ist, in die Moderne katapultiert wird.
Barbaren mit goldenen Autos und goldenen Waffen.
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Bowell
11.06.2016 22:55registriert Mai 2014
Wenn es nicht so unglaublich tragisch wäre, müsste man eigentlich über solche Staaten lachen, aber wenn ich an das Schicksal dieser jungen Frau (und wahrscheinlich 1000en Anderen denke), weiss ich nicht ob ich weinen oder kotzen möchte. Wahrscheinlich beides...
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