Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi ist tot. Er sei am Donnerstagmorgen in einem Militärspital gestorben, teilte das Präsidialamt in der Hauptstadt Tunis mit. Essebsi spielte von 2011 an eine wichtige Rolle beim Übergang des nordafrikanischen Landes zur Demokratie.
Der 92-Jährige war am Mittwoch erneut ins Spital eingeliefert worden, wenige Stunden später starb er. Erst im Juni hatte er für eine Woche in der Klinik gelegen - wegen einer «schweren Gesundheitskrise», wie es damals hiess. Details zu seiner Beerdigung würden bald bekanntgegeben, hiess es in der Mitteilung.
Die Amtsgeschäfte übernimmt nun laut Verfassung für eine Übergangszeit der Parlamentspräsident. Essebsi hatte im April seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im November erklärt. Nach der britischen Queen Elizabeth II. war er das älteste amtierende Staatsoberhaupt der Welt.
Essebsi war der erste demokratisch gewählte Präsident Tunesiens und ein Politikveteran. Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Zine el-Abidine Ben Ali im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 hatte Essebsi die Partei Nidaa Tounès gegründet, an deren Spitze nun sein Sohn Hafedh steht.
Zudem leitete er nach Ben Alis Sturz ein Übergangskabinett aus Technokraten. Im Dezember 2014 gewann der langjährige Regierungspolitiker die erste freie Präsidentenwahl in Tunesien.
Er hatte sich bereits 1942 dem Kampf um die Unabhängigkeit Tunesiens von den Franzosen angeschlossen und wurde ein enger Vertrauter des ersten tunesischen Präsidenten Habib Bourguiba. In dieser Zeit war Caid Essebsi unter anderem auch Innen- und Aussenminister.
Als Bourguiba Ende der 1980er Jahre aus dem Amt geputscht wurde, zog sich Caid Essebsi vorerst aus der Politik zurück und arbeitete wieder als Anwalt.
Da Essebsi ein früherer Weggefährte Ben Alis war, gab es bei seiner Wahl 2014 auch Proteste. Um den Verdacht alter Seilschaften loszuwerden, hatte er sich öffentlich von der Korruption und dem Machtmissbrauch unter der 24-jährigen Herrschaft Ben Alis distanziert.
In seiner Amtszeit versuchte Essebsi vor allen Dingen, die unterschiedlichen politischen Akteure an einen Tisch zu bringen und die teils tiefen Gräben zwischen Liberalen, Konservativen, Islamisten und Gewerkschaften zu überbrücken. Zuletzt hatte er sich verstärkt für die gleichen Rechte von Frauen und Männern in dem muslimischen Land eingesetzt.
Allerdings führten Streitigkeiten in seiner Partei zur Spaltung der Regierungspartei und zum Bruch mit Regierungschef Youssef Chahed. Für den 6. Oktober ist eine Parlamentswahl geplant, die nächste Präsidentenwahl soll am 17. November stattfinden.
Tunesien ist das einzige Land der Region, das nach dem sogenannten Arabischen Frühling weitgehende demokratische Reformen umgesetzt hat. Allerdings kämpft das Land mit grossen wirtschaftlichen Problemen. Am Donnerstag heizten zudem mehrere Anschläge auf Sicherheitskräfte die Diskussion um die Sicherheit in dem nordafrikanischen Land an. (sda/afp/reu/dpa)