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Nasa-Sonde Dart trifft Asteroiden – spektakuläres Experiment geglückt

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Nasa-Sonde schiesst Asteroiden ab – spektakuläres Experiment geglückt

Vor 10 Monaten startete die Nasa eine Mission, die dereinst die Erde vor einer Katastrophe bewahren könnte. Dazu wurde eine Raumsonde auf direkten Kollisionskurs mit einem Asteroiden geschickt. Heute Nacht ist es zur Kollision gekommen.
27.09.2022, 08:0827.09.2022, 15:41
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Kollision erfolgreich

Im Rahmen der sogenannten DART-Mission hat die Nasa einen Asteroiden «abgeschossen». Damit sollte zum ersten Mal überhaupt getestet werden, ob man die Erde im Ernstfall vor einem auf sie zurasenden Asteroiden retten könnte.

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Heute Nacht war es so weit: Mit 24'000 km/h zerschellte die Sonde nach einer 10-monatigen Reise an der Oberfläche des Asteroiden Dimorphos. Die Kollision sollte den Mini-Mond nun minim abgebremst und einen Einschlagkrater hinterlassen haben. Gemäss Berechnungen soll sich die Geschwindigkeit des kleinen Gesteinsbrockens nun um 0,4 Millimeter pro Sekunde verändert haben.

Dimorphos Nasa Raumfahrt Mission Dart
Die letzten Aufnahmen der Sonde, 8 Sekunden bevor sie auf dem Asteroiden aufprallte.Bild: nasa

Eine winzige Veränderung also, die aber dennoch messbar sein wird. Schon seit Jahrzehnten werden der Asteroid Didymos und sein Mini-Mond Dimorphos beobachtet, weshalb genau bekannt ist, wie sich die beiden Objekte durch das All bewegen. So umkreist beispielsweise Dimorphos den grösseren Asteroiden alle 11 Stunden und 55 Minuten – noch. Nach der Kollision soll untersucht werden, wie sich die Umlaufbahn des Mini-Mondes verändert. Die Forschenden rechnen mit einer mindestens 73 Sekunden langsameren Umlaufzeit. Diese Veränderungen können mithilfe von Teleskopen beobachtet und gemessen werden.

epa09599041 An undated handout picture made available by the National Aeronautics and Space Administration (NASA) shows an illustration of NASA's Double Asteroid Redirection Test (DART) spacecraf ...
Die Illustration zeigt die Annährerung der Dartsonde an Dimorphos. Rechts im Bild der grössere Didymos.Bild: keystone

Dieser Test ist wegweisend, denn er wird Erkenntnisse liefern, wie ein Asteroid in ähnlicher Grösse im Ernstfall «angegriffen» werden müsste.

Freude im Nasa-Kontrollzentrum

Die Mission habe Geschichte geschrieben, sagte Nasa-Managerin Lori Glaze. «Wir brechen jetzt in eine neue Ära der Menschheit auf, in der wir die Möglichkeit haben könnten, uns gegen den Einschlag eines Asteroiden zu schützen.»

Auf den von der Kamera der Sonde zur Erde übertragenen Bildern wurde der Asteroid Dimorphos erst rund eine Stunde vor dem Einschlag als heller Punkt sichtbar, wurde dann immer grösser und war schliesslich mit Oberflächendetails und Schattierungen zu sehen – bis die Kamera beim Einschlag zerstört wurde und das Bild eine rote Störung anzeigte.

Nasa Mitarbeitende fallen sich in die Arme
Im Kontrollzentrum im US-Bundesstaat Maryland brach Jubel aus.Bild: Nasa

Die Freude der Nasa-Mitarbeitenden ist gross. Nach der erfolgreichen Kollision zeigt der Livestream, wie sich die Mitarbeitenden glücklich in die Arme fallen. Rechts im Bild ist der Schweizer Thomas Zurbuchen zu sehen – der noch amtierende Forschungschef der Nasa. Ende dieses Jahres wird er zurücktreten.

Bis kurz vor Aufprall war nicht ganz sicher gewesen, ob die mit einer Geschwindigkeit von rund 6,6 Kilometern pro Sekunde fliegende Sonde von der Grösse eines Getränkeautomaten, die die letzten Minuten im Autopilot unterwegs war, den Asteroiden von der Grösse eines Fussballstadions auch wirklich treffen würde. «Wir haben diesen Moment schon so lange geplant und so viel darüber gesprochen – aber die Bilder haben meine Erwartungen übertroffen», sagte Nasa-Managerin Nancy Chabot.

Gefragt, was diese erfolgreiche Mission für die Nasa bedeute, antwortet Pam Melroy, die stellvertretende Leiterin der Nasa:

«Die NASA arbeitet zum Wohle der Menschheit, daher ist es für uns die ultimative Erfüllung unserer Mission, so etwas zu tun. Eine Technologiedemonstration, die eines Tages unsere Heimat retten könnte.»

Auch Ralph Semmels, der Direktor des Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins Universität, zeigte sich höchst erfreut. Jahrelange harte Arbeit und Kreativität hätten zu dieser direkten Kollision mit Dimorphos geführt. Lachend fügt er an:

«Ich arbeite bereits seit einigen Jahren im Laboratorium und war in einige Missionen und Erfolge involviert. Noch nie war ich glücklicher darüber, ein Signal und ein Bild zu verlieren.»
Ralph Semmels und Pam Melroy
Ralph Semmels und Pam Melroy.Bild: Nasa

Beginn der DART-Mission

Die 325 Millionen Dollar teuere DART-Mission – Abkürzung für Double Asteroid Redirection Test – startete im November 2021 von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien.

Von dort benötigte die unbemannte Sonde 10 Monate, um zum anvisierten Asteroidensystem zu gelangen. Dieses liegt 10,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

Dimorphos
Die Grösse von Dimorphos entspricht etwa der des Kolossseums in Rom.esa

Dimorphos ist ein Mini-Mond mit 160 Metern Durchmesser, der um den viel grösseren Asteroiden namens Didymos kreist. Während Didymos etwa so gross ist wie das grösste Gebäude der Welt – der Burji Khalifa –, ist Dimorphos mit der Grösse des Kolosseums in Rom vergleichbar. Dagegen war die Raumsonde mit einem Gewicht um 550 kg um einiges kleiner.

Die Wahrscheinlichkeit eines Ernstfalls

Als besonders gefährlich werden Asteroiden mit einer Grösse von über 140 Metern eingestuft. Ein Asteroideneinschlag dieser Grösse wäre in der Lage ganze Städte und Regionen auszulöschen. Doch die gute Nachricht: Die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 100 Jahren ein solcher Asteroid mit der Erde kollidiert, ist klein, sagt die Nasa. Gleichzeitig räumt sie aber auch ein, dass bisher nur 40 Prozent aller Weltraumgesteine dieser Grösse bekannt sind. Von Gesteinsbrocken mit einer Grösse von 25 Metern sind nur gerade mal 0,4 Prozent identifiziert. Ihr Einschlag wäre zwar weniger verheerend, könnte aber noch immer zu vielen Verletzten führen.

Es ist die Aufgabe des Planetary Defense Coordination Office der Nasa, erdnahe Objekte zu suchen, die eine Gefahr für die Erde darstellen könnten. Dazu gehören Objekte, die sich weniger als 8 Millionen Kilometer entfernt von der Erdumlaufbahn befinden, sowie solche, die bei einem Aufprall auf der Erdoberfläche erheblichen Schaden anrichten könnten.

Es kommt sehr selten vor, dass ein Asteroid auf die Erde trifft, sagt Lindley Johnson, der als Beauftragter für planetarische Verteidigung der Nasa arbeitet. Aber: Man wolle frühzeitig wissen, was man dagegen tun könnte. (saw)

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49 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Project47North
27.09.2022 01:33registriert August 2022
Ein perfekter Abschuss war das... Ganz geile Show!!
Hab es auf dem NASA Livestream mitverfolgt.
Diese Präzision ist in etwa, als würde man den sprichwörtlichen Mückenseckel mit einer Nähnadel auf 25 Meter Distanz an die Wand nageln wollen.
Eine echt grossartige Leistung, welche die NASA und alle Beteiligten da vollbracht haben.
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Peedy
27.09.2022 03:45registriert Januar 2017
„ Dimorphos ist ein Minimond mit 1,1 Kilometer Durchmesser, … , ist Dimorphos mit der Grösse des Kolosseums in Rom vergleichbar.“

Wusste nicht, dass das Kolosseum einen Durchmesser von 1.1 km hat…
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c-bra
27.09.2022 07:46registriert April 2016
Stell dir von du chillst es Millionen von Jahren im All herum, geniesst es nur rum zu fliegen und tust niemandem etwas zu leid und dann knallt so ein Satellit mit voller Absicht in dich rein. Find ich fies.


Nein im ernst, tolle Leistung dieser NASA Menschen!
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