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Nervengift in Grossbritannien: Julia Skripal äussert sich erstmals

FILE - This is a file image of the daughter of former Russian Spy Sergei Skripal, Yulia Skripal taken from Yulia Skipal's Facebook account on Tuesday March 6, 2018. British health officials say t ...
Julia Skripal.Bild: AP/Facebook/Yulia Skripal

«Fühle mich täglich stärker»: Giftopfer Julia Skripal äussert sich erstmals öffentlich

05.04.2018, 15:5605.04.2018, 19:08
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Erstmals hat sich die nach einem Giftanschlag schwer erkrankte Julia Skripal in Grossbritannien zu Wort gemeldet. Die 33-Jährige und ihr Vater Sergej, ein ehemaliger russischer Doppelagent, waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury entdeckt worden, vergiftet mit dem in der Sowjetunion hergestellten Nervengift Nowitschok.

«Ich bin vor über einer Woche aufgewacht und bin glücklich sagen zu können, dass es mir von Tag zu Tag besser geht», sagte die 33-Jährige am Donnerstag in einer von Scotland Yard verbreiteten Mitteilung. Sie sprach von einer «verwirrenden» Situation. Die Cousine von Julia Skripal kündigte an, ihre Verwandte nach Russland holen zu wollen.

Nach den letzten Angaben der Ärzte befindet sich Sergej Skripal in einem kritischen, aber stabilen Zustand. Noch am Donnerstag wollte der Uno-Sicherheitsrat in New York über den Anschlag beraten, nachdem Russland eine Sondersitzung beantragt hatte.

Der Streit hat eine schwere diplomatische Krise ausgelöst. So bezichtigt die britische Regierung direkt den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Drahtzieher des Giftanschlages.

Der russische Botschafter in London, Alexander Jakowenko, wies hingegen alle Vorwürfe an Moskau erneut zurück. Russland habe das Nowitschok-Gift weder produziert noch gehortet, sagte der Botschafter vor Medien. Er betonte, dass sein Land eine Giftanalyse durch die internationale Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW akzeptieren werde.

Auch Macron skeptisch

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte darauf verwiesen, dass von der OPCW, der auch Russland angehört, keine klare Schuldzuweisung zu erwarten sei. Er hatte dies als Begründung genannt, warum die EU-Mitgliedsstaaten bereits vor dem Testergebnis Massnahmen gegen Russland ergriffen hatten.

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Erwartet keine klare Schuldzuweisung: Emmanuel Macron.Bild: EPA/AP POOL

Grossbritannien, die USA und die EU sehen es als «sehr wahrscheinlich» an, dass Russland hinter dem Anschlag auf Skripal steckt. Deswegen wies der Westen mehr als 100 russische Diplomaten und Geheimdienstmitarbeiter aus. Russland reagierte ebenfalls mit Ausweisungen. Erst am Donnerstag hatten 60 US-Diplomaten die Botschaft in Moskau verlassen.

Herkunft des Giftes nicht bewiesen

Die Aussage eines britischen Labors, das am Mittwoch zwar den Kampfstoff Nowitschok identifizierte, aber keine russische Täterschaft feststellte, zeigt das Dilemma für westliche Regierungen: Obwohl die Frage nach dem Urheber nicht Aufgabe des Labors war, wurde das Ergebnis von Kritikern als Beleg für mangelnde Beweise gegen Moskau interpretiert.

Als unumstritten gilt, dass von Nowitschok - ab den 1970er Jahren in der damaligen Sowjetunion entwickelt und bis in die 1990er Jahre auch im Nachfolgestaat Russland hergestellt - mehrere Varianten existieren.

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Spezialisten aus Grossbritannien identifizierten das Gift als Nowitschok.Bild: EPA/EPA

Der Kampfstoff besteht aus zwei Komponenten, die erst zusammengemixt gefährlich sind. Dann sind sie um ein mehrfaches giftiger als das Kampfgas Sarin oder VX.

May: Von aussen hereingekommen

Die britische Premierministerin Theresa May hatte erklärt, das Militärlabor in Porton Down habe den Stoff Nowitschok identifiziert. May sagt weiter, sie wisse nicht, wie der Stoff nach Grossbritannien gelangen konnte.

Porton-Down-Leiter Gary Aitkenhead betonte, Nowitschok sei nur sehr schwer herzustellen. «Dazu hat wahrscheinlich nur ein staatlicher Akteur die Fähigkeiten», hatte er am Dienstag dem Sender Sky News gesagt.

Video: srf

Chemiewaffen-Experten erklären, um sicher zu sein, dass das in Grossbritannien nachgewiesene Nowitschok aus Russland stammt, müsse es mit einer Probe von dort verglichen werden. Es ist jedoch unklar, ob Grossbritannien über aus Russland stammende Nowitschok-Proben verfügt. (cma/sda/dpa/reu/afp)

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