Bundespräsident Alain Berset plädiert für eine Rettung des Atomabkommens mit dem Iran. Internationale Stabilität und Sicherheit stünden nach dem Rückzug der USA aus dem 2015 vereinbarten Vertragswerk auf dem Spiel, sagte Berset nach Gesprächen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani am Dienstag in Bern.
Der Iran werde an seinen Verpflichtungen aus dem Atomabkommen festhalten, wenn seinem Land die darin gemachten Versprechungen zugute kommen, sagte wiederum Ruhani. Das Abkommen sei wichtig für den internationalen Frieden. Ausserdem bekämpfe der Iran den Terrorismus im Mittleren Osten.
Les négociations constructives hier et d'aujourd'hui avec @Alain_Berset dans une ambiance amicale. Nous avons convenu de développer encore plus notre coopération économique en respectant le droit international et dans l'esprit du multilatéralisme. pic.twitter.com/hmqYv5E4Ma
— Hassan Rouhani (@HassanRouhani) 3. Juli 2018
Das von US-Präsident Donald Trump verteufelte Vertragswerk enthält Bestimmungen zur Kontrolle des iranischen Atomprogramms und im Gegenzug die Aufhebung internationaler Sanktionen gegen den Iran. Die Schweiz befindet sich in einer besonderen Situation, vertritt sie doch als Schutzmacht die konsularischen und diplomatischen Interessen der USA in Teheran.
Einen weiteren Schwerpunkt der Gespräche bildete die Frage, wie vor dem Hintergrund der Wiedereinführung von US-Sanktionen gegen den Iran das Potenzial in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Teheran weiter ausgeschöpft werden könne, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung vom Dienstag.
Der Iran hofft auch angesichts der heimischen Wirtschaftskrise auf Schweizer Investitionen. Intensivere Wirtschaftsbeziehungen sind für Firmen mit starkem US-Geschäft aber riskant. International tätige Firmen müssen bei Geschäften mit dem Iran deshalb ebenfalls mit US-Sanktionen rechnen.
Ein Leidtragender dabei ist die im Thurgau ansässige Firma Stadler Rail des früheren SVP-Nationalrats Peter Spuhler. Sie hatte eine Absichtserklärung zur Lieferung von mehr als 900 U-Bahn-Waggons nach Teheran unterzeichnet. Die Verhandlungen liegen aber nun auf Eis.
Im Anschluss an die Gespräche vom Dienstag, an denen auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Bundesrat Johann Schneider-Ammann teilnahmen, wurden im Beisein von Berset und Ruhani ein Abkommen zum Güter- und Personenverkehr auf der Strasse und zwei Absichtserklärungen zur Zusammenarbeit im Gesundheitswesen und in der Wissenschaft unterzeichnet.
In den vergangenen Jahren habe sich eine engere Zusammenarbeit in Fragen des Wassermanagements entwickelt, hiess es. Beide Seiten würdigten zudem die Intensivierung der bilateralen Beziehungen, wie sie 2016 anlässlich des Staatsbesuches des damaligen Bundespräsidenten Schneider-Ammann in Teheran in einer Road Map vereinbart wurde.
Zuvor hatten Berset und Ruhani ein von privaten Wirtschaftskammern organisiertes Innovations- und Industrieforum eröffnet.
Bereits am Montagabend waren die beiden zu einem ersten Gespräch zusammengekommen; zuerst unter vier Augen, danach gemeinsam mit Bundesrat Ignazio Cassis und dessen iranischem Amtskollegen, Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif. Dabei rief die Schweiz den Iran dazu auf, das Existenzrecht Israels anzuerkennen und bekräftigte ihre Unterstützung der Zwei-Staaten-Lösung.
Während der Medienkonferenz Bersets und Ruhanis im Hotel Bellevue Palace am Dienstag protestierten vor dem Bahnhof in Bern gut 40 Anhänger eines säkularen Irans gegen das von schiitisch-islamischen Geistlichen dominierte Regime in Teheran.
Auf Transparenten wies ein Verein für Menschenrechte und Freiheit auf die Tausenden politischen Gefangenen und die zahlreichen vollstreckten Todesurteile im Land hin - Tatsachen, die von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bestätigt werden.
Zeitgleich mit der Ankunft Ruhanis in der Schweiz hatte das US-Aussenministerium in Washington am Montag den Rückzug der Regierung Trump vom Atomabkommen mit dem Iran begründet.
Die neuen, verschärften US-Sanktionen gegen Teheran sollen erreichen, dass die iranischen Öl-Exporte zum Erliegen kommen, wie Brian Hook, Politik-Planungs-Chef im State Department vor den Medien erklärte.
Seit kurzem seien US-Experten vor allem im Nahen und Mittleren Osten unterwegs, um den Regierungen der Region die Nachteile zu erklären, sollten sie sich den US-Sanktionen gegen den Iran nicht anschliessen, sagte Hook.
Ruhani trifft am Mittwoch mit der österreichischen Regierungsspitze in Wien zusammen. Thema wird auch dort das Atomabkommen mit dem Iran sein, das seinerzeit in Genf ausgehandelt und dann in Wien unterzeichnet wurde. (sda)