Junge Frauen in Blue-Jeans und hohen Schuhe, lachende Kindergesichter, bunte Auslagen mit Süssigkeiten – Strassenszenen, wie sie in einer x-beliebigen arabisch geprägten Stadt spielen könnte. Die Bilder und Beschreibungen, die eine handvoll AfD-Abgeordneten von ihrer Nahostreise in den sozialen Medien posteten, erwecken den Eindruck von heiler Welt. Nur waren die Politiker nicht in einer blühenden Touristenmetropole unterwegs, sondern in Damaskus, Syrien.
Wunderbarer Spaziergang über den Basar Suq al-Hamidiya in #Damaskus am Dienstag. Überall viele offene und freundliche Menschen getroffen, die sich über unseren Besuch sehr freuen. Alles total entspannt hier... #Syrienreise pic.twitter.com/6INbvn3ceV
— Dr. Christian Blex (@ChristianBlex) March 6, 2018
Es lohnt sich kurz in Erinnerung zu rufen, was seit dem März 2011, als der Bürgerkrieg ausbrach, in Syrien passiert ist:
Die AfD-Abgeordneten kümmerten diese Zahlen nicht gross. Ebensowenig, dass die Stadt Ost-Gouta gerade von Assad-Truppen sturmreif geschossen wird. Ihr Kalkül: Sie wollen Syrien nach Aussen als sicheres Land darstellen, um syrische Flüchtlinge in Deutschland leichter abschieben zu können. Bereits im November forderte die Partei im Bundestag, Verhandlungen mit der syrischen Regierung über ein Rückübernahmeabkommen aufzunehmen.
Auf dem Basar in #Damaskus. Alltag pur. Moderne Geschäfte. Frauen mit und ohne Kopftuch. Kaum zu glauben, dass jetzt zigtausend syrische Männer in Deutschland sind und auch noch ihre Familien nachholen sollen... #Syrienreise pic.twitter.com/BqqvYpkH1T
— Dr. Christian Blex (@ChristianBlex) March 6, 2018
Auf ihrer Propagandatour trafen sich die AfD-Vertreter unter anderem mit dem regimetreuen syrischen Grossmufti Ahmad Badr al-Din Hassun. Dieser warnte noch 2011 vor einer Intervention durch westliche Länder wie die «Welt» schreibt: «Wenn die erste Bombe auf Syrien fällt, sind alle Söhne und Töchter Syriens und des Libanon bereit, Selbstmordattentäter auf dem Boden Europas oder Palästinas werden», sagte der Prediger damals.
Die Reaktionen auf das zynische AfD-Gruppenreisli blieb nicht aus. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz twitterte: «Assad-Fanboys irrlichtern durch Syrien.»
#AfD - #AssadFanboys irrlichtern durch Syrien: Eine Delegation von AfD-Abgeordneten besucht einen Großmufti in Syrien, der Europa schön mit Selbstmordanschlägen drohte. https://t.co/LBC87vbzh8 https://t.co/I8rfOhGBl1
— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) March 6, 2018
Andrew Stroehlein, Medienbeauftragter der NGO Human Rights Watch schrieb: «Während Assad Spitäler & Schulen bombardiert und chemische Waffen einsetzt, treffen Abgeordnete der deutschen Rechtsaussen-Partei AfD Verbündete von Assad, um über die Rückführung von Flüchtlingen zu sprechen.»
As Assad bombs hospitals & schools and uses chemical weapons, Germany's far-right AfD meets with Assad allies to talk about sending refugees back to Syria https://t.co/OPtHiEHo5i pic.twitter.com/yP8MFY8jXX
— Andrew Stroehlein (@astroehlein) March 7, 2018
Sawsan Chebli, Staatssekretärin der SPD rät dem Nordrhein-westfälische Landtagsabgeordneten Christian Blex, doch gleich im Land zu bleiben ...
Wieso bleiben Sie nicht gleich dort @ChristianBlex? Ihr Freund Assad gibt Ihnen sicherlich einen unbefristeten Aufenthalt in #Syrien. #AfD https://t.co/D9SA7K9OsV
— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) March 6, 2018
... und natürlich lässt es sich auch das Satiremagazin «Extra 3» nicht nehmen, die AfD-Abgeordneten aufs Korn zu nehmen ...
AfD-Syrien-Tour 2018: Wir sind gespannt auf die Schnappschüsse aus der Fußgängerzone in Ost-Ghouta! Syrien ist nur einmal im Jahr! https://t.co/wsW11VE5Zl
— extra3 (@extra3) March 6, 2018
... ebensowenig wie die «heute-show» von ZDF:
Sieben #AfD-Abgeordnete sind nach Syrien gereist und prüfen, ob es ein sicheres Herkunftsland ist.
— ZDF heute-show (@heuteshow) March 6, 2018
Vermutlich werden sie entsetzt sein über die fortgeschrittene Islamisierung.
Sieben #AfD-Abgeordnete sind nach Syrien gereist und prüfen, ob es ein sicheres Herkunftsland ist.
— ZDF heute-show (@heuteshow) March 6, 2018
Danach wollen sie testen, ob im Mittelmeer ertrinken wirklich so unangenehm ist.
Eine Delegation der AfD besucht derzeit Syrien. Das erste Feedback lautet:
— PM Cheung (@pm_cheung) March 7, 2018
"Liebe Mama,
hier ist alles schön, friedlich und entspannt. Das Essen schmeckt voll toll und die Leute sind freundlich. Krieg, Bomben und Giftgas haben wir nirgends gesehen.
Liebe Grüße
Deine AfD" pic.twitter.com/A7MnGI7ANT
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert kritisierte die Aktion der AfD-Politiker in einem Statement scharf: Das syrische Regime zeige jeden Tag, wie menschenverachtend es vorgeht. «Wer dieses Regime hofiert, der disqualifiziert sich selbst». Auch aus den anderen Parteien ertönen klare Worte: Die Reise sei «widerlich», sagte der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU Michael Brand laut Tagesschau.de. Der Grünen-Politiker Omid Nouripour wiederum erklärte, das Treffen mit Hassun könne man als «klare Beihilfe zum Terror» bezeichnen. (wst)
Die Meinungen zur AfD sind gemacht. Um erfolgreich zu bleiben muss sie aktuell bleiben, wieder hat sie einen Köder ausgeworfen, der von den Medien dankend geschluckt wurde.