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Türkei

Türkei tritt aus der Isanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen aus

epa09057071 Female protesters hold placards and shout slogans during demonstration on the occasion of the International Day for the Elimination of Violence Against Women in Istanbul, Turkey, 06 March  ...
Türkische Demonstrierende am Weltfrauentag in Istanbul. Bild: keystone

Erdogan will Gewalt an Frauen nicht verhindern – und tritt aus der Istanbul-Konvention aus

20.03.2021, 06:54
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Die Türkei ist aus der sogenannten Istanbul-Konvention ausgetreten, die Gewalt an Frauen verhindern und bekämpfen soll. Eine entsprechende Entscheidung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wurde in der Nacht zu Samstag im Amtsblatt veröffentlicht.

Die internationale Vereinbarung war 2011 vom Europarat ausgearbeitet worden und sollte einen europaweiten Rechtsrahmen schaffen, um Gewalt gegen Frauen zu verhüten und zu bekämpfen. Erdogan selbst hatte die Konvention in Istanbul – dem Ort der finalen Einigung – unterschrieben, damals noch als Ministerpräsident. Später wurde sie in der Türkei zwar auch entsprechend ratifiziert, laut der Organisation «Wir werden Frauenmorde stoppen» aber nie angewendet.

Gewalt an Frauen ist in der Türkei, wie in vielen Ländern, ein verbreitetes Problem. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Diskussionen um einen möglichen Austritt aus der Konvention. Nach dem Vollzug riefen die Aktivistinnen von «Wir werden Frauenmorde stoppen» nun via Twitter zu Protesten gegen die Entscheidung auf.

Turkey's President Recep Tayyip Erdogan waves from the video monitor as he participates in a video conference with European Commission President Ursula von der Leyen and European Council Presiden ...
Präsident Erdogan an einer Videokonferenz mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.Bild: keystone

Die Generalsekretärin der Organisation Fidan Ataselim sagte, die Regierung gefährde mit dem Austritt das Leben von Millionen Frauen. Sie forderte die türkische Führung auf, die Entscheidung zurückzunehmen und die Konvention anzuwenden. In einem auf Twitter geteilten Video sagte sie: «Ihr könnt Millionen Frauen nicht zu Hause einsperren, ihr könnt Millionen Frauen nicht von den Strassen und Plätzen ausradieren.»

Nach Angaben der Organisation wurden allein im vergangenen Jahr mindestens 300 Frauen in der Türkei von Männern ermordet. Erst kürzlich heizten die Vergewaltigung und der Mord an einer 92-Jährigen sowie das Video einer brutalen Tat, bei der sich ein Mann an seiner Ex-Frau verging, die Diskussion um Gewalt gegen Frauen an.

Zum Internationalen Frauentag hatten am 8. März in Istanbul Tausende Menschen friedlich für Gleichberechtigung und gegen Gewalt an Frauen demonstriert. Erdogan hatte an dem Tag gesagt, man wolle stärker gegen Gewalt an Frauen vorgehen und Familien, deren Fundament «Mann und Frau» seien, als Institution stärken. (sda/dpa)

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39 Kommentare
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Linus Luchs
20.03.2021 07:28registriert Juli 2014
Diktatoren brauchen ein Oben und ein Unten. Sie sind oben, und je mehr unten sind, desto besser fühlen sie sich. Tragischerweise wurde Erdogan gewählt. Auch von den Frauen.
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banda69
20.03.2021 08:55registriert Januar 2020
Übrigens: Die SVP hat sich wehement gegen einen Beitritt zur Istanbuler Konvention gewehrt. Ein Beitritt bringe keinen materiellen Wert (!).
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Rethinking
20.03.2021 08:01registriert Oktober 2018
Erdogan, Putin, Bolsonaro, Orbán, Xi Jinping, Kim Jong-un...

Das ganze Pack gehört abgesetzt..
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