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Terrorismus

Warum die meisten Terroristen Ingenieure sind

Der mutmassliche Bombenbauer bei den Attentaten von Paris, Najim Lachouri, hat Elektrotechnik studiert.
Der mutmassliche Bombenbauer bei den Attentaten von Paris, Najim Lachouri, hat Elektrotechnik studiert.
Bild: EPA/BELGIUM FEDERAL POLICE

Intelligent, homophob, autoritätsgläubig: Warum Ingenieure die besten Dschihadisten sind

Untersucht man die Profile islamistischer Attentäter sticht eines ins Auge: Sie sind fast alle Ingenieure. Ein Oxford-Soziologe hat den Zusammenhang von Bildung und Extremismus untersucht und ist zu spannenden Erkenntnissen gelangt. 
04.04.2016, 14:3104.04.2016, 15:08
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Der mutmassliche Bombenbauer bei den Attentaten von Paris und Brüssel, Najim Lachouri, hat Elektrotechnik studiert. Mohammed Atta, einer der 11.-September-Terroristen, war Ingenieur, genauso wie Osama Bin Laden. Von den radikalen Islamisten mit Hochschulabschluss aus der muslimischen Welt haben fast die Hälfte, genauer 44,9 Prozent, Ingenieurwissenschaften studiert, in westlichen Ländern sind es sogar 45,1. Von den 25 Hauptakteuren von 9/11 waren 8 Ingenieure. 

Zufall? Das glaubt Diego Gambetta nicht. Der Soziologieprofessor hat an der Universität Oxford die Bildungsprofile von über 4000 Personen mit Terrorverbindung untersucht. Im Interview mit der NZZ am Sonntag erklärt er, warum Ingenieure die besten Dschihadisten sind. Hier sind die 4 Hauptgründe.

Ingenieure sind analytisch, aber autoritätsgläubig

Das macht sie zu guten Dschihadisten. Ingenieure sind tendenziell intelligent, wissbegierig und denken analytisch. Gleichzeitig können sie aber auch Autoritäten und Hierarchien respektieren. Sie schätzen individuelle Leistung und glauben, dass im Leben jeder in der Position ist, die er verdient. So wird Hierarchie gerechtfertigt.

Diese Eigenschaften fallen gemäss Gambetta nicht oft zusammen und sind bei Terror-Organisationen beliebt.

Ingenieure mögen es klar und strukturiert

Diese Strukturen bieten Dschihad-Organisationen: Die Hierarchie ist klar, die Ideologie starr.

Ingenieure mögen keine Vieldeutigkeit, sondern klare Zusammenhänge und Strukturen. Sie schätzen komplexe Kausalitäten gering und haben einen Hang zum Schwarz-Weiss-Denken. Religöse Dogmen sind dafür genau richtig. Die Religion bietet Ordnung, Eindeutigkeit und ganz klare Regeln. 

Ingenieure haben eine Tendenz zum ausgeprägten Ekel

Terroristen wie Ingenieure fürchten sich vor Dreck und Unordnung. Gambetta nennt das Beispiel des Times-Square-Bombers Faisal Shazad, der die Herdplatten in seiner Küche mit Alufolie vor Flecken schützte. 

Der Begriff der Reinheit ist bei Salafisten zentral, Terrororganisationen glauben, die Gesellschaft von den Ungläubigen und den «schlechten» Muslimen zu reinigen. Genau wie bei rechtsextremen Gruppen – in denen sich ebenfalls viele Ingenieure finden – geht es den Terroristen um den Schutz ihres kulturellen Umfeldes und das Abwehren von fremden Einflüssen.

Passend dazu nennt Gambetta die Aversion gegen Homosexuelle. Studien belegen, dass sie bei angehenden Ingenieuren ausgeprägter ist, als beispielsweise bei Psychologen oder Sozialwissenschaftlern. 

Ingenieure unterscheiden scharf zwischen Zugehörigen und Outsidern

Ingenieure haben das Bedürfnis nach Abgrenzung und geschlossenen Systemen. Sie mögen die kognitive Geschlossenheit. Gemäss Gambetta bedeutet ihnen beispielsweise auch familiärer Zusammenhalt mehr als Psychologen oder Naturwissenschaftlern.

Diese Gemeinschaft bieten Terrororganisationen. Die Denkmuster sind in sich geschlossen und die Mitstreiter bilden eine familiäre Gemeinschaft. 

(rar)

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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easyViggi
04.04.2016 16:06registriert Februar 2016
Grundsätzlich beschreiben die beschriebenen Eigenschaften tatsächlich einen Ingenieur. Allerdings ist es dann widersprüchlich, dass ein Ingenieur an Gott glaubt, da es kaum so etwas willkürliches wie Religion gibt. Ausserdem fehlt jeglicher Beweis dafür, dass es einen Gott gibt, was normale Ingenieure misstrauisch gegenüber dem Djihad stimmen sollte.
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Ratchet
04.04.2016 17:19registriert Mai 2015
45% der Terroristen MIT Hochschulabschluss sind Ingenieure? Solche Zahlen sagen nichts aus, solange man nicht weiss, wieviel Leute mit Hochschulabschlüsse insgesamt Ingenieure sind.
In ärmeren Länder werden verhältnismäßig viel mehr Ingenieure ausgebildet, da man somit eher bessere Berufsaussichten hat, als mit etwas anderes. Wer will schon in einem Land mit hoher Arbeitslosigkeit Soziologie oder Philosophie studieren?
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posti
04.04.2016 15:09registriert Juli 2014
Naja vielleicht liegts auch einfach daran, dass ein Soziologe schlicht zu blöd wäre eine Bombe zu bauen. Ganz ehrlich das ist sowas von voller Vorurteile! Die ETH müsste ja nur so von homophoben, sozialunfähigen Vollpfosten strotzen, die ihr Mami brauchen damit sie wissen, dass sie sich auf dem Klo den Hintern abwischen müssen. Nein ehrlich wie kommt man auf solche Theorien?
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