Kapstadts Einwohner dürfen seit Anfang Jahr im Schnitt laut Stadtverwaltung nur noch 87 Liter Wasser pro Tag verbrauchen – und das zum Trinken, Waschen, Kochen, Putzen und Klospülen. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt der Wasserverbrauch pro Kopf allein für die WC-Spülung bei rund 42 Litern am Tag. Ein Bad benötigt 150 Liter Wasser.
Die Swimmingpools sind schon lange trocken. Gärten dürfen seit Monaten nicht mehr gewässert, Autos nicht gewaschen werden. Dabei hat gerade erst die trockene Sommerzeit begonnen. Regen wird erst im Mai oder Juni erwartet – wenn überhaupt.
Wenn es nicht bald regnet, droht Ende April die «Stunde Null», in der die Stadt das Wasser abstellen muss. Dann müssten sich die rund 4,5 Millionen Einwohner ihr Wasser unter Aufsicht von Militär und Polizei an 200 Verteilungspunkten abholen.
Täglich würde es dann in einer der entwickeltsten Städte Afrikas nur noch 25 Liter Wasser pro Person geben – das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Minimum zur Aufrechterhaltung von Gesundheit und Hygiene.
Bürgermeisterin de Lille sagt, um Wasser zu sparen, dusche sie nicht mehr jeden Tag und komme auch mal mit fettigen Haaren ins Büro. Doch wenn nicht schnell mehr Wasser gespart wird, könnte sich die Stadt mit der «Stunde Null» trotzdem in ein Katastrophengebiet verwandeln.
«Wir versuchen alles, um die »Stunde Null« zu verhindern, doch dafür müssen wir unsere Beziehung zu Wasser grundsätzlich ändern», warnt Kapstadts Bürgermeisterin Patricia de Lille. «Wir haben nicht mehr viel Zeit, unseren Wasserverbrauch zu reduzieren», sagte sie bei der Ankündigung der neuen Massnahmen. «Wir müssen es jetzt tun.»
Um die «Stunde Null» noch abzuwenden, hat die Stadtverwaltung den erlaubten Wasserverbrauch ab 1. Januar nun von 20'000 Litern auf 10'500 Liter pro Haushalt halbiert. Haushalte mit mehr als vier Personen können allerdings eine Sondergenehmigung für höheren Wasserverbrauch beantragen.
Schon jetzt sind die Stauseen, die Kapstadt mit Wasser versorgen, nur noch zu einem Drittel voll, die Region wurde schon vor Monaten zum Katastrophengebiet erklärt. «Wenn der Wasserspiegel auf unter 13 Prozent sinkt, drehen wir die Wasserhähne zu», droht de Lille.
Nur die dicht besiedelten Armengebiete rund um Kapstadt würden von extremen Massnahmen ausgeschlossen, da dort das Risiko von Krankheitsausbrüchen zu hoch sei.
«Es ist klar, dass das Wasser an den Staudämmen, die die Stadt versorgen, bis zum nächsten Regen nicht ausreichen wird», warnt Piotr Wolski, ein Klimaforscher der Universität Kapstadt. Daher müsse der Wasserverbrauch stark rationiert werden.
Die Ursachen der Krise haben nach Angaben von Forschern der Universität Kapstadt mehr mit den Auswirkungen des Klimawandels als mit schlechter Planung der Stadt zu tun. Kapstadt liegt in einer zunehmend trockenen Provinz, dem Westkap, in der sich das Wetter in den vergangenen Jahren dramatisch verändert hat. Zudem verursacht das Klimaphänomen El Niño in der Region extreme Trockenheit.
Zahlreiche auf Wasser angewiesene Betriebe wie Gärtnereien und Autowaschanlagen sind pleitegegangen. Auch die Landwirtschaft im Westkap habe in dieser Ernte-Saison Verluste in Millionenhöhe verzeichnet, sagt Regierungsvertreter Graham Paulse.
Die Zwiebelernte sei um die Hälfte geschrumpft, die Obsternte soll um 20 Prozent zurückgehen, die Weinernte um fünf Prozent. Rund 50'000 Arbeitsplätze sollen aufgrund der Dürre bedroht sein.
Viele Bürger versuchen, sich von der städtischen Wasserversorgung zumindest teilweise unabhängig zu machen. Sie installieren Systeme zur Wasserwiederverwertung und lassen Brunnen graben. Regenwassertanks sind überall ausverkauft.
An zwei natürlichen Quellen am Stadtrand drängeln sich täglich Dutzende Einwohner, um Wasserkanister aufzufüllen. «Wenn es schlimmer wird, ziehen wir weg. Das ist doch keine Art zu leben», klagt Yusuf Manjee, ein 68-jähriger Rentner, als er zahlreiche Plastikflaschen auffüllt.
Gleichzeitig versucht die Stadt, die Wasserversorgung durch eine Reihe von Meerwasserentsalzungsanlagen, Wasserrückgewinnung und Grundwasserentnahmen zu verbessern. Auch ist in vielen Stadtteilen der Wasserdruck reduziert worden, um den Verbrauch zu senken.
Ab Februar erwägt die Stadt die Einführung einer «Dürresteuer», die Hauseigentümern je nach Immobilienwert eine gestaffelte Zulage abverlangt. Auf diesem Wege will de Lille über die nächsten vier Jahre umgerechnet 260 Millionen Euro für die Ausweitung der Wasserinfrastruktur gewinnen. (whr/sda/dpa)