Der Zürcher Völkerrechtsexperte Nils Melzer hat das Nachsehen: Chiles frühere Präsidentin Michelle Bachelet soll neue UNO-Kommissarin für Menschenrechte in Genf werden. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres kündigte die Personalie am Mittwoch an.
Der Vorschlag muss noch von der UNO-Vollversammlung bestätigt werden. Diese soll am Freitag zu einer Abstimmung zusammenkommen. Diplomatenangaben zufolge ist davon auszugehen, dass Bachelet genügend Stimmen erhält. Bachelet würde auf den Jordanier Zeid Ra'ad Al Hussein folgen, der den Posten am 31. August abgibt. Guterres hatte zuvor keinen Hehl daraus gemacht, dass er eine Frau bevorzugen würde.
Beworben hatte sich auch der Zürcher Völkerrechtler Nils Melzer. Der 48-Jährige ist seit zwei Jahren UNO-Sonderbeauftragter für Folter. Er gratulierte Bachelet zur Nomination. Er freue sich darauf, mit ihr zusammenzuarbeiten, schrieb Melzer am Mittwoch auf Twitter.
Congratulations to @mbachelet and @antonioguterres on her nomination as #nextHCHR ! I sincerely look forward to working with her in my function as UNSRT. May our public debate have contributed to strengthening her tenure!
— Nils Melzer (@NilsMelzer) 8. August 2018
(https://t.co/Ifvo7fQmxr)
In einem am Donnerstag publizierten Interview mit dem «Tages-Anzeiger» erklärte er, man sei immer enttäuscht, wenn man als Bewerber nicht berücksichtigt werde. Persönlichkeiten wie Barchelet seien eine hochkarätige Konkurrenz.
Bachelet war Chiles erste Präsidentin und regierte für zwei Amtszeiten 2006 bis 2010 sowie 2014 bis 2018 als Staatsoberhaupt. Von 2010 bis 2013 leitete sie die Behörde UN Women, die sich mit Themen rund um Gleichstellung und die Rechte von Frauen weltweit befasst. Die Sozialistin hatte die chilenische Präsidentschaft im März an ihren Nachfolger Sebastián Pinera für dessen zweite Amtszeit abgegeben.
Der bisherige Kommissar Zeid hat in der Vergangenheit deutliche Kritik an Staatsoberhäuptern geäussert, darunter US-Präsident Donald Trump und der philippinische Präsident Rodrigo Duterte. Auch ranghöchste Politiker dürften von Kritik beim Thema Menschenrechte nicht verschont bleiben, hatte Zeid vergangene Woche mit Blick auf seine Nachfolge gesagt.
Der Schweizer Melzer hatte seine Kandidatur vor zwei Wochen über den Kurzmitteilungsdienst Twitter bekannt gemacht und war der Erste, der seine Ambitionen öffentlich gemacht hatte. Er sprach sich dabei klar gegen die Politik des Bisherigen und für einen einvernehmlicheren Kurs aus.
Der nächste Hochkommissar sei mit beispiellosen Herausforderungen konfrontiert, erklärte Melzer damals. Er müsse verstehen, dass es bei der Verteidigung der Menschenrechte nicht darum gehe, Regierungen zu attackieren und anderen Schuld oder Fehler zuzuweisen.
Neben Bachelet und Melzer waren noch weitere Namen im Umlauf. Dazu gehörte unter anderem die frühere Generaldirektorin der UNESCO, Irina Bokova, die ehemalige Präsidentin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, die Argentinierin Silvia Fernandez de Gurmendi oder der UNO-Sonderberater zur Verhütung von Genozid, Adama Dieng.
Melzer hatte während zwölf Jahren beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in verschiedenen Krisenregionen gearbeitet, als Delegierter, Vize-Missionschef und Rechtsberater. Neben seinem UNO-Mandat hält er einen Lehrstuhl für humanitäres Völkerrecht an der Universität Glasgow und lehrt an der Genfer Akademie für humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte in Genf.
Sollte Bachelet für das Amt bestimmt werden, werde sie einen der schwierigsten Jobs zu einer Zeit übernehmen, in der die Menschenrechte vielerorts angegriffen würden, erklärte der Chef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth. «Da sie selbst Opfer war, bringt sie eine einzigartige Perspektive für die Rolle hinsichtlich der Bedeutung einer energischen Verteidigung der Menschenrechte mit.»
Die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, erklärte nach der Nominierung Bachelets für den Posten, diese müsse «die Fehler der Vergangenheit vermeiden». Die USA waren im Juni aus dem UNO-Menschenrechtsrat ausgetreten. Zur Begründung hiess es, das Gremium sei eine «Jauchegrube der politischen Voreingenommenheit». Die US-Regierung wirft dem Menschenrechtsrat vor allem eine israelfeindliche Haltung vor. (sda/dpa/afp)