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Del Ponte: «Der IS lässt Leute am Leben, bloss um sie weiter zu foltern»

ARCHIVBILD ZUM AUSSTIEG VON CARLA DEL PONTE AUS DER UNO-UNTERSUCHUNGSKOMMISSION ZU SYRIEN, AM SONNTAG, 6. AUGUST 2017 - Carla del Ponte, Member of the Independent Commission of Inquiry on the Syrian A ...
Die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte ist mittlerweile in Pension. Bild: KEYSTONE

Erschütterte Del Ponte: «Der ‹IS› lässt Leute am Leben, bloss um sie weiter zu foltern»

27.09.2017, 06:4727.09.2017, 09:08
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Die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte wirft der internationalen Gemeinschaft im Syrien-Konflikt Versagen vor. Gräueltaten wie etwa jene der Terrororganisation «IS» habe sie zuvor noch nie gesehen, nicht in Jugoslawien, nicht in Ruanda, sagte sie dem «Blick».

Der «IS» foltere und halte die Person am Leben, um weiter zu foltern, sagte das frühere Mitglied der UNO-Untersuchungskommission für Syrien in einem Interview mit der Zeitung vom Mittwoch. Sie habe zuvor noch nie gesehen, dass Kinder gefoltert würden. Die Täter filmten ihr Foltern. «Einem Zwölfjährigen wird in einem dieser Videos am Ende der Kopf abgeschlagen. Die Augen dieses Buben werde ich nie vergessen können.»

Sie glaube nicht mehr, dass die Welt in dem Bürgerkrieg wirklich noch nach Gerechtigkeit für die Opfer suche, sagte del Ponte weiter. Als 2011 die UNO-Ermittlungen in dem Konflikt anfingen, seien die Vertreter der syrischen Regierung die Bösen gewesen. Mittlerweile hätten in dem Krieg aber alle Kriegsverbrechen begangen. Die Terroristen, der «IS», die Opposition und die Regierung.

«Kein politischer Wille»

Es freue sie zwar sehr, dass heute bewiesen werden könne, dass etwa die syrische Regierung hinter der Gasattacke auf Khan Shaykhun vom 4. April 2017 stecke. Derzeit gebe es aber keinen politischen Willen für eine Strafverfolgung dieser Kriegsverbrecher. Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates würden schweigen, kritisiert del Ponte.

Del Ponte hielt respektive hält eine militärische Intervention für notwendig. Die Amerikaner hätten mit einer solchen Intervention gedroht. «Doch wenn Sie schon drohen, müssen Sie konsequent bleiben.»

Sie kritisiert auch die Diplomatie: «Erinnern Sie sich an die Ukraine? Da packten alle Aussenminister ihre Zahnbürsten ein und flogen nach Kiew. Ganz anders ins Syrien: Niemand ging nach Damaskus und versuchte, mit Assad zu sprechen.»

Die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte trat Anfang August aus der Unabhängigen Internationalen UNO-Untersuchungskommission für Syrien aus. Die Tessinerin kritisierte, dass sie keine Einflussmöglichkeiten habe, wenn der UNO-Sicherheitsrat trotz dutzender Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen nichts unternehme. (sda)

Die Kinder von Aleppo

Video: srf/SDA SRF
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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Energize
27.09.2017 07:30registriert Februar 2015
Starke Worte, welche die Wahrheit wohl nur zu gut wiedergeben.
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rodolofo
27.09.2017 07:50registriert Februar 2016
Der frühere Weltpolizist USA hat sich mit seinen unüberlegten und verlogenen Interventionen (im Grunde ging es den Bush-Regierungen weder um Demokratie, noch um Menschenrechte, sondern nur um Öl und darum, die militärische Vormachtstellung der US-Streitkräfte unter Beweis zu stellen) übernommen und ist darum heute ein "Lahmer Adler" der nur noch drohen kann.
Eigentlich hat dieser Abstieg bereits mit dem (verloren gegangenen) Vietnam-Krieg begonnen.
Auch darum begann Barak Obama mit einer realistischeren Politik der Verhandlungen "auf Augenhöhe" mit den diversen Playern dieser Welt...
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