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Im Dauerwettlauf namens US-Präsidentschaftswahl ist die Ziellinie in Sicht: In fünf Wochen dürfte feststehen, wer 2017 ins Weisse Haus einziehen wird. Vieles spricht für Hillary Clinton. Vor drei Wochen hing sie nach ihrem Schwächeanfall buchstäblich in den Seilen, zuletzt aber hat sie in den Umfragen deutlich zugelegt. Rivale Donald Trump hingegen hat «die vielleicht schlechteste Woche hinter sich, die ein Präsidentschaftskandidat je erlebt hat», so die Website Politico.
Das ist wie oft bei Politico ziemlich übertrieben. Unbestreitbar aber ist, dass der Kandidat der Republikaner in den letzten Tagen untendurch musste. Es begann mit seiner blamablen Vorstellung in der ersten Fernsehdebatte mit Clinton. Danach folgten Enthüllungen der unangenehmen Sorte. Die «New York Times» konnte eine alte Steuererklärung behändigen, aus der hervorgeht, dass der Unternehmer möglicherweise jahrelang keine Steuern gezahlt hat.
Das Magazin «Newsweek» berichtete über mutmassliche Trump-Deals mit dem Castro-Regime, die das Kuba-Embargo der USA verletzt hätten. Und die «Washington Post» schrieb, dass Trumps Stiftung nicht über die nötigen Bewilligungen zum Geldsammeln verfügt. Keiner dieser Berichte konnte widerlegt werden, teilweise bestätigten Trump und sein Team sie indirekt sogar.
Die wohl saftigsten Schlagzeilen aber lieferte Donald Trumps Fehde mit einer Ex-Miss. Sie begann am Ende der TV-Debatte mit Hillary Clinton, als die Demokratin sexistische Sprüche aus dem Repertoire ihres Gegenkandidaten zitierte. So habe er eine Teilnehmerin eines Schönheitswettbewerbs als «Miss Piggy» und «Miss Haushälterin» beschimpft, «weil sie eine Latina war». «Wo haben Sie das her?» fragte Trump genervt. «Ihr Name ist Alicia Machado», sagte Clinton.
Machado stammt aus Venezuela, dem Paradies aller Beautyqueens. Sie nahm 1996 als 18-Jährige an der ersten Miss-Universum-Wahl teil, die der New Yorker Bauunternehmer nach der Übernahme des Wettbewerbs ausgerichtet hatte. Sie gewann, obwohl Trump sie nicht nur mit den von Clinton erwähnten Begriffen gehänselt, sondern auch als «fett» und «hässlich» beschimpft hatte.
Nach ihrem Erfolg nahm sie tatsächlich einige Pfunde zu, worauf Trump sie als «Fressmaschine» bezeichnete und zu einem demütigenden Fitnesstraining vor laufender Kamera zwang. Ausserdem habe er ihr Einnahmen aus Werbeauftritten nie ausbezahlt, klagte Alicia Machado in einem Video, das Clintons Wahlkampfteam ins Internet gestellt hat. Die Botschaft der heute 39-Jährigen: «Donald Trump verfügt nicht über die Fähigkeiten, um Präsident der Vereinigten Staaten zu werden.»
Did Crooked Hillary help disgusting (check out sex tape and past) Alicia M become a U.S. citizen so she could use her in the debate?
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 30. September 2016
Die Provokation wirkte. Auf dem Sender Fox News bezeichnete Trump die Venezolanerin als «schlechteste Miss Universum, die wir je hatten». Auch auf Twitter wetterte er gegen die «widerliche Alicia M» und machte Anspielungen auf ein Sexvideo und ihre Vergangenheit. Gerüchte über ein solches Video kursieren seit längerem, der Beweis für seine Existenz aber steht noch aus. Heikler ist die Erwähnung von Machados Vergangenheit: Sie soll in einen Mord verwickelt gewesen sein.
1998 soll ihr damaliger Freund seinen Schwager vor einer Kirche in Venezuelas Hauptstadt Caracas erschossen haben. Alicia Machado habe das Fluchtauto gefahren, lautete der Vorwurf. Auch in diesem Fall fehlten Beweise, weshalb das Verfahren gegen die Ex-Miss eingestellt wurde. Der zuständige Richter behauptete jedoch am Fernsehen, Machado haben ihm gedroht, seine Karriere zu ruinieren und ihn zu töten.
Ein weiterer pikanter Vorwurf: Machados Tochter soll laut Fox News Latino das Ergebnis einer Liebesaffäre mit einem mexikanischen Drogenboss sein, und nicht wie von ihr behauptet einer Liaison mit einem Geschäftsmann. Auch dafür gibt es keine Belege. In einem CNN-Interview räumte Alicia Machado jedoch ein, sie sei «keine Heilige».
Bislang scheint die Kontroverse aber Trump mehr geschadet zu haben. Hillary Clintons Wahlkampfteam legte am Wochenende nach und veröffentlichte einen Zusammenschnitt seiner gesammelten frauenfeindlichen Sprüche. Der Republikaner will diese Angriffe angeblich kontern, indem er in der zweiten Fernsehdebatte am Sonntag die Untreue von Bill Clinton thematisiert.
Dieser Schuss aber könnte nach hinten losgehen. Der Ex-Präsident ist trotz seiner Affären noch immer einer der populärsten Politiker des Landes. Für Donald Trump wird die Aufgabe in den nächsten Wochen nicht leichter. Er muss strukturelle Nachteile gegenüber der Demokratin wettmachen. Und er muss sich selbst in den Griff bekommen.
Denn im bisherigen Wahlkampf gibt es eine Art Faustregel: Wenn Trump sich zahm gibt und brav vom Teleprompter abliest, holt er in den Umfragen auf. Nur hält er das nie durch, irgendwann fällt er wieder von der Rolle. Für den republikanischen Parteistrategen Ryan Williams steht Trump deshalb unter enormem Druck, in der zweiten Debatte eine überzeugende Leistung abzuliefern, wie er gegenüber Politico erklärte: «Er braucht das unbedingt.»