US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump bricht nach der Veröffentlichung eines Skandalvideos die Rückendeckung seiner eigenen Partei weg. Etliche Republikaner zogen ihre Unterstützung für Trump zurück, unter ihnen der frühere Präsidentschaftskandidat John McCain.
Die «New York Times» veröffentlichte eine Liste von 150 Parteimitgliedern, die sich von Trump distanzierten. Und damit nicht genug: Offenbar sollen noch weit schlimmere Äusserungen des Präsidentschaftskandidaten auf ihre Veröffentlichung warten:
As a producer on seasons 1 & 2 of #theapprentice I assure you: when it comes to the #trumptapes there are far worse. #justthebegininng
— Bill Pruitt (@billpruitt) 8. Oktober 2016
Im Video von 2005, das die «Washington Post» am Freitag veröffentlicht hatte, äussert sich Trump vulgär über Frauen und brüstet sich mit sexuellen Übergriffen. Die Veröffentlichung schlug so hohe Wellen, dass sich der 70-Jährige in der Nacht zum Samstag zu einer öffentlichen Entschuldigung gezwungen sah.
Kritik kam sogar von Trumps Vizekandidaten Mike Pence: Als Ehemann und Vater habe er sich persönlich beleidigt gefühlt, hiess es in einer schriftlichen Erklärung des konservativen Politikers.
As proud as I am to label myself a Republican, there is one label that I hold above all else - American. My full statement: pic.twitter.com/biRvY8S3aZ
— Arnold (@Schwarzenegger) 8. Oktober 2016
Senator John McCain erklärte, er werde bei der Wahl am 8. November nicht für Trump stimmen. Dessen jüngstes Verhalten und seine verächtlichen Aussagen über Frauen machten es ihm unmöglich, den Kandidaten weiter zu unterstützen.
Die Senatorin Kelly Ayotte und weitere Abgeordnete hatten sich zuvor ähnlich geäussert. Andere Republikaner wie die frühere US-Aussenministerin Condoleezza Rice gingen noch einen Schritt weiter und forderten gar Trumps Rückzug.
Zumindest offiziell hat Trump noch die Unterstützung von Paul Ryan und Parteichef Reince Priebus, auch wenn beide sich von den Äusserungen in dem Video entsetzt zeigten. Nach der Veröffentlichung der Aufnahmen sagte Ryan, als Vorsitzender des Repräsentantenhauses ist er derzeit der mächtigste gewählte Republikaner, einen gemeinsamen Auftritt mit Trump ab. Bei der Veranstaltung am Samstag bekräftigte er seine Aussage vom Freitag, Trumps Äusserungen hätten bei ihm Übelkeit erzeugt.
Der texanische Senator Ted Cruz, der sich erst im vergangenen Monat hinter Trump gestellt hatte, nannte die Äusserungen des Kandidaten «beunruhigend und unangemessen, es gibt schlicht keine Entschuldigung dafür». Auch Floridas Senator Marco Rubio bewertete Trumps Bemerkungen als «vulgär und unmöglich zu rechtfertigen».
Der Kandidat selbst schrieb am Samstag auf Twitter, dass er sich «niemals» aus dem Rennen zurückziehen werde. Trump traf sich in New York mit seinen Vertrauten, darunter Ex-Bürgermeister Rudy Giuliani. Dieser sagte später, es sei Wunschdenken des Clinton-Lagers, dass der Unternehmer aufgibt.
The media and establishment want me out of the race so badly - I WILL NEVER DROP OUT OF THE RACE, WILL NEVER LET MY SUPPORTERS DOWN! #MAGA
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 8. Oktober 2016
Trumps Frau Melania äusserte sich ebenfalls: «Die Worte, die mein Mann benutzt hat, sind inakzeptabel und beleidigend für mich. Dies spiegelt nicht den Mann wider, den ich kenne. Er hat das Herz und Gemüt einer Führungsperson.» Sie habe aber seine Entschuldigung angenommen und sie hoffe, dass die Leute dies auch täten, teilte das ehemalige Model am Samstag in einer schriftlichen Erklärung mit.
Statement from Melania Trump: “The words my husband used are unacceptable and offensive to me” pic.twitter.com/NhhIJ40xIE
— Evan Smith (@evanasmith) 8. Oktober 2016
In dem Skandalvideo ist zu hören, wie der damals bereits mit Melania verheiratete Trump in drastischen Worten seinen erfolglosen Versuch beschreibt, eine andere verheiratete Frau zu verführen.
Der Immobilienmogul fährt dann fort, dass er sich «automatisch» zu schönen Frauen hingezogen fühle. «Ich fange einfach an, sie zu küssen (...). Ich warte nicht einmal. Und wenn du ein Star bist, dann lassen sie es zu. Du kannst alles machen.» Er könne sogar Frauen zwischen die Beine grapschen (und sie liessen es geschehen).
Die Aufzeichnungen sind Auszüge eines Privatgesprächs Trumps mit dem damaligen Moderator der Infotainment-Fernsehsendung «Access Hollywood», Billy Bush. In den sozialen Medien wurde auch Bush kritisiert dafür, dass er die Äusserungen Trumps nicht gekontert habe.
All female guests should refuse to do interviews with #BillyBush https://t.co/dONlLo7pab @TODAYshow @TODAYonline #TrumpTapes
— 💀Terror of Dublin💀 (@taradublinrocks) 9. Oktober 2016
«Ich habe es gesagt. Es war falsch. Ich entschuldige mich», sagte Trump in einer aufgezeichneten Botschaft, die seine Wahlkampfzentrale in der Nacht zum Samstag öffentlich machte. Zugleich ging er jedoch zum Angriff über, brachte frühere Frauenaffären von Ex-Präsident Bill Clinton ins Spiel und warf Hillary Clinton vor, die «Opfer» ihres Mannes angegriffen, beleidigt und eingeschüchtert zu haben.
In einer ersten schriftlichen Reaktion kurz nach der Veröffentlichung sprach Trump am Freitag von Bemerkungen, wie sie Männer in Umkleideräumen machen würden. Bill Clinton habe bei gemeinsamen Ausflügen mit ihm auf dem Golfplatz weit schlimmere Worte fallen lassen. Er entschuldige sich aber, wenn er jemanden beleidigt haben sollte.
Here is my statement. pic.twitter.com/WAZiGoQqMQ
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 8. Oktober 2016
Hillary Clinton selbst nannte Trumps damalige Bemerkungen «schrecklich» und appellierte an die Wählerschaft: «Wir dürfen es nicht zulassen, dass dieser Mann Präsident wird.»
This is horrific. We cannot allow this man to become president. https://t.co/RwhW7yeFI2
— Hillary Clinton (@HillaryClinton) 7. Oktober 2016
Die Veröffentlichung ist für ihn nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch wegen des Timings äussert heikel. Bereits am Sonntagabend (Ortszeit/0300 MESZ Montag) trifft er in St. Louis in der zweiten Fernsehdebatte auf seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton.
Die erste TV-Debatte Ende September hatte die Demokratin nach unabhängigen Einschätzungen klar gewonnen. Danach legte sie in Umfragen zu und erhöhte damit den Druck auf Trump, im zweiten Fernsehduell gut abzuschneiden. Danach gibt es nur noch eine letzte TV-Debatte, bevor am 8. November gewählt wird. (kad/sda)