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Man träumte von einem tollen, inspirierenden Duell. Etwa zwischen dem libertären Senator Rand Paul und der scharfzüngigen Linken Elizabeth Warren. Es sollte nicht sein. Paul blieb früh auf der Strecke, Warren trat gar nicht erst an. Man erhält stattdessen Hillary Clinton gegen Donald Trump. Das steht nach der jüngsten Runde der US-Vorwahlen vom Dienstag so gut wie fest.
Die demokratische Ex-Aussenministerin kann auch rechnerisch kaum eingeholt werden. Ihr Rivale Bernie Sanders wird noch einige Zeit im Rennen bleiben und auf den einen oder anderen Coup hoffen, etwa im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien. Damit will der Altpolitiker mit der jungen Fangemeinde und dem linken Programm den Druck auf Clinton aufrecht erhalten.
Der republikanische Spitzenreiter dagegen ist noch nicht durch. Allerdings gehen Trump die ernsthaften Gegner aus. Marco Rubio, der einstige Favorit der Partei-Nomenklatura, warf nach der Niederlage im heimatlichen Florida entnervt das Handtuch. Bleibt John Kasich. Der Gouverneur von Ohio hat sich von Anfang an als Stimme der Vernunft positioniert. Er kann jedoch ausser dem Sieg in seinem Heimatstaat und einem zweiten Platz in New Hampshire wenig vorweisen.
An der Spitze der Republikaner sorgt ein möglicher Kandidat Trump für Schweissausbrüche. Hinter den Kulissen sollen laut US-Medien hektische Planspiele im Gang sein, um seine Nominierung am Parteikonvent in Cleveland im Juli zu verhindern. Voraussetzung ist, dass der «blonde Berlusconi» (das Magazin «The Economist») keine Mehrheit der Delegiertenstimmen erobern kann. Dann könnte ein neuer, mehrheitsfähiger Kandidat nominiert werden. Im Gespräch ist etwa Paul Ryan, 2012 Kandidat für das Vizepräsidium und heute Vorsitzender des Repräsentantenhauses.
Präsidentschaftskandidaten wurden früher überwiegend auf diese Art ernannt. Heute würde die Wählerschaft ein solches Manöver kaum mehr goutieren. Deshalb dürften Hillary Clinton und Donald Trump die Wahl am 8. November unter sich ausmachen, vorausgesetzt, sie stellen sich nicht selbst noch ein Bein. Für den «Economist» ist diese Aussicht «düster». Hier der schrille New Yorker Immobilien-Tycoon, dort die Ex-First-Lady, die wie eine Verkörperung eines dysfunktionalen Systems wirkt. Für viele ist das gleichbedeutend mit der Wahl zwischen Pest und Cholera.
Donald Trump hat sich in letzter Zeit bemüht, staatsmännischer aufzutreten. Damit kann er den ganzen Müll nicht vergessen machen, den er bislang im Wahlkampf produziert hat. Seine rassistischen und sexistischen Ausfälligkeiten, seine kriegshetzerischen Parolen, seine narzisstische Selbstinszenierung. Diesen Ballast wird er im Hauptwahlkampf nicht einfach los.
Fast noch schlimmer sind aus Sicht vieler Republikaner Trumps «linke» Ansichten in der Sozialpolitik und sein Protektionismus. Eine Risikoanalyse der Economist Intelligence Unit (EIU) – ein Ableger des britischen Magazins – stuft Trumps Wahl zum Präsidenten als Gefahr für die globale Sicherheit ein. Auf der Bedrohungsskala von 1 bis 20 erreicht sie den Wert 12, gleich viel wie die mögliche Destabilisierung der Weltwirtschaft durch dschihadistischen Terror.
Hillary Clinton ist zweifellos eine kompetente Politikerin. Sie hat aber auch das Image eines kühlen und berechnenden Kontrollfreaks mit Hang zu eigenmächtigem Vorgehen. Sie schafft es auch nicht, die Herzen der Menschen zu berühren. Und sie ist als ehemalige First Lady, Senatorin und Aussenministerin eng mit einem System verhängt, das viele Amerikaner nur noch verachten.
Ausserdem leistete sie sich zuletzt einige bizarre Ausrutscher. Am Rande der Trauerfeier für die verstorbene einstige First Lady Nancy Reagan lobte sie deren Einsatz gegen Aids. Tatsächlich hatten Nancy und ihr Ehemann Ronald Reagan die «Schwulenseuche» auch dann noch ignoriert, als renommierte Mediziner längst Alarm geschlagen hatten. Und bei einem Auftritt in Ohio sagte Clinton, sie wolle «Kohlearbeiter und Kohlefirmen ausmustern». Gemeint hatte sie, dass sie diese durch moderne Cleantech-Jobs ersetzen will. Das aber kam nicht rüber.
Dabei sind es die Industrie- und Bergarbeiter, bei denen Donald Trump besonders gut punkten kann. Sie fühlen sich vom wirtschaftlichen Aufschwung ausgeschlossen und sind empfänglich für protektionistische Töne. Ausserdem wird Clinton weiterhin durch die Affäre um den privaten Mailserver belastet, über den sie ihre Korrespondenz als Aussenministerin abgewickelt hatte. Das FBI ermittelt wegen eines möglichen Verstosses gegen die Geheimhaltung.
Trotzdem hat Hillary Clinton in einem Duell gegen Donald Trump fast alle Trümpfe in der Hand. Der «Economist» erkennt deshalb in der Albtraum-Paarung sogar eine Chance für Amerika. Die Demokratin könne gemässigte Republikaner auf ihre Seite ziehen und «eine noch breitere Koalition bilden als jene, die Barack Obama 2008 und 2012 zum Sieg verhalf». Ihre Partei könnte so nicht nur die Präsidentschaft gewinnen, sondern auch die Mehrheit im Senat.
Im besten Fall werden die Republikaner nach einer solchen Niederlage zur Vernunft kommen und ihre Blockadehaltung aufgeben, mit der sie Obama das Leben schwer gemacht hatten. Mit einer Präsidentin Clinton könne ein neuer Konsens entstehen, der das Land regierbarer mache und «Trumps Angebot eines Amerika, das sich gegen sich selbst wendet, begräbt».
Allerdings darf man Donald Trump nicht abschreiben. Auch wenn ihn seine Partei viel zu lange sträflich unterschätzt hat, hat gerade er in diesem Wahlkampf den Beweis für eine bekannte Redensart geliefert: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.