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USA steigen aus Abrüstungsvertrag mit den Russen aus

USA steigen aus Abrüstungsvertrag mit den Russen aus

Die USA steigen aus dem INF-Vertrag mit Russland zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen aus. Dies gab die US-Regierung am Freitag in Washington bekannt.
01.02.2019, 22:02
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epa07336159 US Secretary of State Mike Pompeo announces the US withdrawal from the Intermediate-Range Nuclear Forces (INF) Treaty at the State Department in Washington, DC, USA, 01 February 2019. The  ...
US-Aussenminister Mike Pompeo.Bild: EPA/EPA

Aussenminister Mike Pompeo sagte, bereits ab diesem Samstag sähen sich die Vereinigten Staaten nicht mehr an den Vertrag gebunden. Er warf Russland vor, das Abkommen über nukleare Mittelstreckensysteme in «schamloser» Weise verletzt zu haben. Die USA seien aber bereit, weiterhin mit Russland über die Rüstungskontrolle zu verhandeln.

Die Mitteilung der Amerikaner kam einen Tag vor dem Ablauf der gesetzten 60-Tages-Frist in dem Streit. Die USA hatten der Regierung in Moskau Anfang Dezember ein Ultimatum bis zu diesem Samstag gesetzt, um sich wieder an die Vertragsbedingungen zu halten. Die Frist ist nach Ansicht der USA aber ergebnislos verstrichen.

Nato unterstützt USA

Offiziell aufgelöst wird das INF-Abkommen laut Vertragstext aber erst sechs Monate nach der Aufkündigung. Damit bleibt noch etwas Verhandlungsspielraum, um den Vertrag womöglich noch zu retten.

Allerdings blieben alle bisherigen Versuche dazu ohne Erfolg. Bei einem endgültigen Aus des Vertrags befürchten Experten einen neuen und hochgefährlichen Rüstungswettlauf.

Die Nato-Partner der USA stellten sich hinter die Entscheidung Washingtons. In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des Nordatlantikrats heisst es, die Verbündeten unterstützten den Schritt uneingeschränkt.

Kreml weist Vorwürfe zurück

Die Amerikaner und die Nato werfen den Russen vor, mit ihren Raketen vom Typ 9M729 (Nato-Code: SSC-8) gegen den INF-Vertrag zu verstossen.

epa07335267 (FILE) - Russian military serviceman stands near the Iskander M Missile complex during a briefing on the issue of creation ground-based cruise missile 9M729 at Patriot military exhibition  ...
Das russische Militär präsentiert die Iskander-Raketen Typ 9M729.Bild: EPA/EPA

Dieser verbietet Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme. Die USA und die damalige Sowjetunion hatten den Vertrag 1987 geschlossen.

Nach Angaben aus den USA sollen die russischen Raketen jedoch mindestens 2600 Kilometer weit fliegen können und wären damit in der Lage, nahezu alle Hauptstädte in Europa zu treffen.

Der Kreml weist die Vorwürfe zurück und versichert, die Reichweite der 9M729 liege knapp unter 500 Kilometern, was vertragskonform wäre. Entsprechend kritisierte Moskau am Freitag den US-Ausstieg aus dem INF-Vertrag.

Diese Entscheidung Washingtons sei ein weiteres Beispiel für die Abkehr der US-Regierung von ihren internationalen Verpflichtungen, sagte die Sprecherin des Aussenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa. Es gehe nicht um die Frage einer «Schuld Russlands». «Es ist die Strategie der USA, sich ihrer internationalen rechtlichen Verpflichtungen in verschiedenen Bereichen zu entledigen.»

Atomare Aufrüstung wahrscheinlich

Kritiker werfen aber auch den USA vor, kein besonders grosses Interesse an dem INF-Vertrag in seiner derzeitigen Form zu haben. Das liegt vor allem daran, dass der aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Deal nur Amerikaner und Russen bindet, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China.

China soll jedoch mittlerweile über knapp 2000 ballistische Raketen und Marschflugkörper verfügen, die gemäss den Kriterien unter das Abkommen fallen würden.

Für Europa ist die Aufkündigung des Vertrags hochbrisant, weil diese aller Voraussicht nach eine Diskussion über atomare Aufrüstung in Europa nach sich ziehen wird. Nach Auffassung von Militärs liessen sich nämlich nur so langfristig ein strategisches Gleichgewicht und Abschreckung sichern.

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quelle: epa/us navy / petty officer 2nd class lyle wil / handout
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Die Schweiz warnte jedoch, ein erneutes Wettrüsten sei in niemandes Interesse. Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) äusserte in einer Mitteilung vom Freitag Bedauern darüber, dass es den Vertragspartein nicht gelungen ist, die Aufkündigung des Vertrags durch eine einvernehmliche Lösung zu verhindern.

Das EDA habe die USA und Russland in der Vergangenheit dazu aufgerufen, bestehende Unklarheiten zu einer möglichen Verletzung umgehend zu klären und von einem Rückzug aus dem Vertrag abzusehen. Nun hoffe es, dass die Parteien die 6-monatige Übergangsfrist nutzen würden, um den INF-Vertrag als zentrales Element der europäischen Sicherheit zu erhalten. (sda/dpa/afp)

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77 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
01.02.2019 14:59registriert Februar 2014
Die Welt wird von Idioten und Vollidioten regiert!
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Butzdi
01.02.2019 15:13registriert April 2016
Trump was wirklich die beste Investition, die Putin je machte. Jetzt noch alle Sanktionen weg und USA aus der Nato raus und alle feuchten Träume des Kremls wurden umgesetzt.
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Linus Luchs
01.02.2019 15:49registriert Juli 2014
Es war in den 70er- und 80er-Jahren ein harter Weg, die atomare Bedrohung zwischen den USA und der Sowjetunion – mit Europa im Sandwich – schrittweise abzubauen. Die SALT-Verträge, der ABM-Vertrag und der INF-Vertrag sorgten für die ersehnte Entspannung. Reagan und Gorbatschow setzten die historischen Unterschriften. Dreissig Jahre später regieren in Washington ein narzisstisches Riesenbaby und in Moskau ein intriganter Supermacho, und der kalte Krieg kehrt zurück. Dazu kommt noch die aufstrebende Atommacht China mit ihrem eigenen Diktator. Bald richten wir wieder unsere Luftschutzkeller ein.
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Zeigt Mike Johnson jetzt endlich Eier?
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Der Präsident will es, der Senat will es, und auch eine Mehrheit der Abgeordneten will es, das Hilfspaket für die Ukraine. Bisher jedoch sind die so dringend benötigten Gelder blockiert. Der Grund für diese absurde Situation liegt im amerikanischen Politsystem. Der Führer der Mehrheit in der jeweiligen Kammer kann darüber entscheiden, ob ein Gesetz zur Abstimmung gelangt oder nicht. Das hat weitreichende Konsequenzen.

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