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Merkel über Trump nach G7-Eklat: «Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen»

Merkel: «Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen» – und Trump schiesst sogleich zurück

11.06.2018, 08:2011.06.2018, 09:56
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Wie der kanadische Premier Justin Trudeau hat auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erneut Gegenmassnahmen gegen die US-Metallschutzzölle angekündigt. Sie kritisierte Trumps zurückgenommene Zustimmung zur G7-Gipfelerklärung als «ernüchternd» und «deprimierend».

«Wir lassen uns nicht eins ums andere Mal über den Tisch ziehen. Wir handeln dann auch», sagte Merkel in der ARD-Sendung «Anne Will» am Sonntagabend mit Blick auf die verhängten US-Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium. Die USA hätten rechtswidrig im Sinne der WTO-Regeln gehandelt, die EU werde nun wie angekündigt reagieren – aber im Rahmen der WTO-Regeln. Ausdrücklich verwies Merkel darauf, dass auch Kanada am 1. Juli Gegenmassnahmen ergreifen werde.

epa06788860 German Chancellor Angela Merkel answers a question during a Q&A session of the German parliament Bundestag in Berlin, Germany, 06 June 2018. The head of government has been questioned  ...
Die deutsche Bundeskanzlerin zieht nach dem G7-Gipfel Konsequenzen. Die EU wird geschlossen am 1. Juli gegen die verhängten US-Schutzzölle handeln.Bild: EPA/EPA

Diese erneute Ankündigung Trudeaus hatte US-Präsident Donald Trump als Grund genannt, warum er sich von der bereits vereinbarten und veröffentlichen G7-Erklärung wieder distanziert hatte.

EU soll zusammenstehen

Auf die Frage, was die EU tun werde, wenn Trump weiter eskaliere, sagte Merkel: «Dann müssen wir uns wieder überlegen, was wir tun.» Derzeit versuche man noch, etwa Strafzölle auf Autoimporte zu verhindern. Falls die USA neue Zölle verhängen würden, «dann wird die EU hoffentlich wieder genauso gemeinsam agieren wie sie das jetzt auch getan hat». Die EU könne sich nur behaupten, wenn sie zusammenstehe.

Merkel betonte, sie sehe trotz des Verhaltens von Trump kein Ende der G7-Gipfel. Sie würde wieder zu solchen Treffen fahren, weil man reden müsse. «Aber danach die Rücknahme sozusagen per Tweet ist natürlich (...) ernüchternd und auch ein Stück deprimierend», sagte sie zu dem Schritt des US-Präsidenten.

Handelsstreit zwischen den USA und der EU erklärt in 4 Runde:

Video: srf

Merkel hält zu G7-Treffen

Sie sei weiterhin der Ansicht, dass Trump in «vielen Fragen» die Prinzipien und Werte der G7-Staaten teile. «Aber die Kündigung dieses Kommuniqués ist jetzt natürlich schon ein einschneidender Schritt», stellte die Kanzlerin klar. Gleichzeitig machte sie deutlich, an dem Format festhalten zu wollen. Trumps Entscheidung bedeute aus ihrer Sicht auch nicht das Ende der transatlantischen Partnerschaft, sagte Merkel, «aber wir können uns da nicht einfach drauf verlassen.»

Die Kanzlerin äusserte sich zurückhaltend zu dem Vorschlag Trumps, in der G7 alle Zölle und Handelsbeschränkungen abzuschaffen. «Das wäre als Idealfall natürlich toll», sagte sie, aber keine schnelle Lösung des aktuellen Konflikts. Dafür seien «umfangreiche Verhandlungen» erforderlich.

Distanz zu Trumps Politikstil

Deutlich distanzierte sich Merkel von Trumps Politikstil des «America first» ohne Rücksicht auf internationale Bündnisse und Verträge. Sie glaube an «Win-Win-Situationen» durch Zusammenarbeit, betonte Merkel. «Manchmal habe ich den Eindruck, der amerikanische Präsident glaubt daran, dass immer nur einer gewinnt und der andere verliert.»

Merkel warnte zudem vor einem immer weiteren «Anheizen» der Sprache in internationalen Konflikten: «Ich wünsche mir, dass wir sprachlich nicht immer uns weiter aufpumpen.»

Trump poltert weiter

Währenddessen schiesst Trump weiter in alle Richtungen. Nach Kanadas Justin Trudeau trifft es nun Angela Merkel.

"Deutschland zahlt ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes (langsam) in Richtung Nato, während wir vier Prozent von einer weit größeren Wirtschaftsleitung zahlen."
Donald Trump auf Twitter

(sda/reu/vom/bal)

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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N0pe
11.06.2018 06:22registriert Februar 2018
«Manchmal habe ich den Eindruck, der amerikanische Präsident glaubt daran, dass immer nur einer gewinnt und der andere verliert.» - Sehr treffend auf den Pubkt gebracht.
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Nach Jahren des Zwists: EU macht Schritt auf Erdogan zu
Nach jahrelangem Stillstand möchte die EU die Beziehungen zur Türkei wieder aufleben lassen.

Die Europäische Union habe ein strategisches Interesse an einem stabilen Umfeld im östlichen Mittelmeer und einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung, heisst es in einer in der Nacht zu Donnerstag in Brüssel verabschiedeten Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Entscheidend sei aber, inwiefern sich Ankara konstruktiv beteilige.

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