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Körperkameras: Neue Details zu George Floyds letzten Minuten bekannt

epa08479727 A man pauses at a newly painted George Floyd mural on a building near downtown Atlanta, Georgia, USA, 11 June 2020. Floyd's death while in the custody of the Minneapolis Police Depart ...
Bild: keystone

«Dann hör auf zu sprechen!»: Neue Details zu George Floyds letzten Minuten bekannt

«Sie werden mich töten. Sie werden mich töten», sagt George Floyd gemäss einem am Mittwoch veröffentlichten Transkript. Die Abschrift enthüllt schockierende Dialoge zwischen den Polizisten und dem Afroamerikaner.
10.07.2020, 15:0010.07.2020, 16:18
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George Floyds letzte Momente – eingebrannt auf einer rund neun Minuten langen Videosequenz – haben weltweit Entsetzen ausgelöst und zu internationalen Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt geführt. Ein am Mittwoch veröffentlichtes Transkript, das von den Körperkameras der angeklagten Polizisten stammt, enthüllt nun neue Details über die letzten Minuten von George Floyds Leben.

Floyd sagte demnach nicht bloss einige Male «I can't breathe» («Ich kann nicht atmen»), wie auf bereits bekannten Aufnahmen zu hören ist, sondern insgesamt mehr als 20 Mal. Er rief nicht nur nach seiner verstorbenen Mutter, sondern sprach auch über seine Kinder.

Vor seinem letzten Atemzug schnappte der Afroamerikaner nach Luft: «Sie werden mich töten. Sie werden mich töten». Als Floyd um sein Leben rief, schrie ihn ein Beamter an, er solle aufhören zu reden, aufhören zu schreien. Denn es brauche verdammt viel Sauerstoff, um zu sprechen.

Die originale Abschrift wurde am Mittwoch von einem Gericht im US-Bundesstaat Minnesota veröffentlicht und umfasst fast 82 Seiten Text. Wir haben einige Ausschnitte des Transkripts zusammengestellt.

Die Festnahme

Noch bevor George Floyd am Boden liegt, ein Knie im Nacken, kann der Austausch zwischen den Beamten und dem Mann als angespannt bezeichnet werden. Floyd versucht erst zu erklären, dass er Angst vor der Polizei habe, weil er bereits einmal angeschossen wurde.

Polizist Lane: Stay in the car. Let me see your other hand.
George Floyd: I'm sorry, I'm sorry!
...
Lane: Keep your fucking hands on the wheel!
Floyd: Yes, sir. Sorry, officer.
...
Lane: You got him? Put your hands on top of your head.
Floyd: Last time I got shot like that, Mr. Officer, it was the same thing.
...
Lane: Step out and face away. Step out and face away.
Floyd: Okay, Mr. Officer, please don't shoot me. Please, man.
Lane: I'm not going to shoot you. Step out and face away.

Auch Floyds Freundin Shawanda Hill, die im selben Wagen sass und bei der Festnahme anwesend gewesen ist, versucht Floyds nervöses Verhalten gegenüber den Beamten zu erklären. Polizist Lane schliesst auf Alkohol- oder Drogenkonsum.

Lane: Why's he getting all squirelly and not showing us his hands, and just being all weird like that?
Hill: I have no clue, because he's been shot before.
Lane: Well, I get that but still when officers say ‹Get out of the car›. Is he drunk? Is he on something?
Hill: No, he got a thing going on, I'm telling you about the police.

Floyds «fahriges» Verhalten verunsichert und beunruhigt die Polizisten. Als sie ihn zum Polizeiauto begleiten wollen, sagt Floyd, er sei klaustrophobisch und könne nicht einsteigen.

Lane: Let's go.
Floyd: Man, all right, let me calm down now. I'm feeling better now.
Lane: Keep walking.
Floyd: Can you do me one favor?
Lane: No, when we get to the car. Let's get to the car, man, come on.
...
Polizist Kane: Stand up, stop falling down: Stand up! Stay on your feet and face the car door!
Floyd: I'm claustrophobic, man. Please, man, please.
...
Floyd: Please, I'm not that kind of guy. (...) Please!
Lane: Just face away.
Floyd: (...) Don't leave me by myself, please, I'm just claustrophobic, that's it.
Lane: Well, you are still going in the car.

Die Polizisten gehen nicht auf die Klaustrophobie ein, sondern wollen, dass Floyd einsteigt. Dieser sagt, er könne nicht mehr atmen. Ob er auch auf dem Vordersitz des Wagens sitzen könne, fragt Floyd. Könne er nicht. Daraufhin sagt Floyd, er wolle sich lieber hinlegen als in den Wagen einzusteigen.

Floyd: I'm claustrophobic, officer.
Kueng: Get in the car!
...
Floyd: I can't choke, I can't breathe Mr. Officer. Please! Please!
...
Floyd: I want to lay on the ground! I want to lay on the ground! (...) I'm going down.

Das Knie im Nacken

Zwischen den nun folgenden Transkriptzeilen fixiert der Polizist Derek Chauvin, der bis jetzt sehr wenig gesagt hat, den Afroamerikaner am Boden – mit einem Knie im Nacken. George Floyd, der bereits vorher unter Atemnot gelitten hat, wiederholt immer wieder, er könne nicht atmen.

FILE - In this image from video provided by Darnella Frazier, Minneapolis Police Officer Derek Chauvin kneels on the neck of George Floyd, who was pleading that he could not breathe, in Minneapolis on ...
Bild: keystone
Floyd: I can't breathe. I can't breathe. I' can't breathe.
Lane: Jesus Christ.
Floyd: I can't breathe.
...
Kueng: Stop moving.
Floyd: Mama, mama, mama, mama.

Als George Floyd beginnt aus dem Mund zu bluten, will Lane den Notruf (Stufe 2) rufen. Derek Chauvin, bereits seit 19 Jahren im polizeilichen Dienst, weist Floyd darauf hin, dass er jetzt verhaftet sei und ins Gefängnis gehen werde. Der am Boden liegende Floyd: «Sagt meinen Kindern, dass ich sie liebe.»

Lane: Can we get EMS Code 2, for one bleeding on the mouth.
Chauvin: You are under arrest, guy.
Floyd: Oh my God, I can't believe this (...).
Chauvin: So you are going to jail.
Lane: Affirm.
Floyd: I can't believe this. Mom, I love you. (...) Tell my kids I love them. I'm dead.

Polizist Lane verhält sich nervös und fragt, ob man die Position des Mannes verändern sollte. Die anderen beiden Beamten, die Floyd fixieren, wollen nicht.

Floyd: I can't breathe or nothing, man. This cold-blooded, man. Ah-Ah!
Chauvin: You are doing a lot of talking, man.
...
Floyd: I can't breathe. Please! Please, let me stand! (...)
Lane: (...) Should we get his legs up, or is this good?
Chauvin: Leave him.
Kueng: Just leave him, yep.

George Floyd bittet um Wasser und Luft, wiederholt erneut, dass er nicht atmen könne. Chauvin, bereits seit mehreren Minuten auf dem Nacken des Mannes kniend, antwortet: «Dann hör auf zu sprechen, hör auf zu rufen.» Denn Sprechen und Schreien würden sehr viel Sauerstoff benötigen.

Floyd: I'm through. I'm through. My stomach hurts. My neck hurts. Everything hurts. I need some water or something, please. Please? I can't breathe, officer.
Chauvin: Then stop talking, stop yelling.
Floyd: You are going to kill me, man.
Chauvin: Then stop talking, stop yelling. It takes a hack of a lot of oxygen to talk!
...
Floyd: I cannot breathe. I cannot breathe. They kill me!
...
Floyd: Ah! Ah! Please! Please. Please.

Mit diesen Worten enden George Floyds Aussagen im Transkript. Der 46-jährige Afroamerikaner stirbt, nachdem Derek Chauvin sein Knie mehr als acht Minuten lang auf Floyds Nacken gedrückt hatte, bis dieser sich nicht mehr bewegte.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Natürlich
10.07.2020 15:27registriert März 2016
Es ist einfach nur krank und schockierend zugleich, ich kann es immer noch nicht fassen...
Diese Bilder aus dem Video haben sich in mein Gehirn gebrannt.
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MadeinGDR
10.07.2020 15:38registriert Juli 2020
Solche Zeilen machen schon nachdenklich. Wenn man dann noch selbst Kind(er) hat fehlen einem glatt die Worte.
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Unicron
10.07.2020 16:08registriert November 2016
Wenn die Polizisten schon mit so einer Situation nicht umgehen können, was machen die denn wenn wirklich mal was passiert?
Du hast jemand der offensichtlich eine Panik Attacke hat, und die einzige Lösung die dir einfällt, ist dich auf ihn drauf zu setzen?
Ein bisschen schwerpunkt auf Deeskalation und Psychologie wäre in der Ausbildung wohl wünschenswert....

Stellt euch mal vor wie sich seine Angehörigen fühlen wenn die das Lesen... bah.
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