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US-Shutdown: Weshalb das Einlenken der Demokraten Kalkül sein könnte

US-Haushaltsstreit: Weshalb das Einlenken der Demokraten Kalkül sein könnte

Der Shutdown der US-Regierung hat wohl bald ein Ende. Trumps Partei verbucht die Einigung als Sieg für sich. Doch so einfach ist es nicht.
11.11.2025, 06:2311.11.2025, 06:42
Ein Artikel von
t-online

Der Machtkampf der beiden grössten US-Parteien glich wochenlang einem zehrenden Boxkampf – und Millionen Amerikaner waren zum Zuschauen verdammt. Republikaner und Demokraten beharkten sich Runde um Runde – und nach fast sechs Wochen stand fest, dass es in der Geschichte der Vereinigten Staaten noch nie einen längeren Regierungsstillstand gab: den sogenannten Shutdown.

House Minority Leader Hakeem Jeffries, D-N.Y., left, and Senate Minority Leader Chuck Schumer, D-N.Y., speak to reporters outside the Senate chamber as they charge President Donald Trump and the Repub ...
Steckt Kalkül hinter dem Einlenken? Die Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, und im Senat, Chuck Schumer.Bild: keystone

Beide Parteien pochten im Haushaltsstreit auf ihrem Standpunkt. Weil sie sich nicht einigten, schlitterten die USA in Wochen ohne Bundeshaushalt: kein Geld für Behördenmitarbeiter, keine Lebensmittelhilfen für mehr als 40 Millionen bedürftige Amerikaner und zuletzt tausende gestrichene Flüge wegen fehlender Fluglotsen.

Jetzt deutet sich ein Ende des Shutdowns an und die grosse Frage lautet: Wer steigt als Gewinner aus dem Ring?

Wie beschädigt sind die Abtrünnigen unter den Demokraten?

Nach den zähen Wochen gab es am 40. Tag des Shutdowns einige Demokraten, die sich auf einen Kompromiss einliessen. Sie verschafften den Republikanern die fehlenden Stimmen, um im Senat eine Abstimmung zu erzwingen – anders als für den tatsächlichen Beschluss eines Gesetzes braucht es dafür nicht nur die Mehrheit im Senat mit 100 Sitzen, sondern 60 Stimmen. Die Republikaner stellen aber nur 53 Senatoren und Republikaner Rand Paul aus Kentucky lehnte den Übergangshaushalt ab.

Sieben Demokraten und der parteilose Angus King aus Maine genügten, um die Abstimmung freizugeben. Die Abweichler öffneten damit die Tür dafür, dass am Montag über den Übergangshaushalt im Senat abgestimmt werden konnte. Jetzt fehlen noch das Ja des Repräsentantenhauses und die Unterschrift von US-Präsident Donald Trump.

Es ist unklar, ob die Abtrünnigen diejenigen waren, die hinter den Kulissen auf ein Ende des Shutdowns drängten. Auffällig ist, dass von den acht Abweichlern niemand 2026 zur Wiederwahl steht, sie alle müssen erst 2028 oder 2030 erneut für den Senat antreten oder haben bereits ihren Rücktritt angekündigt.

Es war zu erwarten, dass die Parteibasis das Einknicken heftig kritisieren würde und gegen die Abweichler Kampfabstimmungen bei kommenden Vorwahlen anstrengen könnte. Es erscheint gut möglich, dass hinter den Kulissen in der Fraktion entschieden wurde, diejenigen Senatoren zu verschonen, die 2026 zur Wahl stehen – in der Hoffnung, dass später die Wogen geglättet sind.

Aufmerksamkeit für Gesundheitskosten

Es war ihre zentrale Forderung im Streit mit den Republikanern, die die Demokraten Tag um Tag platzierten: keine Kürzungen bei der staatlichen Unterstützung von Gesundheitskosten. Die Demokraten warnten, dass mit Trumps Gesetzgebung Steuergutschriften für Millionen US-Amerikaner ab dem nächsten Jahr wegfallen werden. Die Republikaner beschuldigten hingegen die Demokraten, Menschen, die ohne Papiere illegal in den USA leben, zu unterstützen.

Die von den Demokraten verlangte Verlängerung von staatlichen Zuschüssen zur Krankenversicherung ist zwar nun ausgeklammert worden und liegt erstmal auf Eis, die Oppositions-Senatoren stehen augenscheinlich also erst einmal mit leeren Händen da. Sie haben aber zumindest das Versprechen der Republikaner, im Dezember erneut über eine Verlängerung der Gesundheitshilfen abzustimmen. Auch dann ist die Zustimmung der Republikaner unwahrscheinlich – aber deren Blockade wird sicher erneut grosse Kritik auslösen. Das Kalkül könnte sein, dass das Ganze negativ an den Republikanern haften bleibt.

Denn man muss schon jetzt im Blick haben: In einem Jahr sind Zwischenwahlen in den USA. Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses werden neu gewählt.

Gefährlich auch für Trump

Zuletzt hatte es bei Gouverneurswahlen in zwei Bundesstaaten mit Siegen für Demokraten einen Dämpfer für US-Präsident Trump und seine Republikaner gegeben – ganz zu schweigen von der New Yorker Bürgermeisterwahl, die der linke Demokrat Zohran Mamdani gewann.

Für die Demokraten lief es damit im Grunde gerade gut. Jetzt, nach einem Jahr voller Zerrissenheit und Orientierungslosigkeit nach der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl, schienen die Demokraten mit dem Haushaltsstreit wieder Einigkeit und Rückenwind zu verspüren, urteilte der TV-Sender CNN. Doch das Einlenken der kleinen Demokraten-Gruppe im Senat könnte einen negativen Effekt bringen. Nun müsse sich die Partei wieder Kritik gefallen lassen, dass sie nicht genug Mut gehabt habe, dem Trump-Lager entgegenzutreten, so die CNN-Analyse.

Doch auch für die Republikaner ist die Situation gefährlich. Dass die US-Regierung die Gefahr erkannte, die der Shutdown für Trump birgt, konnte man leicht sehen: Sie versuchte, Trump so weit wie möglich von diesem Streit wegzuhalten, regelrecht zu verstecken – und schickte zunächst Vize JD Vance vor die Kameras. Zu Beginn äusserte sich Trump nicht, was eher untypisch ist. Umfragen deuteten zuletzt darauf hin, dass mehr US-Amerikaner tatsächlich den Republikanern die Verantwortung für den Shutdown geben. Es scheint also einen Verlierer zu geben – zumindest in der vorläufigen Wahrnehmung der US-Bürger.

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
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78 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
11.11.2025 06:43registriert August 2018
Sie haben aber zumindest das Versprechen der Republikaner, im Dezember erneut über eine Verlängerung der Gesundheitshilfen abzustimmen.

Das ist der Plan?

Das ist kein Plan. Jetzt wo langsam den Republikanern alles um die Ohren geflogen wäre, hätten die Demokraten zuschauen sollen. Und zwar so lange bis sie einknicken. DAS ist ein Plan.

Also, warum die Entscheidungsschlacht vertagen, wenn man Wochen später wieder am selben Punkt ist?
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