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Kalifornien bezahlt Verbrecher – damit sie nicht mehr morden

Ein umstrittenes Projekt in Richmond bezahlt Ex-Häftlinge dafür, dass sie ihre Waffen stecken lassen.
Ein umstrittenes Projekt in Richmond bezahlt Ex-Häftlinge dafür, dass sie ihre Waffen stecken lassen.
bild: shutterstock

Kalifornien bezahlt Verbrechern bis zu 1000 Dollar – damit sie nicht mehr morden

Um Ex-Häftlinge vom Waffengebrauch fernzuhalten, zahlt man ihnen Geld. Unkonventionell, aber offenbar erfolgreich, wie das Pilot-Projekt in Richmond, Kalifornien zeigt. Nun wollen andere US-Staaten nachziehen.
30.03.2016, 21:3831.03.2016, 10:11
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Lonnie Holmes ist 21 Jahre alt. Seine vier Cousins sind in Schiessereien gestorben. Vielleicht folgt er ihnen bald nach. Jetzt, wo er aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er wegen Tragens einer geladenen Waffe gesessen hatte. 

Doch vielleicht kommt es anders. Denn im kalifornischen Richmond, wo Holmes lebt, wird seit fünf Jahren ein Anti-Waffen-Verbrechen-Programm getestet: Das «Office of Neighborhood Safety» zahlt ehemaligen Gewaltverbrechern monatlich bis zu 1000 Dollar – wenn sie ihre Waffen stecken lassen. Finanziert wird es durch private Spenden und kostet durchschnittlich 70'000 US-Dollar pro Jahr. Auch Holmes kriegt dieses Geld. Und nicht nur er. Das Programm soll nun auch in anderen Städten Amerikas Anwendung finden. In Washington redet man bereits davon, für die Umsetzung Steuergelder zu verwenden. Denn es habe sich gezeigt, dass mit Hilfe dieses Programms die Mordrate gesenkt werden könne, schreibt die «Washington Post»

Ex-Häftlinge werden als Mentoren eingesetzt

Doch unumstritten ist die Sache nicht. Denn es verlangt, einige Grundsätze und Vorstellungen von Recht und Ordnung zu verwerfen: Richmond hat Ex-Häftlinge angeworben, die als Mentoren für junge Gewalttäter fungieren. Sie organisieren Reisen für rivalisierende Banden nach Südafrika oder Mexiko-Stadt, in der Hoffnung, dass solche Erfahrungen die Gewalttäter dauerhaft von der Strasse fernhalten und sie ihre alte Gangfehden vergessen lassen. 

Unter dem Begriff «Mara Salvatrucha» (kurz Mara) wird eine Vielzahl von Banden zusammengefasst, die in Nord- und Mittelamerika agieren. Sie gelten als aggressiver und gewaltbereiter als die meisten an ...
Unter dem Begriff «Mara Salvatrucha» (kurz Mara) wird eine Vielzahl von Banden zusammengefasst, die in Nord- und Mittelamerika agieren. Sie gelten als aggressiver und gewaltbereiter als die meisten anderen Banden.

Um das Vertrauen der Jugendlichen in ihre Mentoren zu stärken, arbeiten diese nicht direkt mit der Polizei zusammen. Die Beamten sollen gewollt nicht alles über die Machenschaften der Ex-Sträflinge wissen. 

Was dafür und was dagegen spricht

Inzwischen wird in Miami, Toledo, Baltimore und zwölf weiteren Städten über die Einführung des Programms diskutiert. 

Die Argumente der Gegner lauten: 

  • Das Geld sollte viel eher in Arbeitsbeschaffungsprogramme investiert werden.
  • Es existiert kaum eine unabhängige Analyse und auch keine Evaluation des Richmond-Programms.

DeVone Boggan, der Gründer des Multi-Millionen-Programms hält dagegen:

«Natürlich ist das Ganze sehr kontrovers, aber was passiert, ist eigentlich einfach: Diese Menschen werden für ihre harte Arbeit bezahlt. Denn es ist harte Arbeit, sich mehrfach die Woche mit Mentoren zu treffen, über Probleme zu sprechen und keine Waffe mehr in die Hand zu nehmen.»
DeVone Boggan, Gründer des Richmond-Programms

In den fünf Jahren, in denen das Projekt laufe, seien 84 von 88 jungen Männern am Leben geblieben. Und in vier von fünf Fällen wurden die Teilnehmer nicht wieder rückfällig: Sie machten weder Gebrauch von Waffen, noch wurden sie durch Schusswaffen verletzt. 

Das Programm beginnt mit intensiven Gesprächen, in denen die Teilnehmer sich zunächst Ziele setzen, die sie erreichen wollen. Sie reden mit Psychologen, aber ohne zu wissen, dass sie es mit Fachkräften zu tun haben. 

Lonnie Holmes least sich für 500 Dollar im Monat einen Nissan. Und er kauft Marihuana. Aber «auf die Jagd» geht er nicht mehr. Und wenn das Programm endet, kriegt er kein Geld mehr. Deshalb bewirbt er sich jetzt als Fahrer für Uber. 

Was hältst du vom Richmond-Programm?

(rof via «Washington Post»)

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