International
Wirtschaft

Japan macht wieder kommerziell Jagd auf Wale – Kritik? Ist ihnen egal!

Japan macht wieder kommerziell Jagd auf Wale – Kritik? Ist ihnen egal!

27.06.2019, 15:1927.06.2019, 17:18
Mehr «International»
epa07657116 Members of an environmental activist group shout slogans during a rally against Japan's whaling activities near the Japanese embassy in Seoul, South Korea, 19 June 2019. Environmental ...
Proteste gegen die Walfang-Pläne Japans.Bild: EPA/EPA

Für viele Wale vor den Küsten Japans hat die letzte Stunde geschlagen. Während sich das Hightech-Land an diesem Freitag und Samstag stolz als Gastgeber des Gipfels der Top-Wirtschaftsmächte (G20) in der Stadt Osaka präsentiert, treffen seine Walfänger im hohen Norden des Landes die letzten Vorbereitungen zur grossen Jagd.

Sobald am 1. Juli, dem Montag nach dem G20-Gipfel, Japans Austritt aus der Internationalen Walfangkommission (IWC) formal in Kraft tritt, wollen sie vom Hafen Kushiro mit wehenden Fahnen in See stechen.

Zwar hat Japan schon bisher jedes Jahr Hunderte Wale getötet – nach offizieller Darstellung zu «wissenschaftlichen Zwecken», was trotz des seit 1986 geltenden Moratoriums erlaubt ist. Doch nun beginnt die drittgrösste Volkswirtschaft erstmals seit drei Jahrzehnten wieder mit der kommerziellen Jagd auf die Meeressäuger. Da mag es aus aller Welt noch so viel Kritik geben.

Waljagd als Kultur

«Wir wollen unsere Kultur der Waljagd wieder aufleben lassen», frohlockt der Bürgermeister der alten Walfangstadt Shimonoseki. Auch aus seinem Hafen sollen Walfangschiffe in See stechen. Fortan will man sich auf Japans eigene territoriale Gewässer und exklusive Wirtschaftszone beschränken.

FILE - In this September 2013, file photo, a minke whale is unloaded at a port after a whaling for scientific purposes in Kushiro, in the northernmost main island of Hokkaido. Japan's senior fish ...
Für «wissenschaftliche Zwecke» getötet: Ein erlegter Minkwal wird im Hafen von Kushiro an Land gebracht. Bild: AP/Kyodo News

Wie aus der Regierung verlautete, stehen auf der Abschussliste Zwerg-, Sei- und Brydewale. Wie viele Tiere bis Ende August sterben werden, steht noch nicht fest. Bislang hat das zuständige Fischereiministerium noch keine Quoten bekanntgegeben.

Wurden in den 1960er Jahren rund 200'000 Tonnen Walfleisch jährlich in Japan gegessen, kamen aus dem «wissenschaftlichen Walfang» zuletzt noch rund 5000 Tonnen jährlich auf den Markt.

Obwohl noch keine genauen Fangzahlen bekannt sind, schätzen Walfänger das Angebot im Zuge der nun bevorstehenden Aufnahme der kommerziellen Jagd nächstes Jahr auf etwa 2000 Tonnen. Das vergleichsweise geringe Angebot könnte damit zusammenhängen, dass Japan seine bisherige «Forschungsjagd» in der Antarktis einstellen wird.

Einspruch gegen Moratorium

Der für Umwelt zuständige EU-Kommissar Karmenu Vella zeigte sich in einem Interview mit der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo jedoch darüber besorgt, dass es nun auch noch zu verstärkten Exporten von Walprodukten nach Japan aus Island und Norwegen kommen könnte. Beide Staaten jagen ebenfalls Wale, auch zu kommerziellen Zwecken.

FILE - In this Jan. 5, 2014 file photo, three dead minke whales lie on the deck of the Japanese whaling vessel Nisshin Maru in the Southern Ocean. Japan has slashed its whale catch target in the Antar ...
Erlegte Minkwale. Bild: AP/Sea Shepherd

Norwegen hatte gegen das Walfang-Moratorium Einspruch erhoben, Island Vorbehalte angemeldet. Beide sind zwar keine EU-Mitglieder, doch hatte das EU-Parlament die EU-Kommission per Resolution aufgefordert, die Nutzung von Häfen von EU-Mitgliedsstaaten für die Ausfuhr von Walfleischprodukten nach Japan zu verhindern, so Kyodo weiter.

Tokio hatte seit vielen Jahren beklagt, dass es einigen Mitgliedsländern der IWC nur um Walschutz gehe. Die ursprüngliche Aufgabe der IWC sei aber die Erhaltung der Bestände und die nachhaltige Nutzung der Tiere.

Japan drängte immer wieder auf eine Reform des Gremiums. Am Ende riss der Regierung der Geduldsfaden: Sie verkündete den Austritt aus der Organisation.

Wirksames Walfang-Moratorium:

Anzahl getöteter Wale von 1945 bis 2018
Walfangzahlen Island, Japan, Norwegen 1945-2017

Wale verschwinden

Doch Japan weiss, dass es jetzt nicht einfach walten und schalten kann wie es will. Auch künftig gelten für Japan internationale Gesetze. Man werde weiter einer internationalen Kooperation für ein angemessenes Management maritimer Ressourcen verpflichtet sein, hiess es. So will Japan als Beobachter den Beratungen der IWC beiwohnen.

Angst vor Erdbeben wegen gestrandeter Delfine in Japan

1 / 9
Angst vor Erdbeben wegen gestrandeter Delfine in Japan
Wissenschaftler obduzierten am Samstag die Kadaver von 156 Breitschnabeldelfinen, die am Tag zuvor an zwei Stränden der japanischen Pazifikküste entdeckt worden waren.
quelle: epa/epa / koichi kamoshida
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Dennoch sind Umweltschützer besorgt. Die Überfischung sowohl in japanischen Küstengewässern als auch in Gebieten auf hoher See habe zum Schwund vieler Walarten geführt, so Greenpeace. Die Organisation OceanCare befürchtet, dass Japans Austritt aus der IWC das Überleben einiger Walpopulationen auch im Nordwestpazifik gefährden wird.

Sie widersprach zudem Japans Behauptung, bestimmte Walarten wie die Zwergwale hätten sich wieder deutlich erholt. Diese kämen in «komplexen Populationsstrukturen» vor. So gelte ein Zwergwalbestand im Nordwestpazifik als stark gefährdet.

«Einer direkten kommerziellen Bejagung wird diese Population nicht Stand halten. Wir werden daher diese und vermutlich auch andere Walpopulationen verlieren», kritisierte Nicolas Entrup, Ocean Policy Experte bei OceanCare.

Zuerst aus Hunger

Walfang ist für Japan schon seit langem zu einer Frage der nationalen Souveränität geworden. Zunächst war es jedoch die amerikanische Besatzungsmacht gewesen, die Japan nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg dazu gedrängt hatte, für die hungernde Bevölkerung Wale zu schlachten, um sie mit Proteinen zu versorgen. Doch das ist schon lange her, heute findet das dunkle Walfleisch nur wenige Liebhaber.

Das wird sich nach Meinung der Regierung jedoch dank der nun beginnenden kommerziellen Jagd schnell ändern. Die Leute müssten nur auf den Geschmack gebracht werden, meint sie. Dann werde auch mehr Wal gegessen. (aeg/sda/dpa)

Auf diese Wale haben es die Walfänger besonders abgesehen

1 / 8
Auf diese Wale haben es die Walfänger besonders abgesehen
Zwerg- oder Minkewal (Balaenoptera arcutorostrata):
Dieser kleinste und am häufigsten vorkommende Furchenwal lebt in drei geographisch isolierten Populationen: im Nordpazifik, im Nordatlantik und in der Südhemisphere. Diese Walart ist das beliebteste Ziel der Walfänger: Zwischen 2001 und 2010 wurden 9231 Minkewale getötet, davon erlegte allein Norwegen 5593 Tiere. (Bild: Shutterstock)
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Russland soll Wale als Waffe benutzen
1 / 8
Russland soll Wale als Waffe benutzen
Eine Unterwasseraufnahme des Wals: Dieser Beluga-Wal könnte als Geheimwaffe von Russland eingesetzt werden. An dem Geschirr sind vermutlich Waffen oder eine Kamera angebracht worden.
quelle: ap/norwegian direcorate of fisheries sea surveillance unit / joergen ree wiig
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Japan will schon bald wieder Wale jagen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
21 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Scaros_2
27.06.2019 15:25registriert Juni 2015
Also ich fasse für mich zusammen.

Mehrheitlich interessiert es niemandem im Kapitalismus was mit dem Planeten wird. Und weil der Kapitalismus nicht lernen will so höre ich je länger auch auf weil ich kann gegen den Kapitalismus nicht gewinnen und insofern kann ich höchstens schauen, dass ich kein Kind in die Welt setze.
12625
Melden
Zum Kommentar
avatar
Linus Luchs
27.06.2019 16:09registriert Juli 2014
"[...] heute findet das dunkle Walfleisch nur wenige Liebhaber [...] Die Leute müssten nur auf den Geschmack gebracht werden, meint sie [die Regierung]. Dann werde auch mehr Wal gegessen."

Es ist ja schon schlimm, dass Japan wieder kommerziell zur Harpune greift. Aber dass offenbar die Nachfrage gar nicht besteht, sondern erst künstlich angeheizt werden soll, macht das bluttriefende Treiben erst recht pervers. Auch die Absicht, mit Walfang nationale Souveränität beweisen zu wollen, und man dabei im schlimmsten Fall Tierarten ausrottet, ist krank. Die wahre Bestie auf der Erde ist der Mensch.
691
Melden
Zum Kommentar
avatar
bebby
27.06.2019 15:34registriert Februar 2014
Also vor den Küsten Japans gibt es schon lange keine Wale mehr...aber die Regierung hat ja erst vor ein paar Jahren die Walfangflotte verstaatlicht, weil sich das nicht mehr lohnt. Also glaube ich nicht, dass das ein kommerzieller Erfolg werden wird.
Abe ist eben wie Trump: Make Japan great again!
Bin froh, wenn diese Altherrenriege endlich im Altersheim sitzt.
532
Melden
Zum Kommentar
21
WHO alarmiert wegen Ausbreitung von Vogelgrippe auf andere Arten

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen des Übergreifens des Vogelgrippe-Erregers H5N1 auf immer mehr Arten Alarm geschlagen. Dass H5N1 nicht mehr nur Vögel befalle, rechtfertige «enorme Besorgnis», sagte WHO-Chefwissenschaftler Jeremy Farrar am Donnerstag in Genf.

Zur Story