Streit ohne Ende zwischen London und Brüssel: Nur zwei Monate vor dem Brexit will die britische Premierministerin Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren.
Die unter enormen Druck stehende Regierungschefin warb am Dienstag im Londoner Parlament für ein Mandat der Abgeordneten, die schwierige Nordirland-Frage nachzuverhandeln.
Das britische Parlament stimmte am Dienstagabend mit knapper Mehrheit dafür, die Garantie einer offenen Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland im Brexit-Deal neu zu verhandeln. Bislang hat sich die EU strikt gegen Nachverhandlungen des Deals ausgesprochen. Brüssel reagierte besorgt.
"It is now clear that there is a route that can secure a substantial and sustainable majority in this House for leaving the EU with a deal" - UK PM Theresa May reacts after MPs back her bid to change #withdrawalagreement
— BBC Breaking News (@BBCBreaking) 29. Januar 2019
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Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab. Dies teilte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstagabend in Brüssel mit. Diese Linie sei mit den Hauptstädten der 27 bleibenden EU-Staaten abgestimmt.
Bei Abstimmungen über mehrere Änderungsanträge, wie es mit dem Brexit weitergehen soll, kam May am Abend mit einem blauen Auge davon.
So wurde der Antrag des einflussreichen konservativen Hinterbänklers Graham Brady angenommen, dass die Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland aus dem Brexit-Abkommen entfernt wird. An die Stelle des sogenannten Backstops sollen «alternative Regelungen» treten.
May reagierte erleichtert. Der Backstop ist der grösste Streitpunkt beim Brexit. Kritiker monieren, dass Grossbritannien durch die Klausel dauerhaft eng an die Europäische Union gebunden bleiben könnte.
Die EU besteht auf der Backstop-Klausel, weil eine Teilung der irischen Insel ein Wiederaufflammen der Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion provozieren könnte. Doch ein grosser Teil der Abgeordneten in Mays Konservativer Partei und die nordirisch-protestantische DUP, von der Mays Minderheitsregierung abhängt, lehnen die Regelung ab.
Der Backstop sieht vor, dass Grossbritannien so lange in der Zollunion mit der EU bleibt, bis eine andere Lösung gefunden ist, ausserdem sollen in Nordirland weiter einige Binnenmarktregeln gelten. Kritiker fürchten, diese Klausel könne Grossbritannien dauerhaft an die Europäische Union binden. Die DUP lehnt jeglichen Sonderstatus für Nordirland ab.
Alle EU-Institutionen haben bislang betont, dass das Austrittsabkommen nicht nachverhandelt werden kann - vor allem nicht der Backstop. Die Brexit-Fachleute im EU-Parlament schlossen zuletzt aus, ein Abkommen ohne «wetterfesten Backstop» zu ratifizieren. (cma/sda/dpa)